Abfindungen 2025: Warum der Fiskus erst mal zugreift
24.11.2025 - 02:00:12Wer dieses Jahr eine Abfindung kassiert hat, erlebt eine unangenehme Überraschung: Das Finanzamt behält deutlich mehr ein als gewohnt. Was ist passiert? Seit Januar 2025 dürfen Arbeitgeber die steuerliche Fünftelregelung nicht mehr direkt bei der Lohnabrechnung anwenden. Das Geld gibt’s erst zurück – nach der Steuererklärung.
Arbeitsrechtler schlagen Alarm. In einer am 23. November veröffentlichten Analyse warnen Experten vor der „Liquiditätsfalle”, in die Tausende Beschäftigte mit Abfindungen bereits getappt sind. Aus dem erhofften Sofort-Bonus wird ein langwieriger Erstattungsmarathon.
Jahrzehntelang lief es glatt: Arbeitgeber berechneten die Steuer auf Abfindungen nach der Fünftelregelung und überwiesen entsprechend mehr netto. Diese Vergünstigung nach § 34 Einkommensteuergesetz sollte verhindern, dass Einmalzahlungen Beschäftigte in astronomische Steuersätze katapultieren.
Passend zum Thema Aufhebungsverträge – eine falsche Formulierung kann Ihre Abfindung deutlich schmälern. Das kostenlose E‑Book “Musterformulierungen: Aufhebungsvertrag” erklärt praxisnah, welche Klauseln Abfindungen gefährden, liefert 19 rechtssichere Musterformulierungen und zeigt, wie Sie teure Fehler vermeiden. Ideal, wenn Sie jetzt einen Aufhebungsvertrag prüfen oder verhandeln. Kostenloses Aufhebungsvertrag‑Muster herunterladen
Seit dem 1. Januar 2025 ist damit Schluss. Der Arbeitgeber muss die Abfindung wie normales Gehalt versteuern – voll und ohne Rabatt. Die Fünftelregelung gibt es zwar noch, aber nur auf dem Papier. „Die Abfindung wird zunächst mit einem relativ hohen Steuersatz belastet”, erklärt Arbeitsrechtler Dr. Jens Usebach in seiner jüngsten Stellungnahme.
Diese Änderung stammt aus dem Wachstumschancengesetz vom März 2024. Offiziell sollte sie Unternehmen entlasten. Tatsächlich hat sie die Last komplett auf die Arbeitnehmer verlagert.
Die Liquiditätsfalle schnappt zu
Ein Rechenbeispiel verdeutlicht das Drama: Früher flossen bei einer 50.000-Euro-Abfindung dank Fünftelregelung vielleicht 32.000 Euro netto aufs Konto – sofort. Heute? Bleiben nur rund 26.000 Euro übrig. Der Rest? Verschwindet erst mal beim Finanzamt.
Der Clou: Die Steuerersparnis existiert weiterhin. Nur kommt sie frühestens 6 bis 18 Monate später – nach Abgabe und Bearbeitung der Steuererklärung. Wer zwischen zwei Jobs finanziell durchhangeln muss, gerät schnell unter Druck.
„Faktisch gewährt der Arbeitnehmer dem Staat einen zinslosen Kredit”, bringen es Steuerberater auf den Punkt. Für manche eine herbe Enttäuschung, wenn die letzte Gehaltsabrechnung deutlich magerer ausfällt als erhofft.
Steuererklärung wird zur Pflicht
Wer sein Geld wiedersehen will, muss aktiv werden. Die automatische Anwendung der Fünftelregelung durch das Finanzamt? Fehlanzeige. Stattdessen gilt jetzt:
1. Steuererklärung einreichen – ohne geht nichts. Das Finanzamt rechnet erst nach expliziter Aufforderung neu.
2. Anlage N korrekt ausfüllen – die Abfindung muss als „außerordentliche Einkünfte” deklariert werden, nicht als reguläres Gehalt.
3. Voraussetzungen prüfen – die Zusammenballung von Einkünften muss vorliegen, sonst gibt’s keine Vergünstigung.
„Die steuerliche Vergünstigung erhalten Beschäftigte rückwirkend im Rahmen der Jahresveranlagung”, heißt es in der aktuellen Expertenanalyse. Klingt einfach? Ist es nicht. Die Komplexität hat sich vom Lohnbüro in die private Steuererklärung verschoben.
Betriebsräte müssen umdenken
Für Betriebsräte bedeutet die Neuregelung einen Kulturwandel. Wer 2025 Aufhebungsverträge oder Sozialpläne verhandelt hat und noch mit alten Nettoberechnungen argumentierte, produzierte Frust. Die Kollegen erwarteten mehr Geld – und bekamen weniger.
Arbeitsrechtsexperten raten Interessenvertretern dringend:
Informationsblätter aktualisieren – veraltete Vergleichsrechnungen führen in die Irre.
Steuerberatung empfehlen – die Rückforderung ist komplizierter geworden. Professionelle Hilfe zahlt sich aus.
Erwartungen managen – transparent kommunizieren, dass die Rückzahlung Monate dauert.
Steuersaison 2026 wird spannend
Die volle Wirkung der Reform zeigt sich ab 2026, wenn die ersten Steuererklärungen für 2025 eingereicht werden. Finanzämter rechnen mit einer Welle komplizierter § 34-Anträge.
Wird die Regelung zurückgenommen? Eher unwahrscheinlich. Die Vereinfachung für Arbeitgeber passt zur Regierungsstrategie, bürokratische Lasten von Unternehmen zu nehmen. Für Beschäftigte etabliert sich ein zweistufiges System: Bruttobetrag aushandeln, Nettovorteil im Folgejahr erkämpfen.
Wer Anfang 2025 eine Abfindung erhalten hat, sollte jetzt Unterlagen zusammenstellen. Je früher die Steuererklärung 2026 beim Finanzamt liegt, desto schneller schließt sich die Liquiditätslücke. Der Fiskus hat’s nicht eilig – Sie sollten es sein.
Übrigens: Betriebsräte und Interessenvertreter, die jetzt Sozialpläne verhandeln, brauchen geprüfte Vorlagen und Punkteschemata, um faire Abfindungen durchzusetzen. Der kostenlose Leitfaden erklärt Sozialauswahl, Interessenausgleich und liefert Muster‑Punkteschemata sowie Verhandlungstipps, damit Sie die Kolleginnen und Kollegen bestmöglich schützen. Gratis‑Sozialplan‑Leitfaden anfordern


