Arbeitszeitgesetz-Reform, Droht

Arbeitszeitgesetz-Reform: Droht die Rückkehr zur 12-Stunden-Schicht?

24.11.2025 - 02:09:12

Die Bundesregierung will Ernst machen: Deutschlands strikte Arbeitszeitregeln stehen vor dem größten Umbau seit Jahrzehnten. Doch was der Merz-Administration (CDU/SPD) als Modernisierung gilt, löst bei Gewerkschaften Alarmstimmung aus. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt vor Gesundheitsrisiken für Millionen Beschäftigte – und droht mit Blockade.

Nach parlamentarischen Dokumenten vom 22. November plant die Koalition den Abschied vom Achtstundentag. Statt täglicher Obergrenzen soll künftig nur noch die Wochenarbeitszeit begrenzt werden. Die Folge? Theoretisch wären bis zu 12 Stunden und 15 Minuten an einzelnen Tagen möglich – solange im Halbjahresschnitt 48 Wochenstunden nicht überschritten werden.

Die Union und SPD argumentieren mit der Realität der digitalisierten Arbeitswelt. Das geltende Arbeitszeitgesetz stamme aus einer anderen Ära und hemme Unternehmen im Fachkräftemangel. „Der Achtstundentag ist ein Fossil”, heißt es aus dem Wirtschaftsflügel der CDU.

Das Ziel: Deutschland soll endlich vollständig mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie harmonieren. Neue Arbeitsmodelle wie die Vier-Tage-Woche mit längeren Schichten würden ohne bürokratische Hürden möglich. Doch ist das wirklich die Lösung – oder öffnet es Missbrauch Tür und Tor?

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DGB zieht rote Linie: „Schutzgesetz, kein Verhandlungsgegenstand”

Yasmin Fahimi, Vorsitzende des DGB, findet deutliche Worte: „Das Arbeitszeitgesetz ist ein Schutzgesetz, kein Verhandlungsgegenstand für politische Deals.” Die Gewerkschaften sehen in der Reform keinen Gewinn für die Work-Life-Balance, sondern eine Ausweitung des Direktionsrechts der Arbeitgeber.

Besonders brisant: In körperlich belastenden Branchen wie Logistik oder Pflege könnten 12-Stunden-Schichten zum Normalfall werden. „Wir riskieren, dass 13-Stunden-Schichten zum Standard werden, wenn nur noch die elfstündige Ruhezeit geschützt ist”, warnt Fahimi. Die Gefahr liegt auf der Hand – Arbeitgeber maximieren die tägliche Leistung auf Kosten der Erholungszeit.

Die Gewerkschaften drohen bereits mit Widerstand: Sollte das Prinzip des Achtstundentages fallen, werde man die Reform blockieren. Für den DGB ist dieser eine historische Errungenschaft der Arbeiterbewegung – nicht verhandelbar.

Arbeitgeber fordern „Vertrauen statt Mikromanagement”

Ganz anders klingt es bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Präsident Rainer Dulger begrüßt die Initiative ausdrücklich. Das „Mikromanagement” täglicher Stunden sei überholt, argumentieren die Arbeitgeber. Es gehe nicht darum, das Arbeitsvolumen zu erhöhen, sondern es intelligenter zu verteilen.

„Wir brauchen ein modernes Arbeitszeitgesetz, das die Realität des 21. Jahrhunderts abbildet”, fordert die BDA. Besonders die Vertrauensarbeitszeit sehen Unternehmen durch strikte Erfassungspflichten bedroht. Die elektronische Zeiterfassung – seit einem EuGH-Urteil von 2019 und einem BAG-Beschluss von 2022 Pflicht – sei kaum mit echten Vertrauensmodellen vereinbar.

Für die Wirtschaft steht viel auf dem Spiel: In einer schwächelnden Konjunktur brauche man Flexibilität bei der Stundenverteilung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch wie soll das funktionieren, wenn gleichzeitig jede Arbeitsstunde erfasst werden muss?

Hängepartie bis Weihnachten?

Die kommenden Wochen werden entscheidend. Der Stand vom 22. November deutet darauf hin, dass die Regierung das Gesetz noch vor der parlamentarischen Winterpause durchbringen will. Doch der Zeitplan ist ambitioniert – und die SPD-Linke zeigt sich zunehmend unwohl mit dem Ausmaß der Deregulierung.

Beobachter rechnen mit einem Kompromiss: Strengere Schutzmaßnahmen für bestimmte Branchen oder verpflichtende Ausgleichsmechanismen für Tage über zehn Stunden könnten das Zünglein an der Waage sein. Bis dahin bleibt die Höchstarbeitszeit das explosivste Thema deutscher Arbeitsmarktpolitik.

Die Frage lautet: Gewinnt die wirtschaftliche Agilität – oder das Grundrecht auf Erholung? Der Winter wird zeigen, wer sich durchsetzt.

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