Brandschutzhelfer: Neue Pflichten trotz Bürokratieabbau
25.11.2025 - 02:41:12Deutsche Betriebe müssen trotz geplanter Reduzierung von Sicherheitsbeauftragten weiterhin mindestens fünf Prozent ihrer Belegschaft als Brandschutzhelfer ausbilden. Die aktualisierte ASR A2.2 bringt Flexibilität bei Schulungsintervallen mit erhöhter Dokumentationspflicht.
BERLIN – Deutsche Unternehmen stehen vor einem Paradox: Während die Bundesregierung die Zahl der Sicherheitsbeauftragten drastisch reduzieren will, verschärft sie gleichzeitig die Anforderungen an den betrieblichen Brandschutz. Was bedeutet das konkret für Arbeitgeber?
Anfang November 2025 beschloss das Bundeskabinett ein umfangreiches Bürokratieentlastungspaket. Kernstück: Die Pflicht zur Bestellung von Sicherheitsbeauftragten soll für Betriebe unter 50 Mitarbeitern komplett entfallen. Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten könnten sich künftig auf einen einzigen Sicherheitsbeauftragten beschränken. Das Bundesarbeitsministerium rechnet mit dem Wegfall von rund 123.000 Positionen – eine jährliche Entlastung von geschätzten 135 Millionen Euro.
Doch während die Politik Erleichterungen verspricht, verschärft die technische Realität den Druck: Die im Mai 2025 aktualisierte Arbeitsstättenregel ASR A2.2 verlangt mehr Engagement beim Brandschutz, nicht weniger.
Die 5-Prozent-Quote bleibt unberührt
Trotz geplanter Kürzungen bei den Sicherheitsbeauftragten gilt für Brandschutzhelfer weiterhin die strenge Regel: Mindestens fünf Prozent der Belegschaft müssen als Brandschutzhelfer ausgebildet sein. Diese Quote ist keine Empfehlung, sondern eine verbindliche Vorgabe aus der ASR A2.2.
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Was viele Betriebe unterschätzen: Die fünf Prozent sind nur der Ausgangspunkt. Die tatsächlich erforderliche Zahl muss durch eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden. Faktoren wie Schichtbetrieb, Urlaubszeiten, Krankheitsfälle oder erhöhte Brandlasten – etwa in der Fertigung oder Chemiebranche – treiben die Quote regelmäßig nach oben. In der Praxis benötigen viele Unternehmen deutlich mehr als die gesetzlichen fünf Prozent.
Flexible Schulungsintervalle mit versteckten Tücken
Eine zentrale Neuerung der Mai-2025-Fassung betrifft die Wiederholungsschulungen. Bisher galt die Faustformel: alle drei bis fünf Jahre. Die aktuelle ASR A2.2 bietet hier erstmals echte Flexibilität – allerdings mit einem wichtigen Haken.
Die neue Regel: Unternehmen dürfen Schulungsintervalle zwischen drei und fünf Jahren frei wählen. Aber: Wer das Maximum von fünf Jahren ausreizt, muss dies in der Gefährdungsbeurteilung nachvollziehbar begründen. Warum ist das Brandrisiko niedrig genug für den längeren Turnus? Diese Dokumentation ist im Schadensfall entscheidend für die Haftungsfrage.
Betriebe mit hoher Brandgefährdung oder häufigem Personalwechsel fahren weiterhin besser mit einem Zwei-Jahres-Rhythmus. Die neue Flexibilität ist kein Freibrief, sondern verlagert die Verantwortung noch stärker auf das Management.
Feuerwehrleute als Brandschutzhelfer: Der Schnellgewinn
Eine gute Nachricht für kostenbewusste Unternehmen: Mitarbeiter mit aktiver Feuerwehrausbildung (mindestens Truppmann Teil 1) können ohne zusätzliche Schulung auf die Brandschutzhelfer-Quote angerechnet werden. Die DGUV bestätigte diese Regelung kürzlich in ihrer Information 205-023.
Der Clou: Diese Mitarbeiter müssen lediglich über betriebsspezifische Gefahren unterwiesen werden – eine Maßnahme, die sich in wenigen Stunden umsetzen lässt. Für Betriebe, die bis Jahresende ihre Quote erfüllen müssen, ist dies der schnellste Weg zur Compliance ohne externe Schulungskosten.
Gefährliche Entkopplung von Sicherheitsrollen
Gewerkschaften und Sicherheitsexperten kritisieren die Entwicklung scharf. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) warnen vor einer “gefährlichen Entkopplung” der Sicherheitsstrukturen.
Das Problem: Sicherheitsbeauftragte und Brandschutzhelfer erfüllen völlig unterschiedliche Funktionen. Während Sicherheitsbeauftragte das große Ganze im Blick haben – von Stolperfallen über Ergonomie bis zur persönlichen Schutzausrüstung – konzentrieren sich Brandschutzhelfer auf Feuerlöscher und Evakuierung. Wer die eine Rolle streicht, entlastet die andere nicht – im Gegenteil: Die verbliebenen Kräfte müssen mehr Verantwortung schultern.
“Wir sehen hier einen Widerspruch zwischen politischem Wunsch und operativer Realität”, so die einhellige Einschätzung aus der Branche. Während die Regierung Papierkrieg abbauen will, fordern Lithium-Ionen-Batterien, komplexe Fluchtwege und neue Brandlasten mehr geschultes Personal denn je.
Was Unternehmen jetzt tun müssen
Bis zum Jahreswechsel sollten Betriebe folgende Schritte umsetzen:
1. Rollen klar trennen: Sicherheitsbeauftragte sind nicht mit Brandschutzhelfern gleichzusetzen. Selbst wenn 2026 weniger Sicherheitsbeauftragte benötigt werden, bleibt die Brandschutzhelfer-Pflicht bestehen.
2. Gefährdungsbeurteilung aktualisieren: Wer den neuen Fünf-Jahres-Turnus nutzen will, muss dies dokumentieren – und zwar jetzt. Ohne schriftliche Begründung haftet man im Schadensfall nach dem kürzeren Intervall.
3. Interne Ressourcen prüfen: Eine Umfrage in der Belegschaft nach aktiven Feuerwehrmitgliedern kann die Quote sofort und kostengünstig erfüllen.
4. Gesetzgebung beobachten: Der Kabinettsbeschluss vom 5. November ist noch kein Gesetz. Unternehmen sollten keine Sicherheitsbeauftragten abberufen, bevor die Regelung offiziell in Kraft tritt.
Ausblick: Bürokratieabbau trifft auf unbeugsame Physik
Die Spannung zwischen Deregulierung und Sicherheit wird 2026 zum bestimmenden Thema werden. Während weniger Papierkram für kleine und mittlere Unternehmen verlockend klingt, ändern Brandrisiken sich nicht per Kabinettsbeschluss. Feuer löscht sich nicht durch Paragrafenstreichungen.
Unternehmen sind gut beraten, die angekündigten Erleichterungen als administrative Entlastung zu verstehen – nicht als Signal, die tatsächlichen Sicherheitsstandards zu senken. Denn im Ernstfall zählt nicht die Zahl der Formulare, sondern die Zahl der ausgebildeten Helfer.
Hinweis: Dieser Artikel gibt den Rechtsstand vom 25. November 2025 wieder und stellt keine Rechtsberatung dar. Für konkrete Compliance-Fragen sollten Unternehmen ihre Fachkraft für Arbeitssicherheit oder einen Fachanwalt konsultieren.
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