Airbus scheitert seit sieben Jahren an Microsoft-Exodus
26.11.2025 - 19:31:11Airbus gesteht nach sieben Jahren das Scheitern der kompletten Umstellung auf Google Workspace ein. Excel-Komplexität und Sicherheitsanforderungen zwingen zu teurer Doppellösung mit Microsoft.
Toulouse — Was sollte ein Befreiungsschlag werden, entwickelt sich zum Marathonlauf: Airbus wollte 2018 innerhalb von 18 Monaten komplett auf Google Workspace umsteigen. Sieben Jahre später läuft Microsoft Office noch immer auf Tausenden Rechnern des Flugzeugbauers. Die Gründe dafür offenbaren ein grundsätzliches Problem der digitalen Transformation.
Dabei klangen die Pläne so ambitioniert wie ein Erstflug: Im März 2018 verkündete der damalige Airbus-Chef Tom Enders den radikalen Wechsel von Microsoft Office zu Googles Cloud-Werkzeugen. Ziel war nicht etwa Kosteneinsparung, sondern mehr Tempo und Agilität. Die 150.000 Mitarbeiter sollten binnen anderthalb Jahren migriert sein.
Heute, im November 2025, gibt das Unternehmen erstmals offen zu: Der Plan ist gescheitert. Zwar arbeiten zwei Drittel der Belegschaft mittlerweile mit Google-Tools, doch zentrale Abteilungen hängen weiterhin an Microsoft-Software fest. Die Folge: Airbus zahlt seit Jahren für zwei überlappende Lizenzsysteme.
Passend zum Thema Microsoft vs. Google – zahlen Sie weiterhin 70–100 € pro Jahr für Microsoft 365, obwohl Sie Office oft nur online brauchen? Der kostenlose Report erklärt Schritt für Schritt, wie Sie Word, Excel & Co. legal im Browser nutzen, ohne Installation und ohne Abo-Falle. Er zeigt Anmeldung, OneDrive‑Nutzung und kollaborative Workflows, mit denen Sie Lizenzkosten senken können. Ideal für Mitarbeiter und IT‑Verantwortliche, die hybride Umgebungen betreiben. Der Leitfaden enthält praktische Checklisten, damit die IT-Abteilungen ohne Risiko umstellen können. Jetzt kostenlosen Office-Guide sichern
Excel als unüberwindbare Hürde
“Extrem ambitioniert” nennt Catherine Jestin, Digitalchefin bei Airbus, den ursprünglichen Zeitplan rückblickend. Im Interview mit Fachmedien diese Woche räumte sie ein: “Wenn ein Teil der Arbeit in Google Workspace und ein anderer in Microsoft erledigt wird, entstehen Kompatibilitätsprobleme.”
Das größte technische Hindernis trägt einen vertrauten Namen: Microsoft Excel. Für die Finanzabteilung von Airbus ist die Tabellenkalkulation keine einfache Rechenhilfe, sondern eine Datenbank-Engine. Jestin berichtet von Arbeitsblättern mit über 20 Millionen Zellen – Datenmengen, an denen Google Sheets schlichtweg kapituliert oder abstürzt.
Während Googles Browser-basierte Alternative bei der Echtzeit-Zusammenarbeit glänzt, fehlt ihr die lokale Rechenleistung für die massiven Datensätze der Luftfahrt-Finanzmodellierung. Hinzu kommen Jahrzehnte an “Schatten-IT”: Makros, VBA-Skripte und verschachtelte Arbeitsmappen, die Mitarbeiter über 20 Jahre entwickelt haben und die sich nicht einfach in Googles Apps Script übersetzen lassen.
Juristen pochen auf Änderungsverfolgung
Doch nicht nur die Buchhaltung blockiert den Umzug. Auch Rechts- und Verteidigungsabteilungen sträuben sich.
Das “Track Changes”-Problem: Für Vertrags- und Rechtsteams ist die präzise Dokumentenverfolgung unverzichtbar. Der “Vorschlagsmodus” in Google Docs reicht für das detaillierte “Redlining” bei milliardenschweren Flugzeugverträgen schlicht nicht aus. Die Formatierungs- und Änderungsverfolgungsfunktionen von Microsoft Word bleiben der Industriestandard für Juristen.
Jestin gibt sich optimistisch: “Google arbeitet daran, und nächstes Jahr sollten wir eine Version haben, die zu 100 Prozent kompatibel ist.” Ein Versprechen, das Google für 2026 abgegeben haben soll.
Die Geheimhaltungsfalle: Die womöglich unüberwindbarste Barriere ist jedoch regulatorischer Natur. Ein erheblicher Teil des Airbus-Geschäfts betrifft militärische Rüstungsverträge, die strengen Sicherheitsvorschriften unterliegen. Klassifizierte Militärdokumente dürfen oft nicht in öffentlichen Cloud-Umgebungen gespeichert werden – unabhängig von Googles Sicherheitszertifikaten.
Teams mit sensiblen Militärdaten bleiben daher zwangsläufig bei lokalen Microsoft-Installationen. Ein permanenter Hybrid-Zustand, den der ursprüngliche Plan von 2018 nicht einkalkuliert hatte.
Der Krieg der Office-Giganten
Der Fall Airbus illustriert den fundamentalen Konflikt zwischen Microsoft und Google. Google Workspace positioniert sich als agile, Cloud-native Zukunft der Arbeit. Microsoft 365 gilt als der “Schwerarbeiter” unter den Platzhirschen.
Für 80 Prozent der Nutzer – jene, die E-Mails schreiben, einfache Notizen verfassen und Präsentationen erstellen – sind Googles Werkzeuge oft überlegen. Schneller, kollaborativer, unkomplizierter.
Doch für die verbleibenden 20 Prozent der “Power-User” – Finanzanalysten, Juristen, Ingenieure – bieten Microsofts Desktop-Anwendungen eine Funktionstiefe, die Web-Apps kaum erreichen. “Unternehmen unterschätzen den ‘Excel-Burggraben'”, sagt der unabhängige IT-Analyst Hans Weber. “Es geht nicht nur ums Öffnen einer Datei. Es geht um 25 Jahre Muskelgedächtnis, Tastaturkürzel und proprietäre Plugins, die in einem Browser-Tab schlicht nicht existieren.”
Teurer Schwebezustand
Wie viel Airbus die Doppelstruktur kostet, gibt das Unternehmen nicht bekannt. Klar ist: Sieben Jahre parallele Microsoft-Enterprise-Verträge neben Google-Workspace-Abos bedeuten erhebliche ungeplante Betriebskosten.
Dennoch: Ein Rückzug zu Microsoft ist nicht geplant. Die Strategie bleibt “Google-first”, Microsoft wird zum Spezialwerkzeug für Nischenbedürfnisse degradiert statt Standardlösung zu sein.
Die Hoffnung ruht auf 2026. Laut Jestin hat Google eine Roadmap zugesagt, die speziell die Kompatibilitätsprobleme der Rechts- und Beschaffungsabteilungen lösen soll. Sollte das gelingen, könnten Tausende weitere Mitarbeiter von Microsoft befreit werden.
Doch für die Finanzschwergewichte und die Rüstungssparte wird der 2018 erträumte “saubere Schnitt” wohl niemals Realität. Stattdessen arrangiert sich Airbus mit einer pragmatischen, wenn auch kostspieligen Hybrid-Realität – in der der Traum vom einheitlichen digitalen Arbeitsplatz der praktischen Notwendigkeit weicht, Flugzeuge zu bauen und zu verkaufen.
Chronologie des Scheiterns:
* März 2018: Airbus-Chef Tom Enders verkündet Wechsel zu Google G Suite; Ziel: 18 Monate
* 2019-2020: Migration beginnt; Großteil der Mitarbeiter umgezogen
* 2021-2024: “Widerstands-Inseln” in Finanz- und Rechtsabteilungen verfestigen sich
* November 2025: Airbus bestätigt offiziell: Migration unvollständig
* 2026 (geplant): Google verspricht Updates für Dokumenten-Kompatibilität
PS: Excel-Probleme und hybride Lizenzkosten können Unternehmen teuer zu stehen kommen. Unser Gratis-Report erklärt, wie Sie Office im Web sinnvoll einsetzen, welche Funktionen browserbasiert gut funktionieren – und wo lokale Desktop-Tools weiterhin nötig sind. So treffen Sie fundierte Entscheidungen zur Mischlandschaft aus Google Workspace und Microsoft. Perfekt, um Kosten und Kompatibilitätsrisiken in Ihrer Organisation besser einzuschätzen. Gratis-Report jetzt herunterladen


