BSG-Urteile: Unfallschutz gilt jetzt auch in Pausenräumen
28.12.2025 - 13:13:12Zwei Urteile des Bundessozialgerichts erweitern den gesetzlichen Unfallschutz auf Pausenräume und Sanitäranlagen, wenn dort spezifische Betriebsgefahren vorliegen.
Das Bundessozialgericht hat die Grenzen der gesetzlichen Unfallversicherung neu definiert. Entscheidend ist nicht mehr der Ort, sondern die konkrete Betriebsgefahr.
Berlin – Wer sich in der Firmenküche verletzt, kann nun leichter Ansprüche auf gesetzlichen Unfallschutz geltend machen. Das zeigen zwei wegweisende Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) aus 2025, die heute in einer Analyse der Legal Tribune Online zusammengefasst wurden. Die Richter stellen klar: Auch in Pausenräumen oder Sanitäranlagen können spezifische Betriebsgefahren den Versicherungsschutz auslösen. Diese Neuinterpretation zwingt Arbeitgeber zum Umdenken bei Sicherheitsvorkehrungen.
Pausenraum: Nasser Boden wird zur Betriebsgefahr
Ein Grundsatzurteil vom 24. September 2025 (Az. B 2 U 11/23 R) markiert einen Paradigmenwechsel. Bisher galt das Holen eines Kaffees in der Pause als private Handlung – und war damit nicht versichert. Doch in diesem Fall erhielt eine Mitarbeiterin Recht, die auf einem frisch gewischten Boden im firmeneigenen Pausenraum ausgerutscht war.
Das Gericht argumentierte: Der Arbeitgeber hat den Raum für Pausen bereitgestellt und ist für dessen Zustand verantwortlich. Der nasse Boden stellte eine besondere Betriebsgefahr dar, die direkt aus den Wartungsprotokollen des Unternehmens resultierte. Somit fiel der Unfall in den versicherten Tätigkeitsbereich, obwohl die Handlung privat war.
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„Die Entscheidung ist ein Weckruf für das Facility-Management“, kommentiert ein Sicherheitsexperte. „Warnschilder und Reinigungspläne sind jetzt keine Formalie mehr, sondern entscheiden direkt über die Haftung.“ Für Personalabteilungen bedeutet das: Die Sicherheit der bereitgestellten Umgebung ist entscheidend, nicht die private Motivation des Handelns.
Sanitäranlagen: Schutz vor baulichen Mängeln
In einem parallel bedeutsamen Urteil vom 17. Juni 2025 (Az. B 2 U 6/23 R) relativierte das BSG auch den pauschalen Ausschluss des Versicherungsschutzes in Sanitärbereichen. Es ging um einen Sturz einer Patientin auf der Krankenhaustoilette. Das Gericht wies die pauschale „Privatsphären“-Argumentation zurück und verwies den Fall zur neuen Beweisaufnahme zurück.
Maßgeblich sei, ob die Verletzung auf einen anlagebedingten Mangel zurückgeht. Fehlen etwa Haltegriffe, rutschfeste Böden oder warnt kein Schild vor nassen Fliesen, kann dies eine Betriebsgefahr und somit Versicherungsschutz begründen. Für Arbeitgeber heißt das: Die Pflicht zur Gefahrenabwehr endet nicht an der Toilettentür.
Private Risiken bleiben außen vor
Die Grenze der neuen Rechtsprechung zeigt ein kontrastierendes Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Dezember 2025 (Az. S 18 U 347/24). Ein Unternehmer, der mit seinem eigenen Hund zur Arbeit kam, stolperte über die Leine. Der Versicherungsschutz wurde verwehrt.
Die Leine stellte ein privates Risiko dar, das der Versicherte selbst in den Betrieb eingebracht hatte. Im Gegensatz zum nassen Boden des Reinigungspersonals ging die Gefahr nicht vom Unternehmen aus. Die BSG-Logik wird damit klar: Es zählt die Herkunft des Risikos, nicht der Unfallort.
Das müssen Unternehmen jetzt tun
Die Urteile zwingen zu einer Überprüfung der Sicherheitspraxis. Rechtsberater empfehlen drei konkrete Schritte:
1. Reinigungsprotokolle anpassen: Spitzenbelegungszeiten in Pausenräumen und sanitären Anlagen sollten nicht mit Reinigungsarbeiten zusammenfallen. Wo das nicht möglich ist, sind wirksame Warnsysteme (Absperrungen, Schilder) zwingend.
2. Sicherheitschecks für Sanitäranlagen: Regelmäßige Audits müssen bauliche Gefahren wie lockere Fliesen, rutschige Böden oder schlechte Beleuchtung identifizieren und beseitigen.
3. Mitarbeiterhandbücher aktualisieren: Richtlinien für private Gegenstände (wie Haustiere) sollten die Haftungsfrage klar regeln und auf Urteile wie den „Hunde-Leinen“-Fall verweisen.
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) wird ihre Richtlinien voraussichtlich 2026 an die neue Rechtsprechung anpassen. Bis dahin gelten die BSG-Entscheidungen als Richtschnur: Der Boden im Pausenraum ist Sache des Arbeitgebers – auch wenn der Kaffee in der Tasse privat ist.
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