BAG-Urteil, Fehlende

BAG-Urteil: Fehlende Inklusionsbeauftragte kann Diskriminierung beweisen

23.12.2025 - 14:13:12

Das Bundesarbeitsgericht wertet die unterlassene Bestellung eines Inklusionsbeauftragten in bestimmten Fällen als Hinweis auf eine Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter.

Eine Pflichtverletzung bei der Bestellung eines Inklusionsbeauftragten kann vor Gericht als Indiz für eine Benachteiligung schwerbehinderter Mitarbeiter gewertet werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil klargestellt. Eine aktuelle Analyse des Deutschen Beamtenbundes (dbb) zeigt die erheblichen Konsequenzen für Unternehmen auf.

Wann ein Verstoß vor Gericht ins Gewicht fällt

Im Zentrum steht das BAG-Urteil 8 AZR 276/24 vom 26. Juni 2025. Das Gericht präzisierte, dass der Verstoß gegen § 181 SGB IX – die Pflicht zur Bestellung eines Inklusionsbeauftragten – nicht automatisch in jedem Fall die Beweislast umkehrt. Entscheidend ist der Kontext.

Die Indizwirkung tritt laut Urteil nur dann ein, wenn die konkrete Personalmaßnahme die „besonderen Interessen Schwerbehinderter“ betrifft. Fehlt der Beauftragte in einem Verfahren, das spezifische Rechte Behinderter berührt, wertet das Gericht dies als Hinweis auf eine systematische Vernachlässigung dieser Pflichten. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass keine Diskriminierung vorlag.

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„Das ist ein scharfes Schwert“, kommentiert Rechtsprofessor Dr. Wolfhard Kohte in der heute veröffentlichten dbb-Analyse. Besonders relevant wird die Indizwirkung bei:
* Leistungsbeurteilungen, die behinderungsbedingte Einschränkungen ignorieren.
* Ablehnungen von Arbeitsplatzanpassungen.
* Kündigungsverfahren, in denen der gesetzlich vorgesehene Schutz nicht gewahrt wurde.

Bei allgemeinen Maßnahmen wie einer Umstrukturierung, die alle Mitarbeiter gleichermaßen betrifft, reicht das Fehlen des Beauftragten dagegen normalerweise nicht als Beweismittel aus.

Handlungsdruck für Personalabteilungen steigt

Die heute im Zeitschrift für Personalvertretungsrecht (ZfPR) veröffentlichte Analyse ist ein Weckruf für Unternehmen. Der Inklusionsbeauftragte ist kein Formalposten, sondern eine zentrale Kontrollinstanz. Er vermittelt zwischen Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung (SBV) und Integrationsamt.

Fehlt diese Stelle, entsteht ein organisatorisches Vakuum, das vor Gericht als Systemversagen ausgelegt werden kann. Der dbb empfiehlt Arbeitgebern drei dringende Schritte:
1. Nachbestellung: Unbesetzte Stellen umgehend besetzen.
2. Formalia wahren: Die Bestellung muss der Agentur für Arbeit und dem Integrationsamt gemeldet werden.
3. Einbindung garantieren: Der Beauftragte muss aktiv in das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) und relevante Personalentscheidungen eingebunden sein.

Für Betriebsräte und SBV stärkt das Urteil ihre Verhandlungsposition. Sie können nun mit dem konkreten rechtlichen Risiko argumentieren, wenn ein Arbeitgeber die Bestellung verzögert oder verweigert.

Trend zu strengerer Verfahrenskontrolle

Rechtsexperten sehen in dem Urteil einen klaren Trend: Verfahrensfehler im Schwerbehindertenrecht werden zunehmend als substanzielle Beweise für eine diskriminierende Haltung gewertet. Für 2026 prognostiziert der dbb einen Anstieg entsprechender Klagen.

Unternehmen sollten ihre Inklusionspraxis jetzt überprüfen. Wer § 181 SGB IX nachlässig behandelt, riskiert nicht nur Schadensersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), sondern auch erheblichen Reputationsschaden. Inklusion wird vom Lippenbekenntnis zur justiziablen Organisationspflicht.

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