BAG-Urteil: Urlaubsansprüche können Arbeitgeber teuer zu stehen kommen
23.11.2025 - 22:00:12
Berlin – Eine Krankenschwester bekommt fast 17.000 Euro ausgezahlt, weil ihr Vertrag eine harmlos wirkende Urlaubsklausel enthielt. Jetzt, zum Jahresende 2025, wird klar: Tausende Arbeitsverträge könnten ähnliche Zeitbomben enthalten.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits im Juli entschieden, doch erst jetzt realisieren viele Unternehmen die Tragweite. Das Urteil 9 AZR 198/24 vom 15. Juli 2025 stellt klar: Wer seinen Mitarbeitern vertraglich mehr Schutz beim Urlaubsverfall verspricht als das Gesetz vorschreibt, muss diese Zusage auch einhalten – und das kann richtig teuer werden.
Mit Blick auf die anstehenden Jahresabschlüsse warnen Rechtsexperten in dieser Woche nachdrücklich vor unliebsamen Überraschungen. Viele HR-Abteilungen dürften bei der Prüfung ihrer Altverträge einen Schock erleben.
Viele Arbeitgeber wähnen sich in falscher Sicherheit – alte oder schwammige Urlaubsklauseln können zu fünfstelligen Nachzahlungen führen. Ein kostenloses E‑Book erklärt konkret, welche Formulierungen Risiken bergen, wie Sie bestehende Verträge systematisch prüfen und welche Musterklauseln sofort Schutz bringen. Ideal für Personaler und Justiziare in Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Unternehmen, die ihre Vertragsrisiken vor Jahresabschluss minimieren wollen. Jetzt kostenloses E‑Book herunterladen
Eigentlich schien die Rechtslage klar: Wer langzeiterkrankt ist, dessen gesetzlicher Urlaubsanspruch verfällt spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Diese Regelung sollte verhindern, dass sich bei dauerhaft arbeitsunfähigen Beschäftigten endlos Urlaubstage anhäufen.
Doch das BAG hat dieser vermeintlichen Sicherheit nun einen entscheidenden Riegel vorgeschoben. Die Karlsruher Richter stellten unmissverständlich fest: Die 15-Monats-Frist kann durch Arbeitsverträge ausgehebelt werden – selbst wenn das nie so beabsichtigt war.
Problematisch werden vor allem Verträge mit sogenannten Günstigkeitsklauseln oder schwammigen Formulierungen zum Urlaubsverfall. Steht dort etwa, dass Urlaub „bestehen bleibt” oder fehlt ein expliziter Verweis auf die gesetzlichen Verfallfristen, kann das Gericht dies als Verzicht auf die 15-Monats-Regel werten. Die Folge: Urlaubsansprüche bleiben jahrelang bestehen.
„Viele Arbeitgeber wähnen sich in falscher Sicherheit”, heißt es in einer Rechtsanalyse vom vergangenen Wochenende. „Das BAG sagt deutlich: Was Sie vertraglich zusagen, müssen Sie auch zahlen – selbst wenn es über das Gesetz hinausgeht.”
144 Urlaubstage = 16.900 Euro
Der zugrundeliegende Fall zeigt, welche Dimensionen solche Versäumnisse annehmen können. Eine Krankenschwester bei einem kirchlichen Träger war vom 31. Juli 2015 bis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses am 30. Juni 2023 durchgehend arbeitsunfähig.
Nach der Standard-15-Monats-Regel wären ihre frühen Urlaubsansprüche längst verfallen gewesen. Doch ihr Arbeitsvertrag enthielt eine spezielle Regelung (§ 7 Abs. 3) zum Urlaub bei Krankheit. Die Klägerin argumentierte erfolgreich, dass diese Klausel die normalen Verfallregeln außer Kraft setzte.
Das BAG gab ihr recht. Der Neunte Senat urteilte, dass die Vertragsparteien faktisch eine arbeitnehmerfreundlichere Regelung vereinbart hatten. Das Resultat: Die Arbeitgeberin musste 144 aufgelaufene Urlaubstage aus den Jahren 2016 bis 2021 vergüten.
Die finanzielle Rechnung war eindeutig: 16.908,92 Euro (brutto) plus Zinsen. Die Begründung des Gerichts: EU-Recht erlaubt zwar die 15-Monats-Frist zum Schutz der Arbeitgeber, verbietet aber nicht, freiwillig großzügigere Bedingungen zu vereinbaren.
Warum das Thema jetzt akut wird
Das Juli-Urteil mag Monate alt sein, doch seine volle Sprengkraft entfaltet es erst jetzt – pünktlich zur Vorbereitung des Geschäftsjahres 2026. Gleich mehrere Faktoren treiben das Thema in dieser Woche zurück in die Schlagzeilen:
Jahresendprüfungen im vollen Gang: HR-Abteilungen führen gerade ihre jährlichen Audits der Urlaubskonten durch. Dabei die Erkenntnis: Angeblich „verfallener” Urlaub aus 2023 oder 2024 könnte rechtlich noch immer gültig sein – je nachdem, was im Vertrag steht.
Neue Branchenwarnungen: Am 20. November 2025 wiesen regionale Wirtschaftsportale explizit auf die Relevanz für Gesundheits- und Pflegebereich hin, wo Langzeiterkrankungen häufiger auftreten.
Detaillierte Rechtshilfe verfügbar: Die Veröffentlichung präziser juristischer Handlungsempfehlungen am 23. November 2025 gibt Arbeitnehmern nun eine klare Anleitung, wie sie abgelehnte Urlaubsabgeltungen anfechten können. Das Prozessrisiko für Arbeitgeber steigt messbar.
Rechtsexperten warnen: Schweigen oder Unklarheit im Vertrag geht zulasten des Arbeitgebers. Wer pauschal von „Urlaubsanspruch” spricht, ohne zwischen gesetzlichem Minimum (20 Tage bei 5-Tage-Woche) und zusätzlichem Vertragsurlaub zu differenzieren, riskiert, dass die günstigere Regelung für das gesamte Guthaben gilt.
Was Arbeitgeber jetzt tun sollten
Das erneute Aufflammen der Debatte Ende November 2025 ist ein eindringlicher Weckruf zum sofortigen Handeln. Personalabteilungen und Justiziare sollten noch vor Jahresende folgende Schritte einleiten:
Vertragsaudit durchführen: Bestehende Arbeitsverträge prüfen, insbesondere bei Mitarbeitern mit Langzeiterkrankungen. Aufspüren von Klauseln, die Urlaubserhalt garantieren, ohne auf gesetzliche Verfallfristen zu verweisen.
Urlaubsarten trennen: Künftige Verträge müssen klar zwischen gesetzlichem Mindesturlaub (mit strengen Schutzregeln) und zusätzlichem Vertragsurlaub (mit schärferen Verfallregelungen) unterscheiden.
Verfallklauseln präzisieren: Eindeutige Ausschlussfristen implementieren, die explizit festhalten, dass Urlaubsansprüche gemäß gesetzlicher Fristen – einschließlich der 15-Monats-Regel – verfallen, sofern nicht genommen.
Kommunikation prüfen: Bei Mitarbeitern in laufender Langzeiterkrankung verifizieren, ob die Hinweispflicht zum Urlaubsverfall erfüllt wurde. Aber Achtung: Die 15-Monats-Regel bei dauerhafter Erkrankung greift unabhängig von der Information – es sei denn, der Vertrag sagt etwas anderes.
Ausblick auf 2026
Zum Jahresende 2025 zeigt sich: Die Rechtsprechung nimmt Arbeitgeber beim vertraglichen Wortlaut in die Pflicht. Das BAG signalisiert unmissverständlich, dass gerade professionelle Arbeitgeber mit vorformulierten Verträgen für ihre Formulierungen geradestehen müssen.
Für das erste Quartal 2026 ist mit einer Welle von Klagen auf Urlaubsabgeltung zu rechnen. Ausscheidende Mitarbeiter werden entdecken, dass ihr vermeintlich „verfallener” Urlaub doch noch Geld wert sein könnte. Die Botschaft des BAG an die Wirtschaft ist glasklar: Unklarheit kostet Geld.
Wer jetzt nicht handelt, riskiert vier- bis fünfstellige Nachzahlungen pro Einzelfall. Denn eines hat das 16.900-Euro-Urteil deutlich gemacht: Was gut gemeint war, kann schlecht formuliert ein Vermögen kosten.
Dieser Artikel basiert auf der Rechtslage zum 23. November 2025 und bezieht sich auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts 9 AZR 198/24 vom 15. Juli 2025.
Übrigens: Wenn Sie jetzt Ihre Verträge überprüfen, setzen Sie besser auf fertige Muster statt auf improvisierte Formulierungen. Das kostenlose E‑Book “Der Arbeitsvertrag – Klauseln, Pflichten und Musterbeispiele” bietet 19 sofort einsetzbare Musterformulierungen, erklärt die Unterscheidung zwischen gesetzlichem und zusätzlichem Vertragsurlaub und zeigt, wie Sie Ausschlussfristen korrekt formulieren, um Nachzahlungen zu vermeiden. Sparen Sie Zeit und reduzieren Sie Ihr Prozessrisiko. Kostenlose Musterformulierungen jetzt sichern

