AVR, Caritas

AVR Caritas 2027: Betriebsräte starten in entscheidende Umsetzungsphase

31.12.2025 - 00:13:12

Der neue kirchliche Tarifvertrag tritt 2027 in Kraft und erfordert von Mitarbeitervertretungen umfangreiche Vorbereitungen für freiwillige Übertritte und strenge Auskunftspflichten.

Der Countdown für den neuen kirchlichen Tarifvertrag läuft. Während die AVR Caritas 2027 erst 2027 in Kraft tritt, müssen Mitarbeitervertretungen (MAV) bereits jetzt die Weichen für den komplexesten Tarifwechsel der jüngeren Geschichte stellen. Eine freiwillige Übertrittsregelung und streng getaktete Auskunftspflichten dominieren die Agenda.

Die umfassende Schulungsphase für Personalabteilungen und MAV-Mitglieder hat im Dezember 2025 begonnen. Sie bereitet auf den massiven „Überleitung auf Antrag“-Prozess vor, der das Kernstück der Reform bildet. Im Gegensatz zu früheren Tarifänderungen müssen bestimmte Beschäftigtengruppen aktiv einen Antrag stellen, um in das neue System zu wechseln. Diese Entscheidung können sie bis 2036 treffen.

„Der theoretische Rahmen steht“, heißt es von Seiten der Caritas-Arbeitgeber. „Jetzt geht es um die praktische Handhabung tausender Einzelfälle.“ Für die MAVs bedeutet das: Sie müssen sich in Rekordzeit in die neue Entgeltordnung (EGO) einarbeiten, die stark am öffentlichen Dienst (TVöD) orientiert ist.

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Auskunftspflichten: Bindinge Informationen erst ab Juni 2026

Ein zentraler Streitpunkt war der Zeitpunkt, zu dem Arbeitnehmer eine verbindliche Auskunft über ihre künftige Eingruppierung verlangen können. Die Arbeitskommission der Mitarbeiterseite (ak.mas) hat dies nun präzisiert.

Die verbindliche Auskunft kann frühestens ab dem 1. Juni 2026 beim Arbeitgeber beantragt werden. Diese Frist soll Personalabteilungen Zeit geben, ihre Systeme anzupassen. Stellt ein Mitarbeiter danach einen Antrag, muss der Arbeitgeber verbindlich mitteilen, in welche Entgeltgruppe und Stufe er nach einem Wechsel eingruppiert würde.

Doch Vorsicht: Diese rein informative Auskunft unterliegt noch nicht der Mitbestimmung der MAV. „Die Information schafft Transparenz, begründet aber noch keinen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand“, stellt die ak.mas klar. Der Mitarbeiter ist auch nicht verpflichtet, nach Erhalt der Information einen Übertrittsantrag zu stellen.

Rechtsexperten raten MAVs dennoch zur Wachsamkeit. Zwar ist die Auskunftserteilung an sich nicht mitbestimmungspflichtig, aber die zugrundeliegenden Berechnungsgrundsätze. Wenden Arbeitgeber die neuen Regeln in ihren Vorab-Informationen systematisch falsch an, könnte das Mitarbeiter vom Wechsel abschrecken. MAVs sollten die Schulungsphase nutzen, um die Eingruppierungsmerkmale detailliert zu verstehen.

Volle Mitbestimmung beim eigentlichen Übertritt

Anders sieht es beim tatsächlichen Übertrittsantrag ab 2027 aus. Hier greifen die vollen Mitbestimmungsrechte nach der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO).

Die ak.mas bestätigt: Das Ergebnis eines Übertritts auf Antrag ist stets eine Eingruppierung oder Umgruppierung. Sobald ein Mitarbeiter seinen Antrag stellt, muss der Arbeitgeber die geplante Neueinstufung der MAV zur Zustimmung vorlegen.

Die MAV hat dabei eine zentrale Kontrollfunktion. Sie muss prüfen:
* Wurde die korrekte Zeile der Zuordnungstabelle angewendet?
* Stimmt die Berechnung der Stufe, insbesondere bei der Anrechnung von Dienstzeiten?
* Werden Besitzstandsregelungen für wegfallende Zulagen korrekt angewendet?

Selbst wenn der Übertritt für manche Gruppen einem „Tarifautomatismus“ folgt, unterliegt die korrekte Anwendung dieses Automatismus der Aufsicht der MAV. Ihre Rolle ist die „Mitbeurteilung der Rechtslage“.

Zwei-Klassen-System: Freiwilliger Wechsel versus Automatismus

Die Reform spaltet die Belegschaften strukturell in zwei Gruppen, was MAVs langfristig beschäftigen wird.

Die „Antrags“-Gruppe umfasst die Anlagen 2, 2d und 2e. Für sie ist der Wechsel in die neue, TVöD-ähnliche Entgeltordnung freiwillig. Stellen sie bis zum 1. Januar 2036 keinen Antrag, verbleiben sie auf Dauer im alten System. Dies könnte langfristig zu einem Zwei-Klassen-System innerhalb eines Hauses führen, das die MAV auf Gleichbehandlungsfragen hin beobachten muss.

Die „Automatische“ Gruppe betrifft die Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich (ehemals Anlagen 31-33). Sie werden kraft Tarifrechts automatisch zum 1. Januar 2027 übergeleitet. Die inhaltlichen Regelungen ändern sich kaum, nur ihre systematische Stellung im Vertrag. Hier muss die MAV wachsam sein, dass bei diesem automatischen Transfer keine Zulagen verloren gehen oder Dienstzeiten falsch übertragen werden.

Der Fahrplan bis 2027

Das Jahr 2026 ist straff getaktet. Auf die aktuelle Schulungsphase folgen:
* 1. Halbjahr 2026: Anpassung der Gehaltssoftware und interner Personalprozesse in den Einrichtungen.
* Ab 1. Juni 2026: Mitarbeiter können verbindliche Eingruppierungsauskünfte beantragen.
* Spätjahr 2026: Erwartet werden intensive Kommunikationskampagnen der Arbeitgeber zum Übertritt.
* 1. Januar 2027: Inkrafttreten der AVR Caritas 2027.

Für die Mitarbeitervertretungen liegt die Priorität in den letzten Tagen des Jahres 2025 auf der eigenen Qualifikation. Die Komplexität, zwei parallele Tarifsysteme über ein Jahrzehnt zu verwalten, übertrifft alle bisherigen Anforderungen. Mit den laufenden Schulungen beginnt der Countdown, in dem sich MAVs von Beobachtern zu kompetenten Beratern ihrer Kollegen wandeln müssen.

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