Baubranche, Sofort-Freistellung

Baubranche: Ende der Sofort-Freistellung belastet Liquidität

03.12.2025 - 11:29:12

Aus und vorbei mit dem spontanen Gang zum Finanzamt: Baufirmen können ab sofort keine Freistellungsbescheinigungen mehr am Schalter abholen. Die neue digitale Praxis zwingt Unternehmen zur Vorausplanung – und droht bei Versäumnissen mit empfindlichen Liquiditätseinbußen.

Das Landesamt für Steuern (LfSt) Rheinland-Pfalz hat gestern bestätigt, was in der Branche bereits befürchtet wurde: Die Sofortausstellung von Freistellungsbescheinigungen nach § 48b EStG ist Geschichte. Stattdessen regiert nun bundesweit das automatisierte KONSENS-Verfahren – mit Wartezeiten, die unpräparierten Handwerksbetrieben schnell zum Verhängnis werden können.

Wer seinen Antrag zu spät stellt, muss mit einem schmerzhaften Abzug rechnen. Denn ohne gültige Bescheinigung sind Auftraggeber verpflichtet, 15 Prozent der Rechnungssumme direkt ans Finanzamt zu überweisen. Das Geld kommt zwar später zurück – aber die Zwischenfinanzierung kann gerade kleinere Betriebe an den Rand der Zahlungsunfähigkeit bringen.

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Das neue elektronische Verfahren ELFE (Elektronisches Verfahren für die Freistellungsbescheinigung) kennt keine Kulanz mehr. Jeder Antrag durchläuft eine maschinelle Prüfung, anschließend wird die Bescheinigung zentral gedruckt und per Post verschickt. Selbst wenn ein Sachbearbeiter vor Ort Verständnis für die Dringlichkeit hat – technisch ist ihm die Hände gebunden.

Besonders tückisch: die sogenannte Vordatierungsfrist. Das System datiert die Gültigkeit automatisch auf mindestens drei Kalendertage nach Bearbeitung vor. Fällt das Fristende auf ein Wochenende oder einen Feiertag, verschiebt sich der Starttermin auf den nächsten Werktag. Ein Freitagsantrag bedeutet also im Zweifel erst ab Dienstag oder Mittwoch Rechtssicherheit.

“Die bisherige Möglichkeit, bei persönlicher Vorsprache eine Freistellungsbescheinigung unmittelbar ausgehändigt zu bekommen, entfällt mit Einführung des neuen Systems vollständig”, heißt es unmissverständlich aus Mainz.

Der 15-Prozent-Stau als Liquiditätskiller

Die Bauabzugsteuer nach § 48 EStG ist kein Kavaliersdelikt. Unternehmen und gewerbliche Auftraggeber haften persönlich, wenn sie ohne gültige Bescheinigung die vollen 100 Prozent überweisen. Also wird im Zweifel einbehalten – was dem beauftragten Handwerker sofort Einnahmen entzieht.

Das einbehaltene Geld lässt sich zwar über die Steuererklärung zurückholen. Doch bis dahin können Wochen oder Monate vergehen. Für Betriebe mit knapper Eigenkapitaldecke wird die Zwischenfinanzierung zum Drahtseilakt: Löhne, Materialrechnungen und laufende Betriebskosten warten nicht, bis das Finanzamt die Erstattung überweist.

14 Tage Vorlauf – die neue eiserne Regel

Wer sich darauf verlassen hat, im Notfall schnell beim Finanzamt vorbeizugehen, muss radikal umdenken. Das LfSt Rheinland-Pfalz empfiehlt ausdrücklich, mindestens 14 Tage vor Ablauf der aktuellen Bescheinigung oder vor einem fälligen Zahlungstermin einen neuen Antrag zu stellen.

Checkliste für Betriebe:

  • Digitaler Antrag: Nutzung des ELSTER-Portals (Funktion “Sonstige Nachricht”) für schnellste Bearbeitung
  • Kalender führen: Ablaufdaten der Bescheinigung fest eintragen und frühzeitig Verlängerung anstoßen
  • Kunden informieren: Auftraggeber über neue Bearbeitungszeiten aufklären, um Missverständnisse bei verspäteter Vorlage zu vermeiden
  • Notfallpuffer: Bei kritischen Großaufträgen mindestens drei Wochen Vorlauf einplanen

Bundesweiter Rollout läuft bereits

Rheinland-Pfalz ist nicht allein. Bereits im August hatte Mecklenburg-Vorpommern den Übergang vollzogen, weitere Bundesländer folgen sukzessive. Das KONSENS-Verfahren wird zur neuen Normalität – und mit ihm das Ende der Improvisation.

Die Digitalisierung verspricht langfristig schnellere Prozesse und weniger Papierkrieg. Kurzfristig aber verlagert sie das Risiko komplett auf die Schultern der Steuerpflichtigen. Wer die neuen Fristen ignoriert, zahlt – im wahrsten Sinne des Wortes.

Bleibt die Frage: Wie viele Betriebe werden die Umstellung unterschätzen und erst beim ersten Liquiditätsengpass merken, dass die guten alten Zeiten des spontanen Behördenbesuchs unwiderruflich vorbei sind?

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