Betriebsratsarbeit unter Druck: Neue Risiken für 2026
29.12.2025 - 00:53:11Deutsche Betriebsräte sehen sich durch Arbeitgeberbehinderung und gezielte Infiltration durch extremistische Gruppen bedroht. Die Fälle bei Tesla und Dätwyler zeigen Lücken im Rechtsschutz.
Deutsche Betriebsräte sehen sich wachsenden Gefahren durch Arbeitgeber und politische Extremisten ausgesetzt. Das zeigt sich an aktuellen Fällen bei Tesla und Dätwyler sowie neuen Warnungen der Gewerkschaften zum Jahreswechsel 2025.
Die deutsche Arbeitswelt steht vor einer Zerreißprobe. Während die Vorbereitungen für die flächendeckenden Betriebsratswahlen im Frühjahr 2026 laufen, warnen Gewerkschaften vor einer doppelten Bedrohung: klassischer Behinderung durch Arbeitgeber und gezielter Unterwanderung durch politische Gruppen. Aktuelle Entwicklungen bei Tesla und dem IT-Infrastrukturanbieter Dätwyler belegen, dass der gesetzliche Schutz oft nicht rechtzeitig wirkt.
Tesla-Fall offenbart Lücke im Rechtsschutz
Ein symbolträchtiger Rückschlag ereignete sich Mitte Dezember am Tesla-Standort Grünheide. Die IG Metall zog einen Eilantrag beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) zurück. Die Gewerkschaft wollte eigentlich die „ungestörte Arbeit“ der betriebsratsfreundlichen Minderheit gegen angebliche Behinderung durch die mehrheitsfähige, managementnahe Fraktion durchsetzen.
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Der Grund für den Rückzug: Das Gericht hatte die mündliche Verhandlung auf Mai 2026 terminiert – also auf einen Zeitpunkt nach der nächsten Betriebsratswahl. Der juristische Schutz kam damit faktisch zu spät. Dieser Fall illustriert ein grundlegendes Problem. Die Behinderung der Betriebsratsarbeit ist zwar nach § 119 BetrVG eine Straftat, die mit bis zu einem Jahr Haft geahndet werden kann. Doch das gerichtliche Verfahren ist oft zu langsam, um die betriebliche Mitbestimmung wirksam zu schützen.
Dätwyler: „Union Busting“ durch Abbau von Arbeitsplätzen
Während es bei Tesla um Verfahrensverzögerungen ging, zeigt ein Fall beim Schweizer IT-Anbieter Dätwyler in Hattersheim eine aggressivere Form der Behinderung. Nach Gewerkschaftsangaben vom 20. Dezember begann das Unternehmen kurz nach der Ankündigung einer Betriebsratswahl, Maschinen abzubauen und Betriebsteile zu verlagern.
Die Botschaft solcher Maßnahmen ist eindeutig. Sie zielen darauf ab, die Einrichtung einer Arbeitnehmervertretung im Keim zu ersticken. Juristisch ist dies heikel, denn das Zufügen von Nachteilen zur Verhinderung eines Betriebsrats ist strafbar. In der Praxis argumentieren Unternehmen jedoch oft mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten, was den Nachweis der „Absicht“ vor Gericht erschwert.
Verdi warnt vor Unterwanderung durch Rechtsaußen
Eine völlig neue Risikodimension brachte Verdi-Chef Frank Werneke am vergangenen Wochenende ins Spiel. Am 28. Dezember warnte er öffentlich vor gezielten Infiltrationsversuchen rechtsextremer Gruppen in die anstehenden Betriebsratswahlen.
Laut Werneke versuchen Kreise aus dem Umfeld der AfD und des „Zentrum“-Vereins, Kandidaten auf Wahllisten zu platzieren. Das stellt Betriebsräte und Arbeitgeber vor ein komplexes Problem. Einerseits müssen die Gremien politisch neutral arbeiten. Andererseits müssen sie nun prüfen, ob anti-demokratische Akteure die Ressourcen des Betriebsrats für ihre Zwecke missbrauchen wollen. Ein Versagen hier könnte im Extremfall sogar zur Auflösung des Gremiums nach § 23 BetrVG führen.
Was bedeutet das für das Jahr 2026?
Die jüngsten Vorfälle deuten auf ein konfliktreiches Jahr in den deutschen Arbeitsbeziehungen hin. Experten erwarten drei Schwerpunkte:
- Schnellere einstweilige Verfügungen: Gewerkschaften werden stärker auf vorläufigen Rechtsschutz drängen, um Behinderungen sofort zu stoppen – und nicht wie im Tesla-Fall auf ein Hauptverfahren zu warten.
- Streit um Wahllisten: Die Warnung vor politischer Unterwanderung wird die Wahlvorstände unter Druck setzen, Kandidatenlisten genau auf extremistische Verbindungen zu prüfen. Das könnte eine Welle von Wahlanfechtungen nach sich ziehen.
- Debatte um Strafverfolgung: Die Gewerkschaften fordern seit langem, den Straftatbestand der Betriebsratsbehinderung zu einem Offizialdelikt hochzustufen. Dann müsste die Staatsanwaltschaft von Amts wegen ermitteln, auch ohne Strafantrag des Betroffenen. Die aktuellen Fälle könnten dieser Forderung neuen Schwung verleihen.
Der Rückzug der Klage bei Tesla war ein taktischer Schritt. Die IG Metall konzentriert ihre Kräfte nun auf den anstehenden Wahlkampf. Für Arbeitgeber wird klar: Die „Kosten“ der Behinderung steigen – weniger durch Gerichtsurteile, sondern durch Reputationsverlust und eine mögliche Radikalisierung der Belegschaft. Für Betriebsräte beginnt ein Balanceakt zwischen äußerem Druck und der Sicherung der inneren Demokratie.
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