Betriebswohnungen: Strenge Regeln, aber kein Zutrittsrecht für Behörden
30.12.2025 - 03:32:12Die Kontrollbefugnisse der Gewerbeaufsicht bleiben trotz verschärfter Wohnstandards durch das Grundgesetz streng begrenzt. Unternehmen müssen jedoch strikte Vorgaben der ASR A4.4 erfüllen.
Die Kontrolle von Betriebswohnungen bleibt für deutsche Aufsichtsbehörden eine rechtliche Gratwanderung. Während die Standards für menschenwürdiges Wohnen verschärft wurden, schützt die Verfassung weiterhin vor willkürlichen Kontrollen in privaten Räumen.
Keine Ausweitung der Kontrollbefugnisse
Gerüchte über eine massive Ausweitung der Kontrollrechte für die Gewerbeaufsicht sind falsch. Die Rechtslage nach § 139b der Gewerbeordnung (GewO) bleibt klar: Ein Zutritt zu Wohnungen gegen den Willen der Bewohner ist nur zulässig, um eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwenden.
Ein kürzlich veröffentlichtes Gesetz zur Anpassung an die europäische Wirtschaftszweigklassifikation (NACE Revision 2.1) hat für Verwirrung gesorgt. Juristen stellen klar: Die Änderung, die am 1. Januar 2026 in Kraft tritt, ändert nichts an dieser hohen Hürde. Der Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 des Grundgesetzes bleibt intakt. Routine-Kontrollen ohne konkreten Gefahrenverdacht sind damit weiterhin ausgeschlossen.
ASR A4.4 setzt verbindliche Standards
Während die Befugnisse der Behörden begrenzt sind, wurden die Anforderungen an Arbeitgeber verschärft. Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A4.4 definieren seit ihrer Überarbeitung im November 2024 verbindlich, was eine „menschenwürdige und sichere“ Unterkunft ist.
Viele Arbeitgeber unterschätzen die formalen Anforderungen der ASR A4.4 und die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung nach § 3 ArbStättV. Fehlende oder lückenhafte Dokumentation rechtfertigt Behördenprüfungen und kann Bußgelder nach sich ziehen. Unser kostenloser Download enthält praxiserprobte Vorlagen, Checklisten und eine Schritt‑für‑Schritt‑Anleitung, mit der Sie rechtssichere Gefährdungsbeurteilungen für Betriebswohnungen erstellen und bei Kontrollen vorlegen können. Gefährdungsbeurteilung-Vorlagen jetzt kostenlos herunterladen
Diese Regeln sind die Grundlage für die verpflichtende Gefährdungsbeurteilung nach § 3 der Arbeitsstättenverordnung. Arbeitgeber müssen vor Bezug der Wohnung nachweisen, dass sie folgende Standards erfüllen:
* Mindestens 8 m² Wohnfläche pro Person.
* Ausreichender Sichtschutz und getrennte Schlafbereiche für verschiedene Schichten.
* Eine Raumtemperatur von mindestens +21°C während der Nutzungszeit.
* Einhaltung genauer Vorgaben für die Anzahl von Toiletten und Duschen.
Die Dokumentation dieser Gefährdungsbeurteilung ist der erste und wichtigste Prüfstein für die Behörden. Fehlt sie oder weist sie Mängel auf, kann dies den konkreten Verdacht begründen, der wiederum strengere Maßnahmen rechtfertigt.
Digitalisierung erleichtert gezielte Kontrollen
Das seit 2025 geltende Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) digitalisiert viele Melde- und Kommunikationswege zwischen Unternehmen und Staat. Für Anbieter von Betriebswohnungen bedeutet das: bestimmte Nachweise können elektronisch eingereicht werden.
Experten warnen jedoch vor falschen Hoffnungen. „Bürokratieabbau ist nicht gleich Deregulierung“, betonen sie. Die inhaltlichen Sicherheitspflichten bleiben unverändert hoch. Im Gegenteil: Durch die Digitalisierung können Behörden Daten wie Gewerbeanmeldungen und Wohnungsangebote leichter abgleichen. So identifizieren sie potenzielle Problemfälle effizienter und können ihre begrenzten Kontrollressourcen gezielter einsetzen.
Branchen im Fokus: Landwirtschaft, Bau und Logistik
Für Branchen mit saisonaler oder mobiler Arbeit – wie die Landwirtschaft, das Baugewerbe und die Logistik – bleibt die Lage angespannt. Die Kombination aus scharfen ASR A4.4-Standards und etablierten Kontrollmechanismen schafft ein Umfeld strenger Haftung.
Die Strategie der Aufsichtsbehörden hat sich verlagert. Statt auf unangemeldete Wohnungsbesuche setzen sie zunehmend auf die Prüfung der Gefährdungsbeurteilung. Kann ein Arbeitgeber diese zentrale Dokumentation nicht vorlegen oder entspricht sie nicht den aktuellen Regeln, drohen sofort Bußgelder und Anordnungen.
Der Blick auf 2026 richtet sich auf die praktische Umsetzung der NACE-Anpassungen und die fortgesetzte Überwachung der Wohnbedingungen. Unternehmen sollten ihre Unterkünfte und Verträge dringend anhand der ASR A4.4-Checkliste überprüfen. Sich auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Wohnung zu verlassen, ist keine verlässliche Compliance-Strategie.
PS: Prüfen Sie Ihre Betriebswohnungen jetzt mit einem anerkannten Leitfaden – inklusive Checklisten zur ASR A4.4, Musterdokumenten für die Gefährdungsbeurteilung und Hinweisen zur elektronischen Einreichung nach BEG IV. So reduzieren Sie das Prüf-Risiko, reagieren schneller auf Anfragen der Gewerbeaufsicht und schützen Ihr Unternehmen vor Sanktionen. Jetzt kostenlosen GBU-Leitfaden sichern


