AWS, Microsoft

AWS und Microsoft läuten Ära der autonomen KI-Agenten ein

02.12.2025 - 06:19:12

Las Vegas/Redmond — Die digitale Arbeitswelt steht vor einem fundamentalen Wandel: KI-Systeme agieren nicht mehr nur als passive Assistenten, sondern übernehmen eigenständig komplexe Arbeitsabläufe. Amazon und Microsoft haben in den vergangenen 48 Stunden eine neue Generation autonomer Systeme vorgestellt, die mit minimaler menschlicher Aufsicht mehrstufige Prozesse ausführen können.

Die Botschaft ist eindeutig: Künstliche Intelligenz redet nicht mehr nur – sie handelt.

Auf der AWS re:Invent 2025 in Las Vegas, die gestern begann, präsentierte Amazon Web Services eine Palette neuer Funktionen für “agentische KI” – Systeme, die eigenständig Entscheidungen treffen und in Unternehmensinfrastrukturen eingebettet werden.

Im Fokus der ersten Keynote stand Amazon Connect, der Cloud-basierte Kontaktcenter-Service von AWS. Die neuen Funktionen ermöglichen es KI-Agenten, eigenständig komplexe Kundenservicevorgänge über Sprache und Messaging abzuwickeln. Anders als frühere Versionen, die lediglich Anrufe weiterleiteten oder Skripte abspulten, können diese Agenten nun mehrstufige Lösungsprozesse ausführen und sich in Tempo und Tonfall natürlich an Menschen anpassen.

“Wir erleben den Übergang von Werkzeugen, die unterstützen, zu Werkzeugen, die agieren”, erklärte ein AWS-Sprecher während der Eröffnungssitzungen.

Parallel dazu kündigte AWS AWS Transform an – einen Service mit agentischen KI-Fähigkeiten speziell für die Modernisierung veralteter Systeme. Das Tool kann autonom Code für Windows .NET- und Mainframe-Anwendungen analysieren und umschreiben. Das Versprechen: Die für digitale Transformationsprojekte benötigte Zeit soll um bis zu 80 Prozent sinken.

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Passend zum Thema Modernisierung mit agentischer KI: Die EU-KI-Verordnung stellt Entwickler und Anbieter seit August 2024 vor zahlreiche Pflichten – von Risikoklassifizierung bis zur Dokumentation. Wer agentische Systeme in Unternehmensprozessen einsetzt (etwa autonome Code-Migration oder Zahlungsausführung), sollte jetzt die Anforderungen kennen, um Bußgelder und Umsetzungsprobleme zu vermeiden. KI-Verordnung: Jetzt kostenlosen Umsetzungsleitfaden herunterladen

Strategische Allianzen für autonome Zahlungen

Auch strategische Partnerschaften prägten den ersten Konferenztag. Visa verkündete gestern eine Zusammenarbeit mit AWS zur Entwicklung “sicherer agentischer Zahlungssysteme”. Die veröffentlichten Open-Source-Blueprints ermöglichen es KI-Agenten, in Reise- und Einzelhandelssektoren sicher Transaktionen auszuhandeln und abzuschließen.

Fujitsu stellte eine “Multi-AI-Agenten-Kollaborationstechnologie” vor, die Lieferketten optimieren soll. Agenten verschiedener Unternehmen können damit sicher Logistik aushandeln und koordinieren – ein bedeutender Schritt für unternehmensübergreifende Automatisierung.

Microsoft attackiert den Mittelstand

Während Amazon auf Enterprise-Infrastruktur setzte, zielte Microsoft gestern gezielt auf kleine und mittlere Unternehmen. Mit Microsoft 365 Copilot Business startete ein neues Angebot, das speziell für kleinere Organisationen konzipiert wurde.

Zum Preis von 18 Euro pro Nutzer und Monat unterbietet das Angebot die bisherigen Enterprise-Preise deutlich. Zugang erhalten Unternehmen mit weniger als 300 Arbeitsplätzen – ein Segment, in dem hohe Kosten bisher die KI-Einführung bremsten.

“Das ist keine bloße Preisanpassung, sondern eine strukturelle Veränderung beim Zugang kleinerer Unternehmen zu KI auf Enterprise-Niveau”, kommentierten Branchenanalysten. Das Paket enthält die “Work IQ”-Intelligenzschicht, die KI-Antworten in spezifischen Geschäftsdaten verankert. Selbst kleinere Teams können so Agenten einsetzen, die ihren individuellen Kontext verstehen.

Für den öffentlichen Sektor gab Microsoft ebenfalls gestern bekannt: Microsoft 365 Copilot ist nun in GCC-High-Umgebungen verfügbar. Diese kritische Aktualisierung erlaubt US-Regierungsauftragnehmern und Behörden mit strengen Compliance-Anforderungen erstmals den Einsatz von Copilot-Tools – eine erhebliche Marktausweitung.

Accenture und OpenAI vertiefen Partnerschaft

Die Dynamik dieser Woche erhielt zusätzlichen Schub durch eine erweiterte Partnerschaft zwischen Accenture und OpenAI, die gestern bekannt gegeben wurde. Im Mittelpunkt steht die Integration “agentischer KI-Systeme” in Kerngeschäftsprozesse – nicht mehr als experimentelle Zusatzfunktion.

Im Rahmen der Vereinbarung stattet Accenture Zehntausende seiner Mitarbeiter mit ChatGPT Enterprise aus, um “Unternehmenstransformation” voranzutreiben. Die Partnerschaft zielt darauf ab, maßgeschneiderte Agenten für Kunden in Lieferketten, Finanzwesen und Personalwesen zu entwickeln. Ein deutliches Signal: Die Beratungsbranche verkauft zunehmend Ergebnisse, die von KI-Agenten geliefert werden – nicht mehr nur Implementierungsdienstleistungen.

Vom Assistenten zum autonomen Akteur

Was bedeuten diese Entwicklungen? Die Ankündigungen der vergangenen 72 Stunden markieren einen Phasenwechsel auf dem KI-Markt. Während 2024 und Anfang 2025 “Copiloten” im Vordergrund standen – Assistenten, die menschliche Anweisungen benötigen –, rücken nun “Agenten” in den Fokus: Systeme, denen ein übergeordnetes Ziel vorgegeben wird (etwa “modernisiere diesen Legacy-Code” oder “gleiche diese Lieferkettenlogistik ab”) und die dann die notwendigen Schritte eigenständig ausführen.

“Der Unterschied zwischen einem Tool, das eine E-Mail schreibt, und einem Tool, das einen Zahlungsworkflow managt, ist fundamental”, sagt die Analystin für digitale Produktivität, Sarah Jenkins. “Was wir diese Woche auf der re:Invent und von Microsoft sehen, ist die Infrastruktur für Letzteres.”

Ausblick: Der Kampf um die Vormachtstellung

Da die AWS re:Invent noch bis zum 5. Dezember läuft, erwartet die Branche weitere Ankündigungen zu Amazon Q und potenziell neuen Foundation-Modellen. Alle Augen richten sich auch auf Salesforce, das morgen seine Quartalszahlen vorlegt. Analysten erwarten Updates zur Akzeptanz der eigenen “Agentforce”-Plattform – ein direkter Vergleich zu den agentischen Fähigkeiten von AWS und Microsoft.

Nach dem Launch von Zooms AI Companion 3.0 im November und der rasanten Weiterentwicklung von Slacks KI-Funktionen ist der digitale Arbeitsplatz Ende 2025 zum Schlachtfeld autonomer Agenten geworden. Jeder kämpft darum, das primäre Betriebssystem der modernen Arbeitswelt zu werden.

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PS: Sicherheit und Compliance gehen bei autonomen Agenten Hand in Hand. Viele Unternehmen unterschätzen Cyber- und Compliance-Risiken, wenn KI eigenständig Zahlungen aushandelt oder Systemänderungen vornimmt. Dieser kostenlose Cyber-Security-Guide zeigt praxisnahe Schutzmaßnahmen, die IT-Verantwortliche sofort umsetzen können – ohne große Budgets. Cyber-Security-Guide gratis herunterladen

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