BAG-Urteil, Praxis

BAG-Urteil kippt Praxis bei Abfindungsvereinbarungen

30.12.2025 - 19:03:12

Eine Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts wird zum teuren Stolperstein für Arbeitgeber. Sie macht gängige Klauseln in Aufhebungsverträgen unwirksam.

Berlin – Kurz vor Jahresende warnt die Anwaltschaft vor einer gravierenden Rechtsfalle in Aufhebungsverträgen. Der Grund: Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom Juni 2025 erklärt Standardklauseln zum Urlaubsverzicht für unwirksam. Personalabteilungen, die jetzt noch Verträge für 2025 abschließen, müssen ihre Strategie dringend anpassen. Das gilt besonders für Fälle, in denen Mitarbeiter krankheitsbedingt keinen Urlaub nehmen konnten.

In den letzten Tagen des Jahres laufen die Verhandlungen über Abfindungen und gerichtliche Vergleiche auf Hochtouren. Viele Unternehmen wollen Personalakten noch vor 2026 abschließen. Doch die gängige Praxis, pauschale „Erledigungsklauseln“ zu verwenden, ist nach dem BAG-Urteil (Az. 9 AZR 104/24) riskant.

Das Gericht stellte klar: Der gesetzliche Mindesturlaub kann vom Arbeitnehmer nicht wirksam verzichtet werden – auch nicht in einem gerichtlichen Vergleich. Das gilt selbst dann, wenn eine Klausel besagt, der Urlaub sei „in natura gewährt“ worden. Ein Scheinargument, wenn der Mitarbeiter nachweislich krankgeschrieben war.

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Der Präzedenzfall: Krank und ohne Urlaub

Der konkrete Fall, der das Urteil herbeiführte, betraf einen Betriebsleiter. Er war von 2019 bis April 2023 beschäftigt und im gesamten Jahr 2023 durchgehend arbeitsunfähig. Ein Vergleich beendete das Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindung von 10.000 Euro. Die Vertragsklausel: „Urlaubsansprüche sind in natura gewährt.“

Dennoch verlangte der Arbeitnehmer später die Abgeltung für sieben Tage Mindesturlaub aus 2023. Der Arbeitgeber berief sich auf den unterschriebenen Vergleich – und verlor vor dem BAG.

Unverhandelbare Arbeitnehmerrechte

Der Neunte Senat des BAG wies die Argumentation des Arbeitgebers entschieden zurück. Die Richter betonten zwei Grundsätze, die jetzt jede Vertragsgestaltung beeinflussen:

  1. Unwirksamer Verzicht: Jede Vereinbarung, die auf einen unentgeltlichen Verzicht des gesetzlichen Mindesturlaubs zielt, ist nichtig. Dieser Schutz gilt auch für gerichtliche Vergleiche.
  2. Realität schlägt Vertragstext: Die Behauptung, Urlaub sei „in natura gewährt“ worden, ist eine Scheinbegründung, wenn der Arbeitnehmer krank war. Urlaub dient der Erholung – wer krank ist, kann sich nicht erholen.

Das Gericht sah auch keinen sogenannten Tatsachenvergleich. Beide Parteien wussten von der Arbeitsunfähigkeit. Es bestand also keine Ungewissheit darüber, ob Urlaub tatsächlich genommen worden war.

Konsequenzen für Verträge ab 2026

Was bedeutet das für die Praxis? Die bisher übliche Pauschalabgeltung aller Ansprüche ist für den Mindesturlaub nicht mehr sicher. Rechtsexperten raten zu einem neuen Vorgehen:

  • Urlaubsabgeltung explizit ausweisen: Im Vergleich sollte ein konkreter Betrag für die ausstehenden Urlaubstage genannt werden.
  • Ansprüche trennen: Zwischen dem unverzichtbaren gesetzlichen Mindesturlaub und einem möglicherweise verzichtbaren tariflichen oder vertraglichen Zusatzurlaub muss klar unterschieden werden.
  • Fiktionen vermeiden: Die Behauptung, Urlaub sei genommen worden, obwohl eine Krankschreibung vorliegt, hält vor Gericht nicht stand.

Urlaubsschutz bleibt hart – trotz Bürokratieabbau

Das Urteil unterstreicht einen Trend: Trotz vereinfachender Gesetze wie dem Bürokratieentlastungsgesetz IV bleiben die Kernprinzipien des Arbeitnehmerschutzes in der Rechtsprechung hart. Während Verträge und Zeugnisse digitaler werden, ist der Urlaubsanspruch unantastbar.

Für Unternehmen wird ausstehender Urlaub kranker Mitarbeiter damit zu einer Verbindlichkeit, die sich nicht wegverhandeln lässt. Wer jetzt noch Verträge für 2025 schließt, sollte die Warnung der Anwälte ernst nehmen: Ohne korrekte Abgeltung droht nachträgliche Klage – und die verliert der Arbeitgeber mit großer Wahrscheinlichkeit.

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