Arthrose: Bewegung schlägt Schonung – Neue Winterstrategie

Die Wartezimmer füllen sich, die Kälte verstärkt den Schmerz. Doch die medizinische Antwort auf Arthrose hat sich 2025 radikal gewandelt: Ruhe ist Gift, Bewegung die neue Medizin.

November ist traditionell Hochsaison für Gelenkschmerzen. Doch wer jetzt zum Orthopäden geht, erlebt eine Kehrtwende. Die Botschaft ist eindeutig: Schonhaltung verschlimmert die Arthrose – aktive Bewegung heilt.

Grundlage dafür sind die aktualisierten S3-Leitlinien zur Kniearthrose und bahnbrechende Studienergebnisse zu GLP-1-Medikamenten, die auch Gewichtsreduktion neu als Schmerztherapie etablieren.

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Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie hat die Behandlungsstandards komplett überarbeitet. Passive Maßnahmen wie Massagen oder Wärme gelten nicht mehr als Therapie, sondern nur noch als Ergänzung.

Die neue Kernempfehlung: Bewegungstherapie ist Pflicht, nicht Option. Patienten müssen aktiv mitarbeiten.

Die Begründung ist simpel: Belastung nutzt Knorpel nicht ab, sondern ernährt ihn. Bei Aktivitäten wie Radfahren oder Krafttraining pumpt wechselnder Druck Nährstoffe in die Knorpelmatrix. Wer sich schont, hungert seine Gelenke buchstäblich aus.

„Die Evidenz ist erdrückend”, so Experten der DGOU. Ohne Bewegung verschlechtert sich der Zustand zwangsläufig. Der Teufelskreis aus Schonung, Muskelabbau und Instabilität verstärkt die Schmerzen.

GLP-1-Medikamente: Der Überraschungserfolg

Parallel zur Bewegungstherapie sorgt eine Medikamentenklasse für Aufsehen, die eigentlich aus der Diabetesbehandlung stammt. Die STEP-9-Studie im New England Journal of Medicine zeigte spektakuläre Ergebnisse.

Die Fakten: Patienten mit Kniearthrose und Übergewicht verloren unter Semaglutid (Wegovy/Ozempic) durchschnittlich 13,7 Prozent Körpergewicht. Überraschend: Die Knieschmerzen sanken deutlich stärker, als es der reine Gewichtsverlust erklären würde.

Die Erkenntnis dahinter verändert das Verständnis von Arthrose grundlegend: Es ist keine reine Verschleißerkrankung, sondern eine entzündliche Ganzkörpererkrankung. Fettgewebe produziert Botenstoffe, die den Knorpelabbau beschleunigen.

GLP-1-Medikamente wirken zweifach: Sie reduzieren das entzündungsfördernde Bauchfett und hemmen direkt Entzündungsprozesse. Gewichtsabnahme ist damit zur evidenzbasierten Schmerztherapie ersten Ranges geworden.

Winter-Taktik: Gelenke richtig aufwärmen

Kälte verstärkt Gelenkschmerzen – auch wenn der direkte wissenschaftliche Beweis fehlt, ist das Empfinden real. Die Synovialflüssigkeit wird bei niedrigen Temperaturen zähflüssiger, Gelenke brauchen länger zum „Anlaufen”.

Experten empfehlen für den Winter:

• Indoor-Cycling: Ergometertraining bewegt Gelenke ohne Stoßbelastung und regt die Produktion von Gelenkflüssigkeit an
• Aquagymnastik: Auftrieb im warmen Wasser entlastet, Widerstand kräftigt die Muskulatur
• Zwiebelprinzip: Kniewärmer aus Angorawolle oder Funktionstextilien verbessern Durchblutung und senken Schmerzempfinden

Der kritische Fehler: Wer wegen Kälteschmerzen inaktiv wird, gerät in den Teufelskreis aus Muskelabbau und verstärkten Beschwerden.

Systemwandel: Operation rückt in die Ferne

Die Verschiebung zu konservativen Methoden verändert das Gesundheitssystem massiv. Deutschland implantiert jährlich rund 190.000 Knieprothesen – internationale Spitze. Die neuen Leitlinien zielen darauf ab, diesen Eingriff hinauszuzögern.

Krankenkassen reagieren bereits: Programme für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), die physiotherapeutische Übungen per App anleiten, werden verstärkt erstattet. Sie schließen die Lücke zwischen Arztbesuchen und sorgen für tägliche Bewegungsroutinen.

Für Prothesenhersteller bedeutet das Stagnation, während der Markt für rehabilitative Technologien boomt.

Die personalisierte Zukunft

Die Einheitstherapie ist Geschichte. Die Zukunft liegt in der Phänotypisierung:

• Metabolischer Typ: Profitiert von Gewichtsreduktion und entzündungshemmender Ernährung
• Traumatischer Typ: Benötigt nach Verletzungen spezifisches neuromuskuläres Training
• Altersbedingter Typ: Braucht Kombination aus Mobilitätserhalt und Schmerzmanagement

Doch die Grundformel bleibt einfach: Die wirksamste Therapie gegen Gelenkschmerzen ist Bewegung. Nebenwirkungsfrei, kostenlos und – wie die neuesten Daten bestätigen – hochwirksam.

Wer heute seine Gelenke schont, schadet ihnen. Wer sie trainiert, gibt ihnen die beste Medizin.

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