ATLAS, Deutschlands

ATLAS 10.2: Deutschlands Zoll-Digitalisierung verschoben

14.11.2025 - 18:01:12

Die deutsche Zollverwaltung verschiebt die Einführung ihres neuen IT-Systems ATLAS 10.2 um über drei Monate. Statt am 15. November 2025 startet der Echtbetrieb nun erst am 28. Februar 2026 – eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen für tausende Importeure, Spediteure und Softwarehäuser.

Die Generalzolldirektion begründet die Verzögerung mit hohen technischen Anforderungen und der Notwendigkeit weiterer Stabilitätstests. Für morgen, Samstag, ist lediglich ein Wartungsfenster für das bestehende System angesetzt. Die zusätzliche Zeit soll Unternehmen bessere Vorbereitung ermöglichen – wirft aber auch Fragen nach der Komplexität europäischer Digitalisierungsprojekte auf.

Das Herzstück des neuen Releases ist die Zentrale Zollabwicklung in Einfuhrverfahren (Centralised Clearance for Import, CCI). Das Verfahren soll Unternehmen künftig erlauben, Zollanmeldungen gebündelt bei einer einzigen Zollstelle für Waren abzugeben – unabhängig davon, wo diese tatsächlich in Deutschland oder der EU gestellt werden.

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Ebenfalls betroffen: das neue Garantie-Management-System (GUM) für Zollsicherheiten im Versandverfahren. Dessen Funktionalitäten sind eng mit ATLAS 10.2 verzahnt und müssen nun ebenfalls drei Monate länger auf ihren Einsatz warten. Die bisherige Version ATLAS 10.1.2 läuft damit deutlich länger als ursprünglich vorgesehen.

Bereits die zweite Verschiebung in kurzer Zeit

Diese Entwicklung steht nicht isoliert. Bereits im Oktober setzte die Zollverwaltung neue Funktionalitäten an der Schnittstelle zwischen ATLAS-Versand und ATLAS-Ausfuhr aus. Grund waren Rückmeldungen von Softwarehäusern und Anwendern, die mehr Testzeit forderten.

Die aktuelle, weitaus größere Verschiebung scheint eine logische Konsequenz: Stabilität und Funktionssicherheit haben absolute Priorität. Störungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr würden Lieferketten gefährden – ein Risiko, das niemand eingehen möchte.

Zwischen Erleichterung und Mehraufwand

Für die betroffenen Unternehmen ist die Nachricht ein zweischneidiges Schwert. Softwarehersteller müssen ihre Entwicklungs-Roadmaps überarbeiten und den Support für ältere Systeme verlängern. Logistikunternehmen und Zollagenten, die bereits Mitarbeiterschulungen terminiert hatten, stehen vor Neuplanungen.

Andererseits: Die gewonnene Zeit ermöglicht gründlichere Vorbereitung. IT-Abteilungen können intensiver testen, Prozesse feinjustieren und Mitarbeiter umfassender schulen. Was zunächst nach Verzögerung aussieht, könnte sich als Qualitätssicherung erweisen.

Parallel-Entwicklungen in Steuern und Nachbarländern

Unabhängig von ATLAS gibt es weitere regulatorische Neuerungen. Das Bundesfinanzministerium kündigte am 13. November 2025 an, dass die Finanzverwaltung eine Reihe neuer Urteile des Bundesfinanzhofs allgemein anwenden wird. Die Entscheidungen werden in Kürze im Bundessteuerblatt veröffentlicht und erlangen dann Bindungswirkung.

In Österreich herrscht unterdessen mehr Dynamik: Das Finanzministerium in Wien veröffentlichte bereits neue Zollwertkurse mit Gültigkeit zum 1. November 2025. Diese Umrechnungskurse sind entscheidend für die korrekte Berechnung von Einfuhrabgaben bei Fremdwährungsfakturen – und müssen von österreichischen Importeuren sofort angewendet werden.

Die nächsten Schritte bis Februar 2026

Mit dem 28. Februar 2026 steht nun ein fester Termin. Die Zollverwaltung hat bereits Wartungsfenster für die Zeit nach dem Go-Live angekündigt – das erste für den 25. April 2026. Die Planungen laufen also auf Hochtouren.

Für Import- und Exportfirmen heißt es jetzt: Die drei zusätzlichen Monate konsequent nutzen. Enge Abstimmung mit Softwareanbietern, intensive Testphasen und umfassende Mitarbeiterschulungen sollten ganz oben auf der Agenda stehen. Wer die Zeit verstreichen lässt, riskiert im Februar 2026 böse Überraschungen.

Die Verschiebung sendet eine klare Botschaft: Die digitale Transformation des europäischen Zollwesens ist ein Marathon, kein Sprint. Gründlichkeit schlägt Geschwindigkeit – besonders wenn globale Lieferketten auf dem Spiel stehen. Alle Beteiligten sind gut beraten, die offiziellen Verlautbarungen der Zollbehörden weiterhin aufmerksam zu verfolgen.

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