Bibliotheken, Umbruch

Bibliotheken im Umbruch: Digitale Kluft wird zur Zerreißprobe

28.11.2025 - 09:52:12

Während eine texanische Bibliothek Grundlagenkurse für Senioren startet, streicht Melbournes Staatsbibliothek öffentliche Computer für Prestigeprojekte. Der Kontrast zeigt die Spaltung in der Digitalisierungsstrategie.

Zwei Ereignisse dieser Woche offenbaren eine gefährliche Spaltung: Während eine texanische Bibliothek zu den Grundlagen zurückkehrt, wirft das Personal einer der ältesten Bibliotheken der Welt dem Management vor, öffentliche Computer für „digitale Prestigeprojekte” zu opfern. Die Frage brennt: Kann Modernisierung gelingen, ohne die digital Ausgegrenzten zurückzulassen?

In Texas gibt es 10.000 Dollar für Computerkurse, die Senioren zeigen, wie man E-Mails verschlüsselt. In Melbourne streicht die Leitung Arbeitsplätze, um mit 3D-Modellen zu experimentieren. Der Kontrast könnte kaum schärfer sein – und er zeigt, wie gespalten die Bibliothekswelt Ende 2025 wirklich ist.

Texas setzt auf das Wesentliche

Am 26. November verkündete die McAllen Public Library in Texas eine bemerkenswerte Entscheidung: Mit einem Zuschuss von umgerechnet 9.500 Euro startet sie Anfang 2025 eine Workshop-Reihe namens „Connect with Tech”. Das Programm, finanziert durch die Public Library Association und AT&T, konzentriert sich radikal auf die Basics.

Fünf Wochen lang lernen Teilnehmer – auf Englisch und Spanisch – Computer- und Internetgrundlagen, Cybersicherheit, E-Mail-Nutzung und Videokonferenzen. Keine KI-Spielereien, keine virtuellen Welten. Nur das, was Menschen wirklich brauchen, um im digitalen Alltag zu bestehen.

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„Wir statten unsere Gemeindemitglieder mit den Fähigkeiten aus, die sie brauchen, um selbstbewusst mit digitaler Technologie umzugehen”, erklärte die Bibliotheksleitung. Eine schlichte Aussage, die eine unbequeme Wahrheit enthüllt: Während die Tech-Branche über generative KI diskutiert, scheitert ein erheblicher Teil der Bevölkerung bereits daran, ein Betriebssystem zu bedienen.

Aufstand in Melbourne

Nur einen Tag später, am 27. November, eskalierte die Situation an der State Library of Victoria in Australien. Laut einem Bericht des Guardian rebelliert das Personal offen gegen eine geplante Umstrukturierung, die „auf Touristen ausgerichtete digitale Prestigeprojekte” über die Kernaufgaben stellt.

Die Zahlen sind erschreckend: 39 Arbeitsplätze sollen gestrichen werden, die Zahl der öffentlich zugänglichen Bibliothekare schrumpft von 25 auf 10. Und am gravierendsten: Viele öffentlich nutzbare Computer verschwinden.

„Die meisten Menschen kommen in die Bibliothek, um einen Computer zu nutzen, ins WLAN zu gehen, etwas nachzuschlagen oder einen Bibliothekar um Hilfe zu bitten”, berichtete ein Mitarbeiter anonym. Die Kritik richtet sich gegen „digitale Luxusexperimente” wie 3D-Modellierungsprojekte: „Die Leute interessiert Ned Kellys rotierender dreidimensionaler Helm einen Dreck, wenn sie Probleme haben, online auf Behördendienste zuzugreifen.”

Der KI-Rausch und seine Opfer

Warum diese extreme Divergenz? Die Antwort liegt im globalen Trend. Der Clarivate Pulse of the Library 2025-Bericht vom November zeigt: 67 Prozent der Bibliotheken weltweit erkunden oder implementieren mittlerweile KI-Tools – ein stetiger Anstieg seit 2024.

Doch Innovation hat ihren Preis. Budgets bleiben die größte Hürde, und in dieser Nullsummen-Umgebung werden unspektakuläre, aber lebenswichtige Dienste oft geopfert, um hochkarätige KI-Initiativen zu finanzieren, die Spender und Medienaufmerksamkeit anziehen.

Die „digitale Kluft” 2025 ist längst nicht mehr nur eine Frage des Hardwarezugangs. Es geht um die Kompetenzlücke. Wenn Behördendienste, Banking und Gesundheitsversorgung fast ausschließlich digital ablaufen, wird die Fähigkeit, einen Computer zu bedienen, zur Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe.

Zwei Welten, eine Zerreißprobe

Die Ereignisse in Texas und Victoria illustrieren zwei fundamental unterschiedliche Ideologien der „Digitalen Transformation”.

Die eine Sicht – verkörpert durch Victorias Umstrukturierung – definiert Transformation als Upgrade auf modernste Formate: immersive Erlebnisse, KI-gesteuerte Entdeckungen, virtuelle Interaktion. Diese Strategie zielt auf einen bereits digital versierten Nutzer ab, der sein kulturelles Erleben verfeinern möchte.

Der Gegenentwurf, exemplifiziert durch McAllen, begreift Transformation als Mechanismus für Gerechtigkeit. Hier fungiert die Bibliothek als Auffahrt zur digitalen Autobahn. Die „Connect with Tech”-Workshops erkennen an: Für Senioren, Arbeitssuchende und marginalisierte Gruppen ist das „nächste große Ding” irrelevant, solange sie das „erste große Ding” nicht beherrschen – sich sicher anzumelden.

Branchenexperten fordern ein Hybridmodell. „Bibliotheken müssen Brücken sein”, argumentiert die Expertin für digitale Inklusion, Dr. Sarah Chen. „Man kann keine Hochgeschwindigkeitstrasse der KI-Innovation bauen, wenn der Bahnsteig – die Computerkompetenz – zerfällt. Die fortschrittlichste Bibliothek der Welt scheitert, wenn ihre Gemeinschaft die Werkzeuge nicht nutzen kann.”

Was kommt jetzt?

Der Druck auf Bibliotheken, ihre Budgets mit „innovativen” Kennzahlen zu rechtfertigen, wird im Dezember 2025 wahrscheinlich zunehmen. Doch der Aufstand in Victoria zeigt: Gemeinschaften und Personal sind bereit, für die Grundlagen zu kämpfen.

Erwarten Sie mehr Fördergelder für spezielle „Digital Navigator”-Programme, ähnlich der PLA-Initiative. Tech-Konzerne erkennen zunehmend: Ihr Nutzerwachstum hängt von grundlegender Medienkompetenz ab. Für die McAllen Public Library steht im Februar der Start ihrer Workshop-Reihe an. Für die State Library of Victoria dürften die kommenden Wochen von angespannten Verhandlungen geprägt sein.

Letztlich erinnern uns die Ereignisse dieser Woche daran: Im Zeitalter der KI könnte die revolutionärste Technologie in einer Bibliothek immer noch ein geduldiger Bibliothekar sein, der einem Anfänger zeigt, wie man eine Maus benutzt.

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