BAG stärkt Teilzeitrechte: Diskriminierende Tarifverträge sofort unwirksam
19.11.2025 - 07:11:12Das Bundesarbeitsgericht erklärt diskriminierende Tarifklauseln für sofort unwirksam. Unternehmen müssen Teilzeitkräfte unmittelbar gleichstellen und stehen vor erheblichen Nachzahlungsrisiken.
Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechte von Teilzeitbeschäftigten mit weitreichenden Folgen gestärkt. Benachteiligende Tarifklauseln sind demnach ohne Übergangsfrist nichtig – Betroffene können sofort Gleichbehandlung mit Vollzeitkräften einfordern. Was bedeutet das Urteil für Unternehmen und Personalabteilungen?
Die Erfurter Richter haben mit ihrer Entscheidung vom 13. November klare Kante gezeigt: Wer Teilzeit- oder befristet Beschäftigte in Tarifverträgen schlechter stellt, zahlt sofort die Zeche. Keine Schonfrist, keine Nachbesserungschance – die diskriminierende Regelung wird einfach durch die günstigere Vollzeitvariante ersetzt. Diese sogenannte “Anpassung nach oben” trifft viele Arbeitgeber unerwartet hart.
Besonders pikant: Das BAG argumentiert mit europarechtlichen Vorgaben, die eine Abschreckungsfunktion entfalten sollen. Genau diese würde untergraben, wenn Tarifpartner erst noch Zeit zur Korrektur bekämen, so die Richter. Ein deutliches Signal, dass der Schutz vor Diskriminierung Vorrang vor praktischen Erwägungen hat.
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Der Fall aus Baden-Württemberg als Präzedenz
Im konkreten Fall ging es um einen Postzusteller, dessen Arbeitgeber in den Haustarifverträgen unterschiedliche Spielregeln aufgestellt hatte. Wer vorher befristet beschäftigt war, musste länger auf höhere Gruppenstufen warten als dauerhaft angestellte Kollegen. Das Gericht sah darin eine klare Diskriminierung und kippte die Regelung.
Die Folge? Der Kläger erhält nun die vorteilhafteren Stufenlaufzeiten der unbefristet Beschäftigten – rückwirkend. Für Personalabteilungen dürfte das zum finanziellen Risiko werden, wenn ähnliche Regelungen in den eigenen Tarifverträgen schlummern.
Entgeltgleichheit: Die nächste Baustelle
Doch damit nicht genug. Das BAG hat parallel die Hürden für den Nachweis geschlechtsbedingter Lohndiskriminierung massiv gesenkt. Im Urteil vom 23. Oktober stellten die Richter fest: Verdient eine Frau bei gleicher Arbeit weniger als ein männlicher Kollege, greift bereits die Vermutung einer Benachteiligung.
Die Größe der Vergleichsgruppe? Unwichtig. Die Höhe der Medianentgelte? Irrelevant. Klagende Arbeitnehmerinnen haben es plötzlich deutlich leichter – Arbeitgeber müssen nun beweisen, dass Gehaltsunterschiede auf objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien beruhen. Können sie das nicht, wird es teuer.
Was Unternehmen jetzt tun müssen
Die aktuelle Rechtsprechung lässt keinen Zweifel: Proaktives Handeln ist gefragt. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen müssen umgehend auf diskriminierende Klauseln durchforstet werden. Die früher gängige Praxis des “Abwartens und Nachbesserns” hat sich erledigt.
Besonders brisant wird es bei den Vergütungsstrukturen. Unternehmen brauchen transparente, nachvollziehbare Gehaltssysteme. Und vor allem: Dokumentation, Dokumentation, Dokumentation. Nur wer im Streitfall belegen kann, warum Person A mehr verdient als Person B, ist auf der sicheren Seite.
Weitere Baustellen am Horizont
Während das BAG in Sachen Antidiskriminierung durchgreift, bleiben andere Themen ungelöst. Die gesetzliche Arbeitszeiterfassung lässt weiter auf sich warten, obwohl das Gericht bereits 2022 eine entsprechende Pflicht festgestellt hat. Viele Betriebe hangeln sich durch die Unsicherheit.
Und dann wartet da noch die EU-Entgelttransparenzrichtlinie, die Deutschland bis Juni 2026 umsetzen muss. Sie wird die Anforderungen an Lohntransparenz nochmals verschärfen – der durch die aktuelle BAG-Rechtsprechung erkennbare Trend geht weiter.
Für Personalabteilungen bedeutet das: Das Umfeld bleibt dynamisch, die Anforderungen steigen. Wer rechtssicher agieren will, muss kontinuierlich am Ball bleiben und sich auf neue Gerichtsurteile einstellen. Die Zeit der gemütlichen Tarifpraxis ist endgültig vorbei.
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