Arbeitszeitgesetz, Digitale

Arbeitszeitgesetz: Digitale Erfassung ohne Tageshöchstgrenze?

26.11.2025 - 23:52:12

Die Regierung plant die Abschaffung der täglichen Höchstarbeitszeit zugunsten einer wöchentlichen Regelung. Gewerkschaften und Ärzteverbände warnen vor Gesundheitsrisiken durch mögliche 12-Stunden-Schichten.

Berlin – Die Reform des Arbeitszeitgesetzes nimmt Fahrt auf – doch statt Klarheit herrscht Streit. Während die schwarz-rote Koalition auf wöchentliche statt täglicher Höchstarbeitszeiten setzt, warnen Gewerkschaften vor Gesundheitsrisiken. Steht der Achtstundentag vor dem Aus?

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) gerät zunehmend unter Druck. Ihr Versprechen, dass die digitale Zeiterfassung den Gesundheitsschutz nicht aushöhle, überzeugt weder Gewerkschaften noch Teile der Opposition. Der Knackpunkt: Die Regierung will die starre Acht-Stunden-Grenze pro Tag durch eine flexible Wochenarbeitszeit ersetzen. Was nach mehr Freiheit klingt, könnte laut Kritikern den Weg für 12- oder 13-Stunden-Schichten ebnen.

Wochenmodell statt Tagesgrenze – wirtschaftlich oder riskant?

Das Herzstück der Reform liegt im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD verankert: Weg vom starren Achtstundentag, hin zur wöchentlichen Maximalarbeitszeit. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) begründet den Vorstoß mit „moderner wirtschaftlicher Effizienz”. Unternehmen sollen ihre Beschäftigten flexibler einsetzen können – längere Schichten an einzelnen Tagen, dafür freie Tage als Ausgleich.

Doch was bedeutet das konkret für Arbeitnehmer? Gewerkschaften befürchten eine „Kultur der grenzenlosen Verfügbarkeit”. Die digitale Zeiterfassung, seit dem Bundesarbeitsgerichts-Urteil von 2022 ohnehin Pflicht, könnte zum Einfallstor werden: Was elektronisch dokumentiert wird, gilt als rechtmäßig – selbst wenn es 13 Stunden am Stück sind.

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Ärzteverbände schlagen Alarm

Besonders scharf reagiert der Marburger Bund, die Standesvertretung der Ärztinnen und Ärzte. Vorsitzende Dr. Susanne Johna warnt eindringlich: „Wer die Tageshöchstarbeitszeit abschafft, hebelt eine zentrale Säule des Arbeitsschutzes aus.” Digitale Systeme dürften nicht zu Überwachungsinstrumenten oder Burnout-Beschleunigern werden.

Die Sorge ist berechtigt: Was bisher in rechtlicher Grauzone lag oder schlicht verboten war, könnte künftig durch Zeiterfassungssysteme legitimiert werden. Zwölf-Stunden-Dienste würden nicht mehr als Ausnahme, sondern als dokumentierte Normalität erscheinen. Kein Wunder also, dass die Reaktionen heftig ausfallen.

Auch Lehrkräfte müssen künftig digital stempeln

Ein weiterer Konfliktpunkt betrifft den öffentlichen Dienst. Im August stellte das Bundesarbeitsministerium (BMAS) unmissverständlich klar: Die Zeiterfassungspflicht gilt auch für Lehrerinnen und Lehrer. „Das ‘Ob’ der Pflicht ist bereits geklärt”, heißt es in einem Schreiben an Bildungsexperten. Der Gesetzgeber konzentriere sich nur noch auf das „Wie”.

Für viele Bundesländer kommt diese Ansage überraschend. Bislang hatten Kultusministerien das Thema gerne ausgeklammert – zu komplex, zu sensibel. Nun sind sie gezwungen, digitale Erfassungssysteme für Schulen aufzubauen. Die Umsetzung dürfte spannend werden, zumal das Vertrauensarbeitszeitmodell vieler Lehrkräfte auf den Prüfstand kommt.

Merz’ Effizienzoffensive: 40 Stunden, vier bis sechs Tage

Bundeskanzler Merz treibt die Reform im Rahmen seiner wirtschaftspolitischen Agenda voran. Seit seinem Amtsantritt im Mai 2025 wirbt er für eine „Kultur des Vertrauens” und mehr Effizienz. Seine Botschaft: Deutschland müsse „mehr und vor allem effizienter arbeiten”, um Wohlstand zu sichern.

Merz’ Konzept sieht eine Standard-40-Stunden-Woche vor, die auf vier bis sechs Tage verteilt werden kann – je nach betrieblichen Erfordernissen. Vertrauen sei gut, Kontrolle durch digitale Systeme aber nötig: Diese sollen garantieren, dass die Gesamtstundenzahl stimmt, auch wenn einzelne Tage deutlich länger ausfallen.

Was kommt jetzt? Gesetzgebung unter Zeitdruck

Noch in diesem Jahr will die Regierung den Gesetzentwurf finalisieren. Die zentrale Herausforderung: Die strikte Dokumentationspflicht nach EuGH- und BAG-Rechtsprechung mit der gewünschten Flexibilität in Einklang bringen.

Branchenexperten rechnen damit, dass die elektronische Erfassung für alle Sektoren verpflichtend wird – mit Übergangsfristen für kleinere Betriebe. Der Kampf um die Tagesgrenze aber wird weitergehen: SPD-Linke und Gewerkschaften drängen auf Schutzklauseln, damit aus der 48-Stunden-Woche nicht einfach vier Zwölf-Stunden-Tage werden.

Für Unternehmen ist die Botschaft klar: Digitale Zeiterfassung ist keine Option mehr, sondern Pflicht. Der rechtliche Rahmen steht – jetzt wird über die Grenzen gestritten.

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