Darmbakterien, Ewigkeitschemikalien

Darmbakterien speichern Ewigkeitschemikalien – Neue Cambridge-Studie

27.11.2025 - 11:42:12

Forscher der University of Cambridge entdecken, dass Darmbakterien Umweltgifte wie PFAS und Pestizide aktiv einlagern und so deren Verweildauer im Körper verlängern.

Forscher der University of Cambridge weisen erstmals nach: Darmbakterien lagern PFAS und Pestizide aktiv ein. Die Entdeckung könnte die Behandlung von Stoffwechselerkrankungen verändern.

Unser Darm ist mehr als ein Verdauungsorgan – er ist ein toxisches Depot. Wissenschaftler der MRC Toxicology Unit in Cambridge haben nachgewiesen, dass bestimmte Darmbakterien Umweltgifte wie PFAS und Pestizide in ihren Zellen speichern. Die Mikroben bauen die Schadstoffe nicht ab, sondern akkumulieren sie.

Das erklärt, warum „Ewigkeitschemikalien” so lange im Körper verbleiben und Organe schädigen – selbst wenn die Exposition längst vorbei ist. Die Bakterien fungieren als unsichtbare Zwischenspeicher, die Toxine im Darmtrakt halten und deren Ausscheidung verzögern.

Bacteroides uniformis als toxischer Schwamm

Die Forscher um Dr. Indra Roux und Dr. Kiran Patil identifizierten den weit verbreiteten Stamm Bacteroides uniformis als besonders aktiven PFAS-Speicher. In Versuchen mit Mäusen, deren Darm mit menschlichen Bakterien besiedelt wurde, zeigte sich: Die Mikroben saugen PFAS-Moleküle regelrecht auf.

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„Einige Darmbakterien besitzen eine bemerkenswert hohe Kapazität, PFAS zu akkumulieren”, erklären die Wissenschaftler. Dabei bleiben die Bakterien selbst oft unbeschadet – ein perfektes trojanisches Pferd für Umweltgifte.

Die Studie erschien aktuell in Nature Microbiology und wirft ein neues Licht auf die Interaktion zwischen Industriechemikalien und unserem Mikrobiom.

1.076 Chemikalien im Stresstest

Das Cambridge-Team ging noch weiter: In einer der umfangreichsten Analysen ihrer Art testeten die Forscher 1.076 Chemikalien – darunter 829 Pestizide und diverse Lebensmittelzusatzstoffe – auf 22 repräsentative Darmbakterienarten.

Das Ergebnis schockiert:

  • 168 Substanzen erwiesen sich als toxisch für mindestens eine Bakterienart
  • Diese Chemikalien hemmen das Wachstum gesundheitsfördernder Bakterien
  • Viele gelten nach aktuellen Standards als unbedenklich – weil Tests den Einfluss auf das Mikrobiom ignorieren
  • Bestimmte Industriechemikalien fördern die Selektion antibiotikaresistenter Stämme

„Herkömmliche Toxizitätstests unterschätzen das Risiko systematisch”, warnt Dr. Roux. Die Folgen: Dysbiose, chronische Entzündungen und eine geschwächte Darmbarriere.

Mikroplastik verstärkt den Effekt

Eine parallel veröffentlichte Studie in Frontiers in Cellular and Infection Microbiology bestätigt: Auch Mikroplastik schwächt die Darmbarriere massiv. Die Partikel verursachen nicht nur physische Schäden an der Schleimhaut, sondern lösen Entzündungsprozesse aus.

Besonders kritisch: Die Kombination aus chemischen Toxinen wie PFAS und Mikroplastik erzeugt einen „Cocktail-Effekt”. Die Forscher vermuten, dass diese Wechselwirkung über die Darm-Hirn-Achse auch neurologische Auswirkungen haben könnte.

Chronische Entzündungskrankheiten wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa könnten durch diese Mehrfachbelastung begünstigt werden.

Industrie und Regulierung unter Zugzwang

Die Veröffentlichung trifft einen Nerv: Erst kürzlich hatte die University of Southern California einen direkten Link zwischen PFAS-Exposition, Mikrobiom-Veränderungen und verschlechterter Nierenfunktion bei jungen Erwachsenen nachgewiesen.

Experten fordern ein Umdenken in der Toxikologie. „Wir können die Risiken einer Substanz nicht mehr beurteilen, ohne ihren Einfluss auf unser Mikrobiom zu kennen”, kommentiert ein Sprecher der europäischen Umweltmedizin.

Auch Agrarchemie-Konzerne wie Bayer geraten unter Druck. Die neuen „humanisierten” Mausmodelle der Cambridge-Forscher liefern robuste Daten, die schwer zu ignorieren sind.

Probiotika als Entgiftungs-Strategie

Doch es gibt Hoffnung. Die Entdeckung, dass Bakterien Toxine speichern, eröffnet therapeutische Wege. Das Forscherteam hat bereits das Start-up Cambiotics gegründet.

Ziel: Die Entwicklung von „Next-Generation Probiotics”. Diese speziell designten Bakterienstämme sollen Umweltgifte im Darm binden und über den Stuhl ausscheiden – bevor sie in den Blutkreislauf gelangen.

Erste klinische Studien zur Nutzung mikrobieller „Schwämme” könnten 2026 starten. Parallel wächst der Druck auf die EU-Kommission, Mikrobiom-Toxizitätstests in die Zulassungsverfahren für Pestizide und Lebensmittelzusatzstoffe aufzunehmen.

Für Verbraucher bleibt vorerst die Empfehlung: Unverarbeitete, bio-zertifizierte Lebensmittel bevorzugen. Das reduziert die Exposition und stärkt das eigene Mikrobiom – den besten Schutzschild, den wir haben.

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