Betriebsräte, Schutzschild

Betriebsräte als Schutzschild gegen die Krise

26.11.2025 - 21:00:12

Der deutsche Industriesektor erlebt einen seiner härtesten Winter seit Jahrzehnten – und die Betriebsräte kämpfen an vorderster Front. Doch ihre Rolle hat sich dramatisch gewandelt: Statt nur Tarifverträge zu überwachen, sind sie zur wichtigsten Verteidigungslinie für die psychische Gesundheit der Beschäftigten geworden. Die klare Botschaft aus den Werkhallen: Gesunde Arbeitsbedingungen sind 2025 untrennbar mit Jobsicherheit und psychologischer Sicherheit verbunden.

Während die Automobilindustrie und ihre Zulieferer diese Woche mit massiven Umstrukturierungen konfrontiert wurden, schlagen Arbeitnehmervertreter Alarm. Die Belastung hat eine neue Dimension erreicht.

Die Situation beim weltgrößten Autozulieferer Bosch zeigt die Dramatik besonders deutlich. Frank Sell, Betriebsratschef der Zulieferersparte, fand gestern in Stuttgart drastische Worte: Die Stimmung unter den Beschäftigten sei von “purer Angst” geprägt.

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Was macht die Lage so brisant? Die monatelange Unsicherheit über mögliche betriebsbedingte Kündigungen ist laut Sell zu einer massiven Gesundheitsgefahr geworden. “Normalerweise kam man zu Bosch und ging bei Bosch in Rente”, erklärte er. Dass dieser Gesellschaftsvertrag nun zerbröselt, verursacht schwere psychische Belastungen.

Der Betriebsrat führt derzeit die “härtesten Verhandlungen, die je geführt wurden” – und kämpft nicht nur um wirtschaftliche Bedingungen, sondern darum, eine psychische Gesundheitskrise zu verhindern.

Barbara Resch, Bezirksleiterin der IG Metall Baden-Württemberg, forderte gestern einen politischen “Rettungsschirm” für die Zulieferindustrie. Der immense Druck durch die E-Mobilitäts-Transformation kombiniert mit Sparzwängen schaffe ein toxisches Arbeitsumfeld, das Betriebsräte ohne externe Hilfe kaum noch abfedern können.

Brandenburg-Konferenz: Ideale treffen auf harte Realität

Die Kluft zwischen “New Work”-Visionen und industriellem Niedergang stand im Mittelpunkt der Betriebsrätekonferenz 2025, die am Montag in Potsdam stattfand. Katja Karger, DGB-Vorsitzende für Berlin-Brandenburg, zeichnete ein düsteres Bild.

“Brandenburg hat dieses Jahr bereits 10.000 Arbeitsplätze verloren, und das nächste Jahr sieht nicht besser aus”, sagte Karger vor der Versammlung. Während Betriebsräte moderne, gesunde Arbeitskulturen mit flexiblen Zeiten und Digitalisierung diskutieren wollen, werden sie ständig in den Krisenmodus gedrängt.

Vertreter von Unternehmen wie ZF Getriebe und Goodyear berichteten, wie schwer es ist, gesunde Arbeitsbedingungen aufrechtzuerhalten, wenn Werksschließungen drohen. Sabrina Selle, Betriebsrätin bei ZF in Brandenburg an der Havel, betonte: Ihre Belegschaft sei “zu 100 Prozent vom Verbrennungsmotor abhängig”. Diese psychische Last sei ein dringendes Gesundheitsproblem, das sofortige “Transformationsunterstützung” erfordere.

Die stille Pandemie: Krank zur Arbeit

Jenseits der Schlagzeilen kämpfen Betriebsräte gegen ein hartnäckiges Problem: den sogenannten Präsentismus. Der DGB Index Gute Arbeit 2025 zeigt erschreckende Zahlen: 63 Prozent der Beschäftigten in Deutschland sind 2024 mindestens einmal krank zur Arbeit gegangen – der Trend setzt sich 2025 fort.

Besonders betroffen sind Branchen mit hoher Arbeitsintensität wie Gesundheitswesen und Reinigung. Doch auch in der Industrie ist das Problem weit verbreitet.

“Wenn die Angst vor Jobverlust groß ist, melden sich Mitarbeiter seltener krank”, erklärt ein DGB-Sprecher. Ein Teufelskreis entstehe: Die Belegschaft werde chronisch krank und weniger produktiv. Betriebsräte seien der einzige wirksame Mechanismus, um diesen Kreislauf zu durchbrechen – durch die Durchsetzung von Arbeitsschutzgesetzen und Rückkehrprogrammen, die echte Erholung ermöglichen.

Neues Mandat: Von der Werkbank zur Psyche

Die Entwicklungen dieser Woche unterstreichen eine fundamentale Erweiterung der Betriebsratsarbeit. Während historisch der Fokus auf physischer Sicherheit lag – Helme, Ergonomie, Unfallprävention – hat sich das Mandat eindeutig verschoben: Psychosoziales Risikomanagement steht nun im Zentrum.

Unterstützung kommt aus Brüssel. Ende Oktober 2025 gab der EU-Rat grünes Licht für eine Richtlinie zur Stärkung Europäischer Betriebsräte. Die neuen Regeln gewähren mehr Ressourcen und das Recht auf Konsultation vor transnationalen Entscheidungen – ein wichtiges Werkzeug gegen den “Schock-Faktor” von Umstrukturierungen.

Rechtsexperten beobachten, dass Betriebsräte ihre Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz zunehmend nutzen, um Überstunden oder neue IT-Systeme zu blockieren – solange keine Gesundheitsfolgenabschätzung vorliegt. Psychische Belastung wird zum harten Messwert.

Ausblick: Die Konfrontation spitzt sich zu

Mit dem Jahresende verschärft sich der Konflikt zwischen Kostendruck und Gesundheitsschutz voraussichtlich weiter.

Die Verhandlungen bei Bosch und anderen Industriegiganten sollen Anfang 2026 in “Zukunftspakten” münden. Betriebsräte haben signalisiert: Keine Vereinbarung ohne Garantien gegen betriebsbedingte Kündigungen – mit Verweis auf die Gesundheitsfolgen für die verbleibende Belegschaft.

Gewerkschaften werden die Daten des DGB-Index 2025 nutzen, um auf Bundesebene für eine Anti-Stress-Verordnung zu lobbyieren. Diese langjährige Forderung hat durch die aktuelle Wirtschaftslage neue Dringlichkeit gewonnen.

Die Botschaft von den Werkshallen in Stuttgart bis zu den Konferenzräumen in Potsdam ist unmissverständlich: Die wichtigste Funktion eines Betriebsrats ist es heute, als psychologischer Schutzwall für die Belegschaft zu fungieren.

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