Alzheimer-Bluttest, Nierenfunktion

Alzheimer-Bluttest: Nierenfunktion verfälscht Ergebnisse massiv

08.12.2025 - 08:01:12

Forschungsergebnisse zeigen, dass eingeschränkte Nierenfunktion Alzheimer-Biomarker im Blut künstlich erhöht und damit zu falschen Diagnosen führen kann. Experten fordern kombinierte Tests.

Bluttests erkennen Alzheimer Jahre vor ersten Symptomen – doch eine neue Studie zeigt: Ohne Prüfung der Nierenwerte drohen Fehldiagnosen. Die am Donnerstag veröffentlichte Untersuchung zwingt Mediziner zum Umdenken.

Die Vision schien bereits Realität: Eine einfache Blutabnahme beim Hausarzt, die das Alzheimer-Risiko Jahre im Voraus bestimmt. Doch genau jetzt, wo die Tests in die Kliniken drängen, kommt die Ernüchterung. Eine am 5. Dezember im Fachjournal Neurology veröffentlichte Studie belegt: Begleiterkrankungen wie Nierenschwäche verfälschen die Ergebnisse dramatisch. Diese Erkenntnis definiert die Anwendung der bahnbrechenden Diagnostik völlig neu.

Kranke Nieren treiben Alzheimer-Werte künstlich hoch

Die brisanteste Nachricht der Woche stammt von der American Academy of Neurology. Forscher des Karolinska Institutet wiesen nach: Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion zeigen signifikant höhere Konzentrationen von Alzheimer-Biomarkern im Blut – selbst wenn sie klinisch keine Demenz haben.

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Das Problem liegt in der Funktionsweise der Nieren. Sie filtern Proteine wie phosphoryliertes Tau (p-tau217) und Beta-Amyloid aus dem Blut. Arbeiten sie nicht effizient, stauen sich die Marker. Ein erhöhter Wert signalisiert dann möglicherweise nur eine Nierenschwäche, keine Alzheimer-Erkrankung.

“Nierenprobleme können die Biomarker-Werte künstlich in die Höhe treiben”, erklärte Dr. Francesca Gasparini vom Karolinska Institutet. Für die Praxis bedeutet dies: Ab sofort muss jeder Alzheimer-Bluttest mit einem Nierenfunktionstest (eGFR-Wert) kombiniert werden.

Übergewicht beschleunigt Marker-Anstieg um 95 Prozent

Parallel sorgte der RSNA-Jahreskongress in Chicago für Aufsehen. Forscher des Mallinckrodt Institute präsentierten am 2. Dezember Daten von über 400 Teilnehmern: Bei Personen mit Adipositas stiegen die Alzheimer-Marker bis zu 95 Prozent schneller als bei Normalgewichtigen.

Dr. Cyrus Raji, leitender Autor der Studie, lieferte damit den ersten Nachweis, wie stark Stoffwechselprozesse die Blutwerte beeinflussen. Ein schneller Anstieg bei übergewichtigen Patienten indiziert zwar erhöhtes Risiko – spiegelt aber auch systemische Entzündungsprozesse durch viszerales Fettgewebe wider.

p-tau217 bleibt Goldstandard trotz Einschränkungen

Trotz notwendiger Kalibrierung bleibt der technologische Fortschritt unbestritten. Tests auf Basis des Biomarkers p-tau217 erreichen eine Genauigkeit von 90 bis 95 Prozent – zuvor nur durch teure PET-Scans oder Lumbalpunktionen möglich.

Unternehmen wie C2N Diagnostics und Fujirebio prägen den Markt. Die FDA erteilte im Mai dem ersten In-vitro-Diagnostikum die Zulassung. Mittels Massenspektrometrie werden winzige Konzentrationen von Amyloid-Beta 42/40 und p-tau217 im Blutplasma gemessen. Die Tests erkennen pathologische Veränderungen oft 10 bis 15 Jahre vor ersten Gedächtnislücken.

Warum diese Tests die Pharmaindustrie retten

Für neue Medikamente wie Lecanemab oder Donanemab sind die Tests überlebenswichtig. Diese Therapien entfernen Amyloid-Plaques, wirken aber nur im frühen Krankheitsstadium. Ohne einfache Screening-Methode blieben die meisten Patienten unentdeckt, bis es für die Behandlung zu spät wäre.

Neurologen warnen jedoch vor Parallelen zum PSA-Test bei Prostatakrebs: Ein wertvolles Werkzeug, das ohne Fachexpertise zu Überdiagnosen führt. Prof. Dr. Martin Kampmann von der University of California betonte am 4. Dezember: Die Gefahr von Falsch-Positiven durch Niereninsuffizienz muss minimiert werden, um Patienten nicht unnötig in Angst zu versetzen.

Was jetzt passiert

Fachgesellschaften werden voraussichtlich im ersten Quartal 2026 ihre Leitlinien aktualisieren. Ein Alzheimer-Bluttest wird dann wahrscheinlich nur noch in Kombination empfohlen:

  • Aktueller Kreatinin-Wert (Nierenfunktion)
  • BMI-Status
  • Entzündungswerte

Krankenkassen verhandeln derzeit über die Kostenübernahme. Ein breites Screening für jeden ab 50 ist aus Kostengründen unrealistisch. Der gezielte Einsatz bei ersten Gedächtnisstörungen wird jedoch Standard.

Die nächste Test-Generation wird “Multi-Omics”-Ansätze verfolgen: Sie messen gleichzeitig Alzheimer-Marker, Entzündungswerte und Nierenparameter und liefern dem Arzt direkt ein bereinigtes Risiko-Profil.

Die Botschaft für Patienten: Die Möglichkeit, Gewissheit über das eigene Alzheimer-Risiko zu erlangen, ist so zugänglich wie nie. Doch wer sich testen lässt, muss sicherstellen, dass sein Arzt nicht nur auf das Gehirn, sondern auch auf die Nieren schaut.

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