„Die Kurse machen die Nachrichten“
24.03.2007 - 06:59:33„Die Kurse machen die Nachrichten“. Michael Mross bleibt dennoch optimistisch...
Am Rande der Anlegermesse „Invest“ sprachen wir mit N24-Börsenexperte und Buchautor Michael Mross über sein neues Buch „Evolution des Erfolgs“ und die Tendenzen an der Börse.
Instock:
Sie haben ein neues Buch herausgebracht. Geht es wieder um die Geheimnisse der Börse?
Mross:
Ja, es ist ein Buch, das jeder lesen sollte. Es ist ein Buch, daß sich mit dem Leben beschäftigt. Wer sich mit der Börse beschäftigt, der muß das Leben verstehen. Es geht in dem Buch darum, gesellschaftliche Prozesse besser zu verstehen und zu sehen, wie das Leben funktioniert. Wenn man daraus seine eigenen Ideen entwickelt, kann man auch an der Börse erfolgreich sein.
Instock:
Stichwort Börse: Was können wir von den Aktienmärkten erwarten, nachdem es zu der deutlichen Korrektur gekommen ist?
Mross:
Es sieht so aus, als wenn wir nach der Korrektur eine gewisse Beruhigung haben. Aus meiner täglichen Börsenarbeit kann ich sagen, daß die Stimmung stark nach unten gegangen ist. Die Leute haben eine sehr negative Stimmung, auch unter den Profis. Einige haben den Markt verlassen. Vielfach ist zu hören, daß der Markt eine noch tiefere Korrektur erfahren muß. Diese Einschätzung gilt nicht nur für die deutschen, sondern auch für die internationalen Börsen. Als der Dax in Richtung 7.000 Punkte unterwegs war, war das noch ganz anders. Das zeigt mir, daß ein plötzlicher Stimmungswandel durchaus wieder möglich ist. Wenn alle negativ gestimmt sind, wenn alle warnen, daß die Kurse weiter fallen, dann haben wir oft das Phänomen, daß aus heiterem Himmel eine Erholung kommt. Derzeit haben aus meiner Sicht die meisten Menschen die Flinte bereits ins Korn geworfen. Insofern glaube ich, daß wir noch einige zittrige Tage und Wochen vor uns haben. Man sollte die Hoffung für dieses Jahr keineswegs aufgeben.
Instock:
Was ist Ihre Hoffnung für 2007?
Mross:
Ich habe gesagt, daß der Dax bei 10.000 Punkten landen wird. Das werden wir auch erreichen. Wenn nicht in diesem, so im nächsten Jahr. Es ist auch nicht so interessant, wann das der Fall sein wird.
Instock:
Anleger denken vielfach kurzfristiger.
Mross:
Es ist immer das gleiche, die meisten Leute haben nur einen begrenzten Horizont. Sie lassen sich verwickeln von der Frage, wo wird der Dax am kommenden Tag stehen. Das ist gar nicht die Frage. Wenn man sich einmal die Geschichte betrachtet, wird man sehen, daß die Börsen immer gestiegen sind. Im Januar 1900 stand der Down Jones bei 40 Punkten. Am Ende des Jahrhunderts stand er bei 10.000 Punkten. Als der Dow 1903 bei 80 Punkte stand, sprachen die Leute bereits davon, daß die Märkte viel zu teuer seien und es dringend zu einer Korrektur kommen müsste. Die Anleger sollten daraus lernen, sich nicht von aktuellen Korrekturen beeinflussen zu lassen. Solche Zeiten sind offensichtlich Kaufkurse.
Instock:
Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?
Mross:
Man muß nur bedenken, daß die Märkte sehr billig sind. Man muß sich nur das Kurs-Gewinn-Verhältnis betrachten. Betrachtete man einzelne Werte, dann sieht man Aktienrückkaufprogramme, dann sieht man, daß Private-Equity-Firmen zulangen. Hier sei nur an Bayer oder DaimlerChrysler erinnert. Viele Dax-Unternehmen gelten außerdem als potentielle Übernahmekandidaten. Die amerikanischen Heuschrecken wissen augenscheinlich, was sie machen. Die kaufen keineswegs zu teure Unternehmen. Kluge Anleger sollten sich denen einfach anschließen und prüfen, ob sie nicht auch in den Dax einsteigen. Auch im TecDax oder im MDax gibt es viele Kandidaten, die absolut preisgünstig sind.
Instock:
An wen denken Sie da?
Mross:
Beim Dax denke ich an die Deutsche Telekom oder an SAP, Bayer, Volkswagen. Überhaupt die Autowerte. Da wird bei Daimler sicherlich demnächst Chrysler abgespalten. Analysten erwarten für diesen Fall eine Kurssteigerung auf 80 Euro. Billig ist angesichts der Rekordergebnisse auch eine Deutsche Bank. Dabei muß man sehen, daß alle die Unternehmen, die in den vergangenen Tagen und Wochen Rekordergebnisse zeigten, alle noch Reserven haben.
Instock:
Wenn das alles so toll ist, wieso kam es dann zum Einbruch?
Mross:
Da hören wir immer, daß Carry Trades aufgelöst wurden. Gemeint ist damit die Verschuldung in Yen und anschließende Anlage in anderen Währungen. Das ist alles dummes Geschwätz.
Instock:
Wieso?
Mross:
Es sind keine Carry Trades aufgelöst worden. Ich kenne keinen, der einen Carry Trade hat. Ich kenne auch keinen, der einen kennt, der einen Carry Trade hat. Es werden Carry Trades existieren, doch warum sollte man die ausgerechnet jetzt auflösen?
Instock:
Warum denn nicht?
Mross:
Weil sich die Zinsdifferenzen zwischen dem Yen und den anderen Währungen in letzter Zeit sogar noch ausgeweitet haben. Darüber hinaus gibt es überhaupt keine zuverlässige Korrelation zu steigendem Yen und fallenden Aktienkursen. Die gibt es nicht. Es gab Zeiten, da ist der Yen gestiegen und die Aktienkurse auch. Es gab auch Zeiten, da sind beide gefallen. Was man da zu Carry Trades gesehen oder gelesen hat, sollte man schnellstens vergessen. Da wird nur nach Begründungen für die Kursrückgänge gesucht, aber sie finden keine. Daran sieht man, daß die Kurse die Nachrichten machen und nicht die Nachrichten die Kurse.