Alzheimer-Mittel, Leqembi

Alzheimer-Mittel Leqembi: IQWiG verweigert Zusatznutzen

09.12.2025 - 07:40:11

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen stuft den Alzheimer-Antikörper Lecanemab als nicht besser ein als bestehende Therapien. Die seit September in Deutschland verfügbare Behandlung könnte damit vor dem Aus stehen – trotz EU-Zulassung und klinischer Erfolge in internationalen Studien.

Ein ernüchternder Dämpfer für Patienten, Angehörige und Hersteller: Das IQWiG sieht in seiner Anfang Dezember veröffentlichten Bewertung keinen Zusatznutzen für Leqembi (Lecanemab) gegenüber gängigen Alzheimer-Therapien. Das Kölner Institut bemängelt fehlende Daten und methodische Schwächen im Herstellerdossier von Eisai und Biogen.

Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben. Ohne Zusatznutzen drohen massive Preisabschläge in den Verhandlungen mit Krankenkassen – oder sogar ein kompletter Marktrückzug des ersten Antikörpers, der direkt in die Krankheitsmechanismen von Alzheimer eingreift.

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Das zentrale Problem: Die internationalen Studiendaten lassen sich nicht auf die deutsche Versorgungsrealität übertragen. Das IQWiG untersuchte zwei Patientengruppen – Menschen mit leichter kognitiver Störung (MCI) und solche mit leichter Alzheimer-Demenz.

Für MCI-Patienten gilt hierzulande „beobachtendes Abwarten” als Standard, für leichte Demenz die Behandlung mit Acetylcholinesterase-Hemmern wie Donepezil. Die Hersteller lieferten zwar Daten aus der großen Zulassungsstudie CLARITY AD, doch diese lassen sich nicht eins zu eins übertragen.

„Die positiven Effekte von Lecanemab gehen vor allem auf Patienten zurück, die eben nicht nach deutschem Therapiestandard behandelt wurden”, erklärt Daniela Preukschat, Bereichsleiterin im IQWiG. In den für Deutschland relevanten Auswertungen zeige sich kein statistisch signifikanter Vorteil.

Sicherheitsdaten lückenhaft

Noch schwerer wiegt ein zweiter Kritikpunkt: Das Dossier enthält keine ausreichenden Informationen zu den Sicherheitsrisiken. Lecanemab kann sogenannte ARIA-Ereignisse auslösen – Hirnschwellungen oder -blutungen, die potenziell gefährlich sind.

„Die Daten lassen einige Fragen offen, da weitere relevante Informationen im Dossier fehlten”, so Preukschat. Ohne vollständige Sicherheitsdaten sei eine Abwägung von Nutzen und Schaden unmöglich gewesen. Das Fazit fällt methodisch zwingend aus: Zusatznutzen nicht belegt.

Kliniker kritisieren strikte Methodik

Die Bewertung sorgt in der Fachwelt für Kontroversen. Prof. Jörg Schulz von der Uniklinik RWTH Aachen bemängelt das statistische Verfahren des IQWiG, das von der EU-Zulassungsstudie abweiche und die positiven Effekte „verschwinden” lasse.

Für viele Mediziner ist die formale Ablehung schwer nachvollziehbar. Lecanemab gilt als erster echter Fortschritt seit Jahrzehnten – der Wirkstoff kann den kognitiven Abbau laut Studien um 27 Prozent verlangsamen. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft hatte die Zulassung im Frühjahr prinzipiell begrüßt, trotz enormer infrastruktureller Herausforderungen.

Was das Urteil für den Markt bedeutet

Die IQWiG-Bewertung ist noch kein endgültiges Urteil, aber die wichtigste Entscheidungsgrundlage für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Der muss innerhalb von drei Monaten den finalen Beschluss fassen.

Die möglichen Folgen:

  • Preisverfall: Bestätigt der G-BA „kein Zusatznutzen”, darf der Preis kaum über dem der generischen Standardtherapie liegen. Die jährlichen Therapiekosten liegen international im fünfstelligen Bereich – ein Verkauf zum Preis von günstigen Alzheimer-Tabletten wäre wirtschaftlich nicht darstellbar.

  • Marktrückzug: Pharmahersteller haben in der Vergangenheit Produkte ohne Zusatznutzen-Nachweis vom deutschen Markt genommen. Dieses Szenario wird nun auch für Leqembi zur realen Gefahr.

  • Präzedenzfall: Ein weiterer Anti-Amyloid-Antikörper, Donanemab von Eli Lilly, befindet sich in der Entwicklung. Das strikte IQWiG-Vorgehen sendet ein klares Signal für kommende Dossier-Einreichungen.

Entscheidung fällt im Frühjahr 2026

Bis zum Frühjahr 2026 entscheidet der G-BA unter Berücksichtigung der IQWiG-Empfehlung und der Stellungnahmen von Fachgesellschaften und Herstellern. Eisai und Biogen haben angekündigt, die Bewertung nicht unwidersprochen hinzunehmen.

Im anstehenden Stellungnahmeverfahren dürften die Hersteller versuchen, Datenlücken durch Nachreichungen oder neue Analysen zu schließen. Ob das ausreicht, ist fraglich. Das IQWiG hat in der Vergangenheit selten von seiner methodischen Strenge abgewichen.

Für die rund 1,8 Millionen Demenzkranken in Deutschland bedeutet dies vorerst Unsicherheit. Das Medikament bleibt zwar zugelassen und verschreibungsfähig, doch ob es langfristig eine Kassenleistung bleibt und auf dem Markt verfügbar ist, hängt an den kommenden Preisverhandlungen. Kein Wunder also, dass die Reaktionen in der Fachwelt heftig ausfallen.

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