Berlin: Ver.di ruft zu Warnstreiks auf
09.12.2025 - 23:02:12Die Gewerkschaft ver.di hat für den 18. Dezember Warnstreiks im Berliner Landesdienst angekündigt. Die Forderung nach sieben Prozent mehr Lohn trifft auf massive Ablehnung der Arbeitgeber.
Die Eskalation kommt keine zwei Wochen vor Weihnachten: Die Gewerkschaft ver.di hat für Donnerstag, den 18. Dezember 2025, Warnstreiks im Berliner Landesdienst angekündigt. Betroffen sind Landesverwaltung, Schulen, Kitas und die Polizeiverwaltung – ein empfindlicher Schlag für die Hauptstadt in der ohnehin hektischen Vorweihnachtszeit.
Die Maßnahme markiert eine deutliche Verschärfung in der laufenden Tarifrunde für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Nach dem Scheitern der ersten Verhandlungsrunde Anfang Dezember liegen die Positionen zwischen Gewerkschaften und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) „astronomisch” weit auseinander – so jedenfalls die Arbeitgeberseite. Ein turbulenter Winter in den deutschen Arbeitsbeziehungen ist programmiert.
Protestzug vor dem Abgeordnetenhaus geplant
Ver.di koordiniert die Aktion gemeinsam mit der Bildungsgewerkschaft GEW, der Polizeigewerkschaft GdP und der IG BAU. Geplant ist eine Großkundgebung vor dem Berliner Abgeordnetenhaus, wo parallel über den Landeshaushalt debattiert wird. Die symbolische Botschaft ist klar: Während die Politik über Milliarden verhandelt, sollen die Beschäftigten nicht leer ausgehen.
„Wir setzen ein deutliches Signal: Die Beschäftigten sind nicht bereit, reale Lohnverluste hinzunehmen, während die Arbeitsbelastung stetig steigt”, erklärte eine ver.di-Sprecherin am Dienstag in Berlin. Die Gewerkschaft fordert für die rund 1,2 Millionen Tarifbeschäftigten der Länder eine Gehaltserhöhung von 7 Prozent oder mindestens 300 Euro mehr pro Monat. Die Mindestkomponente soll gezielt untere Einkommensgruppen stützen, die besonders unter der Inflation der vergangenen Jahre gelitten haben.
„Astronomisch” oder existenziell? Die Fronten verhärten sich
Die Arbeitgeberseite hält die Forderung für weltfremd. Andreas Dressel (SPD), Hamburgs Finanzsenator und Chefverhandler der TdL, wies das Paket bereits als „astronomisch” und haushaltspolitisch unverantwortbar zurück. „Wir haben nachgerechnet: Das ergibt jährliche Mehrkosten in Milliardenhöhe, die wir schlicht nicht haben”, so Dressel vor den Gesprächen Anfang Dezember. Bei einer stabilisierten Inflation um zwei Prozent passe eine Forderung von sieben Prozent „nicht in die Landschaft”.
Ver.di kontert mit dem Hinweis auf die kumulierte Teuerung der vergangenen drei Jahre, die die Kaufkraft der Beschäftigten massiv ausgehöhlt habe. „Wir haben kein Ausgaben-, sondern ein Einnahmenproblem”, argumentiert Andrea Kühnemann, Berliner Bezirksleiterin von ver.di. Ein am 9. Dezember vorgelegter Sozialbericht belegt: Jede fünfte Berlinerin, jeder fünfte Berliner ist von Armut bedroht. Für die Gewerkschaft ein klares Indiz, dass substanzielle Lohnuntergrenzen dringend nötig sind.
Beamte unter Zeitdruck: Widerspruch bis Silvester
Während sich bei den Tarifbeschäftigten der Konflikt zuspitzt, tickt für Beamte eine andere Uhr. Juristen und Gewerkschaften raten Landesbeamten dringend, bis 31. Dezember 2025 schriftlich Widerspruch gegen ihre Alimentation einzulegen – besonders in Berlin.
Warum die Eile? Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, dass rückwirkende Zahlungen bei verfassungswidriger Unteralimentation in der Regel nur jenen zustehen, die ihre Rechte fristgerecht für das betreffende Haushaltsjahr geltend gemacht haben. Wer bis Silvester untätig bleibt, riskiert damit den Verlust möglicher Nachzahlungen für 2025 – unabhängig vom Ausgang künftiger Gerichtsverfahren.
Das Procedere: Der Widerspruch muss schriftlich beim zuständigen Personalreferat oder Landesverwaltungsamt eingehen. In vielen Bundesländern reicht eine einfache E-Mail rechtlich nicht aus. „Beamte, die nicht handeln, verschenken womöglich bares Geld”, warnen Rechtsexperten des Portals Oeffentlicher Dienst News.
Bundesarbeitsgericht bleibt aktiv
Abseits der Verhandlungstische hält das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt das Tempo hoch. Noch am 3. und 4. Dezember 2025 erließ das Gericht Urteile in Revisionsverfahren (Az. 4 AZR 101/25 und 2 AZR 51/25). Die vollständigen Urteilstexte stehen zwar noch aus, doch die Kontinuität der Rechtsprechung zeigt: Deutsches Arbeitsrecht entwickelt sich weiter – auch in der Vorweihnachtszeit.
Besonders für Personalabteilungen relevant bleibt die strenge Auslegung des Nachweisgesetzes. Trotz der Lockerungen durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz im Frühjahr 2025 verschärft das BAG die Anforderungen an digitale Arbeitsverträge stetig. Bestimmte Klauseln – etwa Wettbewerbsverbote oder befristete Verträge – benötigen nach wie vor die strenge Schriftform, um rechtlich bindend zu sein.
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Unruhe auch jenseits des öffentlichen Dienstes
Die Spannungen beschränken sich nicht auf Verwaltung und Schulen. Auch die deutsche Stahlindustrie erlebt einen „heißen Winter”. Nach Ablauf der Friedenspflicht Ende November stocken die Tarifverhandlungen im saarländischen Stahlsektor. Die IG Metall meldet bereits Warnstreiks Anfang Dezember, die Produktionsstandorte belasten.
Parallel dazu schwelt der Konflikt im Schienenverkehr weiter. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fordert für die Farge-Vegesacker Eisenbahn 10,2 Prozent mehr Gehalt; die nächste Verhandlungsrunde ist für den 17. Dezember angesetzt. Der rote Faden durch alle Branchen: Gewerkschaften nutzen Fachkräftemangel und hohe Lebenshaltungskosten, um reale Lohnzuwächse durchzusetzen – und lehnen die von Arbeitgebern geforderte „Mäßigung” ab.
Was kommt auf Berlin zu?
Der 18. Dezember wird für die Hauptstadt zum Belastungstest. Pendler und Eltern sollten sich auf massive Einschränkungen einstellen:
- Schulen und Kitas: Schließungen oder nur Notbetreuung
- Bürgerämter: Verzögerungen bei Dienstleistungen
- Polizeiverwaltung: Administrative Engpässe, Notdienste laufen weiter
Die zweite Verhandlungsrunde ist erst für den 15. und 16. Januar 2026 in Potsdam terminiert. Angesichts der verhärteten Fronten erscheint eine rasche Einigung unwahrscheinlich. Scheitern die Januargespräche, drohen ab Februar unbefristete Erzwingungsstreiks – eine Perspektive, die bundesweit den öffentlichen Dienst lahmlegen könnte, gerade wenn das neue Jahr Fahrt aufnimmt.
Für Personalabteilungen und Rechtsabteilungen lautet die Botschaft des Dezembers 2025: Die Ära stiller Lohnzurückhaltung ist vorbei. Wer jetzt nicht vorausschauend plant – sei es bei Streik-Notfallplänen oder Beamten-Widerspruchsfristen – riskiert böse Überraschungen im neuen Jahr.
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