Tarifstreit im öffentlichen Dienst: Warnstreiks drohen
03.12.2025 - 23:20:12Die Tarifrunde 2025 für den öffentlichen Dienst der Länder ist zum Jahresende in eine gefährliche Sackgasse geraten. Nach nur einem Tag endeten die ersten Verhandlungen in Berlin ohne jedes Angebot der Arbeitgeber – die Gewerkschaften ver.di und dbb reagierten mit scharfer Kritik und kündigten umgehend Warnstreiks an.
Was bedeutet das konkret? Rund 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte und mittelbar 1,3 Millionen Beamte warten auf Gehaltssteigerungen. Doch die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) lehnte die Forderungen als „unbezahlbar” ab, ohne eine eigene Zahl auf den Tisch zu legen. Ein Affront, der die Fronten verhärtet – und die Weichen für einen konfliktreichen Winter stellt.
„Wir haben leider den Eindruck gewonnen, dass die Arbeitgeberseite nicht verstanden hat, wie groß die Belastungen für viele Beschäftigte sind”, erklärte ver.di-Chef Frank Werneke nach den Gesprächen am Mittwoch. Trotz steigender Steuereinnahmen würden die Länder Armut vortäuschen und zeigten nicht den Mut, die Personalkrise anzugehen.
Noch deutlicher wurde dbb-Chef Volker Geyer: „Kein Plan, kein Angebot, kein konstruktives Ziel.” Seine Gewerkschaft erteilte den Mitgliedsverbänden bereits die Streikfreigabe – noch bevor der zweite Verhandlungstermin überhaupt feststeht. Kann es eine deutlichere Kampfansage geben?
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Die Arbeitgeber verteidigten ihre Haltung mit leeren Kassen und Schuldenbremse. Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel, der für die TdL verhandelt, nannte die Gewerkschaftsforderungen „völlig überzogen”. Die Umsetzung würde die Länderhaushalte mit über 12 Milliarden Euro belasten – Geld, das angesichts der angespannten Haushaltslage schlicht nicht vorhanden sei.
Was die Gewerkschaften fordern
Die vereinten Forderungen von ver.di und dbb für die Tarifrunde 2025/2026 haben es in sich:
- 7 Prozent Gehaltserhöhung linear für 12 Monate
- Mindestens 300 Euro monatlich als Sockelbetrag – um besonders die unteren Einkommensgruppen zu stärken
- 200 Euro mehr für Azubis, Praktikanten und dual Studierende, dazu Übernahmegarantie nach der Ausbildung
- 20 Prozentpunkte höhere Zeitzuschläge für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit
„Wir wollen nicht nur die Kaufkraft sichern, sondern den öffentlichen Dienst wieder wettbewerbsfähig machen”, betont ver.di-Chef Werneke. Schließlich habe der Bund im laufenden Jahr bereits höhere Abschlüsse erzielt – die Länder dürften nicht zurückbleiben.
Die 300-Euro-Sockelregelung ist dabei besonders brisant: Sie verschiebt die Erhöhung zugunsten der niedrigeren Gehaltsstufen. Gerade Facility-Manager, Verwaltungsangestellte und Pflegekräfte – also genau jene, die händeringend gesucht werden – würden überproportional profitieren.
Wer von Streiks betroffen sein wird
Mit dem Ende der Friedenspflicht ist der Weg frei für Arbeitsniederlegungen. Die ersten Warnstreiks werden bereits für Anfang Januar erwartet – noch vor dem zweiten Verhandlungstermin am 15. Januar in Potsdam. Betroffene Bereiche:
- Hochschulen und Unikliniken: Verwaltungsmitarbeiter, Pflegepersonal
- Schulen: Angestellte Lehrkräfte, Sozialarbeiter (verbeamtete Lehrer dürfen nicht streiken, beteiligen sich aber oft symbolisch)
- Landesverwaltung: Polizeiverwaltung, Straßenmeistereien, Justizverwaltung
- Kindertagesstätten: Besonders in Berlin, wo Kita-Personal Landesbeschäftigte sind
Wer also im neuen Jahr auf Behördentermine, Uni-Sprechstunden oder Kitaplätze angewiesen ist, sollte sich auf Ausfälle einstellen.
Der Zeitplan bis zur Lösung
Die Verhandlungspartner haben sich auf drei Runden geeinigt:
- Runde 2: 15./16. Januar 2026 in Potsdam
- Runde 3: 11.–13. Februar 2026
Bis Mitte Januar dürften die Gewerkschaften die Drohkulisse mit gezielten Aktionen aufbauen. Falls die TdL in Potsdam erneut ohne konkretes Angebot erscheint, steigt die Gefahr eines unbefristeten Vollstreiks im Februar erheblich. Dann könnte der öffentliche Dienst der Länder wochenlang lahmgelegt werden.
Warum dieser Konflikt eskaliert
Die aggressive Tonlage spiegelt eine tiefere Frustration wider: Nach Jahren der Inflation, wachsender Arbeitslast und zunehmender Konkurrenz durch Privatwirtschaft und Bundesbehörden fühlen sich viele Landesbeschäftigte abgehängt. Der Bund zahlte zuletzt mehr, Kommunen zogen nach – nur die Länder zögern.
Gleichzeitig verschärft sich die Personalkrise dramatisch. Wer heute als Ingenieur, IT-Spezialist oder Pflegekraft arbeitet, findet problemlos besser bezahlte Jobs außerhalb des öffentlichen Dienstes. Der Sockelbetrag von 300 Euro ist deshalb mehr als eine soziale Geste – er ist ein Versuch, den Exodus zu stoppen.
Ein heißer Winter steht bevor. Sollten die Länder in Potsdam nicht substanziell nachgeben, dürfte Deutschland Anfang 2026 die heftigsten Arbeitskämpfe im öffentlichen Dienst seit Jahren erleben.
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