BAG-Urteil, Standard

BAG-Urteil setzt 2026 den Standard für befristete Betriebsräte

28.12.2025 - 03:09:12

Die Wahl in den Betriebsrat verschafft befristet Beschäftigten kein Recht auf eine Festanstellung. Das hat der Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil klargestellt, das Rechtsplattformen nun als einen der zwölf wichtigsten Rechtssprüche des Jahres einordnen. Für Personalabteilungen wird die Entscheidung zum zentralen Compliance-Maßstab 2026.

Im Kern geht es um das Spannungsfeld zwischen dem Kündigungsschutz für Betriebsräte und dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Das BAG urteilte am 18. Juni 2025, dass die Wahl eines befristeten Mitarbeiters in den Betriebsrat keinen gesetzlichen Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag begründet. Der Schutz vor Benachteiligung nach § 78 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) gewährt kein Vorrecht bei der Vertragsdauer.

Zwar sind Betriebsratsmitglieder vor einer ordentlichen Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz geschützt. Dieser Schutz gilt jedoch nicht für das planmäßige Auslaufen eines befristeten Vertrags. Die aktuelle Einordnung als „Must-know“-Urteil unterstreicht: Diese Unterscheidung ist entscheidend für die Personalplanung. Sie verhindert, dass Mandate instrumentalisiert werden, um aus einer zeitlich begrenzten eine dauerhafte Position zu machen.

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Beweislast: Ein Fall aus der Logistik

Der zugrundeliegende Fall, der 2026 als Referenz für ähnliche Streitigkeiten dienen wird, betraf einen Lagerarbeiter mit einjährigem Befristungsvertrag. Nach seiner Wahl in den Betriebsrat 2022 wurde sein Vertrag im Februar 2023 nicht verlängert. Der Arbeitgeber bot zwar 16 von 19 anderen befristeten Kollegen Festverträge an, dem Kläger jedoch nicht.

Dieser sah sich wegen seines Mandats benachteiligt und berief sich auf § 78 BetrVG. Die hohe Verlängerungsquote unter seinen Kollegen wertete er als Indiz für eine Ungleichbehandlung. Das BAG wies die Klage ab. Es akzeptierte die Begründung des Arbeitgebers, die Entscheidung beruhe auf „Leistungsdefiziten und Schwierigkeiten im Umgang mit Kollegen“ – und nicht auf der Betriebsratstätigkeit.

Die Richter stellten klar: Legt der Arbeitgeber einen plausiblen, sachlichen Grund für die Nichtverlängerung dar, muss der Arbeitnehmer beweisen, dass sein Mandat der ausschlaggebende Faktor war. Diese Beweislastverteilung ist eine zentrale Weichenstellung für künftige Verfahren.

Folgen für die Personalpraxis

Das Urteil begünstigt Arbeitgeber, stellt sie aber gleichzeitig vor strengere Dokumentationspflichten. Um eine Nichtverlängerung rechtssicher zu gestalten – besonders wenn andere Befristete übernommen werden – müssen objektive, vom Mandat unabhängige Gründe nachweisbar sein. Im Musterfall konnte der Arbeitgeber Leistungsprobleme belegen, die bereits vor der Wahl bestanden.

Rechtsexperten warnen jedoch vor „Mischmotivation“. Kann ein Betriebsrat nachweisen, dass sein Amt auch nur ein mitentscheidender Grund für das Auslaufen des Vertrags war, bleibt die Entscheidung anfechtbar. Der „sichere Hafen“ des BAG-Urteils setzt also eine lückenlose, saubere Personalakte voraus.

Ausblick: Mehr Transparenzanfragen erwartet

Für das erste Quartal 2026 zeichnet sich eine konkrete Folge ab: Betriebsräte werden voraussichtlich aggressiver Transparenz über die Kriterien für Befristungsverlängerungen einfordern. Das Urteil macht deutlich: Das Mandat allein sichert keinen Job. Gewerkschaften und Betriebsräte müssen sich künftig auf den Nachweis diskriminierender Muster konzentrieren.

Unternehmen sollten sich darauf vorbereiten, indem sie ihre Beurteilungsprozesse für befristete Mitarbeiter standardisieren – und das lange vor Ablauf der Verträge. Zwar hat das BAG die grundsätzliche Frage auf Bundesebene geklärt. Einzelne Fälle könnten dennoch den Weg zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) finden, sollten Fragen zur EU-Richtlinie über befristete Arbeitsverhältnisse aufkommen. Vorerst aber gilt der im Urteil 7 AZR 50/24 vorgezeichnete Kurs.

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