BAG stärkt Mitbestimmung in der digitalen Arbeitswelt
27.12.2025 - 18:23:12Das Bundesarbeitsgericht stärkt Betriebsräte bei digitalen Prozessen. Urteile zu Gehaltsabrechnungen, E-Mail-Zugang und Matrix-Management definieren neue Mitbestimmungsrechte.
Das Bundesarbeitsgericht hat die Grenzen des Arbeitgeber-Direktionsrechts in der digitalen Transformation neu gezogen. Die Urteile des Jahres 2025 stärken den Einfluss von Betriebsräten bei IT-Prozessen und modernen Arbeitsstrukturen.
Digitaler Gehaltszettel: Druckrecht am Arbeitsplatz entscheidend
Ein Arbeitgeber kann nicht einseitig auf digitale Gehaltsabrechnungen umstellen, wenn Beschäftigte diese nicht am Arbeitsplatz ausdrucken können. Das entschied das BAG (Az. 9 AZR 487/24) und setzte damit klare Grenzen für die Digitalisierung von HR-Prozessen.
Die Richter betonten: Während das „Was“ – die Ausstellung der Abrechnung – eine gesetzliche Pflicht bleibt, berührt das „Wie“ der Übermittlung die Betriebsordnung. Fehlt der Zugang zu Druckern im Betrieb, greift das Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG. Unternehmen können so nicht einfach Verwaltungskosten auf private Ressourcen der Mitarbeiter abwälzen.
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„Die Entscheidung verhindert eine Schein-Modernisierung auf Kosten der Beschäftigten“, analysieren Rechtsexperten in den aktuellen Jahresrückblicken.
Kein automatischer E-Mail-Zugang für Gewerkschaften
Einen Rückschlag erlitten Gewerkschaften bei digitalen Zugangsrechten. Das BAG (Az. 1 AZR 33/24) verneinte einen Anspruch auf Herausgabe aller Mitarbeiter-E-Mail-Adressen für Verteiler.
Die digitale Infrastruktur des Unternehmens unterliegt dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Zwar müssen gewisse gewerkschaftliche Aktivitäten geduldet werden – etwa E-Mails an freiwillig bereitgestellte Adressen. Eine aktive Unterstützung durch Datenherausgabe oder Intranet-Zugänge ist jedoch nicht geschuldet.
Für Betriebsräte bedeutet dies: Bei Verhandlungen über IT-Nutzungsordnungen 2026 wird es schwerer werden, umfassende digitale Zugänge für externe Gewerkschaftsvertreter durchzusetzen. Der digitale Arbeitsraum bleibt betriebliches Hoheitsgebiet.
Matrix-Manager: Mitbestimmung im Flickenteppich
Besonders komplex wird die Lage bei Matrix-Führungskräften, die teams an verschiedenen Standorten leiten. Das BAG (Az. 7 ABR 28/24) bestätigte deren Wahlrecht in mehreren Betriebsräten bei ausreichender Integration.
Die Folge? Ein Manager kann Arbeitsanweisungen erteilen, die in unterschiedlichen Werken verschiedenen Mitbestimmungsrechten unterliegen. Eine zentrale Anordnung zur „Clean-Desk-Policy“ oder Kamera-Nutzung könnte am einen Standort gültig sein – am anderen aber unwirksam, wenn der lokale Betriebsrat nicht beteiligt wurde.
Rechtsexperten sprechen von einer „Flickenteppich-Mitbestimmung“, die Unternehmen 2026 vor erhebliche logistische Herausforderungen stellt. Präzision bei verhaltensbezogenen Anweisungen wird entscheidend.
Ordnungsverhalten: Der digitale Paradigmenwechsel
Der rote Faden der Urteile ist die Ausweitung des Ordnungsverhaltens. In der analogen Welt regelte dies Rauchverbote oder Arbeitsbeginn. Heute umfasst es die Interaktion mit Software, den Datenempfang und die digitale Überwachung.
Indem das Gericht die Übermittlungsmethode von Gehaltsabrechnungen und Matrix-Strukturen als ordnungsrelevant einstuft, sendet es ein klares Signal: Die digitale Transformation ist keine Einbahnstraße des Managements.
Für Betriebsräte eröffnen sich neue Verhandlungsspielräume. Fast jedes neue Software-Tool oder jeder digitale Prozess, der das „Wie“ der Arbeit verändert, könnte nun mitbestimmungspflichtig werden. Ein Paradigmenwechsel mit Sprengkraft.
Ausblick 2026: Verhandlungen und Harmonisierung
Die kommenden Wochen werden intensive Neuverhandlungen bringen. Viele Unternehmen müssen ihre IT-Nutzungs- und Mobilarbeitsvereinbarungen überarbeiten, besonders bei digitalen HR-Portalen ohne Druckzugang.
Gewerkschaften werden nach dem Rückschlag bei E-Mail-Verteilern alternative digitale Zugangspunkte fordern – etwa digitale Schwarze Bretter in Tarifrunden.
Großkonzerne stehen vor der größten Herausforderung: Sie müssen die zersplitterten Mitbestimmungsrechte harmonisieren. Experten prognostizieren einen Anstieg von Gesamtbetriebsvereinbarungen, um ein einheitliches Rahmenwerk für das Direktionsrecht zu schaffen.
Die Botschaft des BAG ist klar: In der digitalen Arbeitswelt gewinnt die Mitbestimmung neue Bedeutung – und neue Grenzen werden erstritten.
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