BAuA, DGUV

BAuA und DGUV: Neue Pflichten für Gefährdungsbeurteilungen

02.12.2025 - 21:30:12

Dortmund/Berlin – Deutsche Arbeitgeber müssen ihre Gefährdungsbeurteilungen grundlegend überarbeiten. Das Bundesinstitut für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) haben diese Woche neue Anforderungen veröffentlicht, die Unternehmen zum Handeln zwingen. Wer jetzt nicht reagiert, riskiert bei Prüfungen durch die Arbeitsschutzbehörden als nicht compliant zu gelten.

Die Kernbotschaft: Psychische Belastungen durch entgrenzte Arbeitszeiten, Klimarisiken wie Hitze und Gewaltprävention am Arbeitsplatz sind ab sofort keine optionalen Themen mehr. Sie müssen dokumentiert und mit konkreten Schutzmaßnahmen hinterlegt werden. Die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz entwickelt sich damit von einem einmalig erstellten Dokument zu einem dynamischen Instrument, das laufend angepasst werden muss.

Am 1. Dezember veröffentlichte das BAuA die umfassenden Daten seiner Arbeitszeitbefragung 2023. Rund 11.000 Beschäftigte gaben Auskunft über ihre realen Arbeitszeiten, Überstunden und die Entgrenzung zwischen Beruf und Privatleben. Diese Zahlen sind keine akademische Spielerei – sie werden zum Prüfstein für Arbeitgeber.

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Personalverantwortliche und Fachkräfte für Arbeitssicherheit können ihre internen Daten nun mit wissenschaftlich erhobenen Benchmarks abgleichen. Liegt die Überstundenquote im eigenen Betrieb deutlich über dem Branchenschnitt? Werden Ruhezeiten systematisch unterschritten? Solche Abweichungen müssen künftig in der Gefährdungsbeurteilung dokumentiert und mit Gegenmaßnahmen belegt werden.

Besonders im Fokus: Unternehmen mit Vertrauensarbeitszeit. Das BAuA stellt klar, dass flexible Modelle nicht von der Pflicht zur systematischen Zeiterfassung und Risikoanalyse entbinden. Im Gegenteil – gerade hier lauern strukturelle Risiken für psychische Belastungen. Wer seine Dokumentationsmethoden nicht anpasst, könnte im Streitfall um Burnout oder unbezahlte Überstunden ins Hintertreffen geraten.

Empowerment statt Kommandostruktur

Parallel startete das BAuA am selben Tag einen Aufruf für ein Forschungsprojekt zu „Empowerment” in New-Work-Umgebungen. Die Message dahinter: In agilen Teams mit flachen Hierarchien funktionieren klassische Top-down-Sicherheitsanweisungen nicht mehr.

Was bedeutet das konkret? Die Gefährdungsbeurteilung muss künftig prüfen, ob die Führungskultur und Organisationsstruktur Mitarbeitende befähigen, eigenverantwortlich für ihre Gesundheit zu sorgen. Haben Teams ausreichend Ressourcen? Dürfen sie selbst entscheiden, wann sie Pausen machen? Werden sie in Entscheidungen zur Arbeitsgestaltung eingebunden?

Statische Checklisten greifen hier zu kurz. Gefordert sind partizipative Ansätze, bei denen Beschäftigte die Risikoanalyse aktiv mitgestalten. Für viele Unternehmen ein methodischer Neuanfang – und eine Abkehr von der Vorstellung, Arbeitsschutz könne zentral „verordnet” werden.

Klimaanpassung wird Pflichtmodul

Während das BAuA sich auf psychische Belastungen konzentrierte, legte die Nationale Präventionskonferenz (NPK) gemeinsam mit der DGUV Ende November den Fokus auf physische Risiken durch den Klimawandel. Am 28. November beschloss die NPK aktualisierte Rahmenempfehlungen, die Klimaanpassung explizit in die betriebliche Gesundheitsförderung integrieren.

Hitzeschutz ist damit keine saisonale Empfehlung mehr, sondern ein Kernbestandteil jeder Gefährdungsbeurteilung. Arbeitgeber müssen nun dokumentieren, wie sie auf vorhersehbare Klimarisiken reagieren – vom überhitzten Büro bis zur UV-Strahlung auf Baustellen.

Das umfasst drei Ebenen:

  • Technische Maßnahmen: Klimaanlagen, Verschattungen, Lüftungssysteme prüfen und nachrüsten
  • Organisatorische Maßnahmen: Arbeitszeiten in den Sommermonaten in kühlere Tagesstunden verlegen
  • Persönliche Maßnahmen: Hitzeangepasste Schutzausrüstung bereitstellen, Trinkwasserzugang sicherstellen

Die DGUV warnt eindringlich: Wer diese Faktoren ignoriert und Beschäftigte erleiden hitzebedingte Gesundheitsschäden, könnte in Haftungsfragen geraten. Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber – er muss nachweisen, dass er alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat.

Gewaltprävention als Compliance-Faktor

Am 27. November verschärfte die DGUV ihre Kampagne #GewaltAngehen und veröffentlichte neue Materialien zur Prävention von Gewalt am Arbeitsplatz. Die Botschaft ist unmissverständlich: Gewalt ist kein reines Sicherheitsthema mehr, sondern ein Arbeitsschutzrisiko, das in die Gefährdungsbeurteilung gehört.

Das betrifft längst nicht nur Hochrisikobereiche wie Krankenhäuser oder Einzelhandel. Jede Tätigkeit mit Kundenkontakt muss auf Gewaltpotenzial analysiert werden. Die DGUV fordert konkret:

  1. Risikoanalyse: In welchen Situationen könnten Beschäftigte verbaler oder körperlicher Aggression ausgesetzt sein?
  2. Deeskalationstraining: Verpflichtende Schulungen analog zu Sicherheitsunterweisungen
  3. Nachsorge: Psychologische Erstbetreuung nach Gewaltvorkommnissen definieren und bereitstellen

Fehlt ein Abschnitt „Gewalt und Konflikte” in der Risikobeurteilung, gilt diese bei Aufsichtsbehörden künftig möglicherweise als unvollständig. Eine Lücke, die sich Unternehmen nicht mehr leisten können.

Was jetzt zu tun ist

Die Konvergenz dieser Anforderungen markiert einen Wendepunkt im deutschen Arbeitsschutzrecht. Die Gefährdungsbeurteilung ist nicht länger ein Dokument, das man einmal erstellt und dann abheftet. Sie wird zu einem lebenden Instrument, das gesellschaftliche und Umweltveränderungen widerspiegeln muss.

Arbeitsrechtler weisen darauf hin, dass die granularen BAuA-Daten in juristischen Auseinandersetzungen um Burnout oder unbezahlte Mehrarbeit als Beweismittel dienen könnten. Ignoriert ein Arbeitgeber bekannte Branchenrisiken aus diesem Datensatz, wird es schwer, die Erfüllung der Fürsorgepflicht zu belegen.

Für die kommenden Monate haben deutsche Unternehmen einen klaren Fahrplan: Bis zum ersten Quartal 2026 sollten Gefährdungsbeurteilungen die neuen BAuA-Erkenntnisse zu Arbeitszeiten einarbeiten, Hitzeschutzpläne vor dem Sommer 2026 stehen und Gewaltpräventionsprotokolle implementiert sein. Morgen diskutieren Branchenexperten in einem Online-Forum über Überlastungsanzeigen – ein weiteres Signal, dass die Dynamik im Arbeitsschutz weiter zunimmt.

Wer jetzt seine Dokumentation nicht auf den Prüfstand stellt, verliert den Anschluss.

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