Widerrufsjoker: So lukrativ kann der Widerruf eines Kreditvertrags mit falscher Widerrufsbelehrung sein
Im Jahr 2002 führte der Gesetzgeber ein Widerrufsrecht für Verbraucherkredite ein. Hintergrund war die Zielsetzung, private Verbraucher vor überhasteten Entscheidungen zu schützen. Wer eine so wichtige Entscheidung wie die Aufnahme eines Kredits traf, sollte die Möglichkeit haben, auch nach Vertragsunterzeichnung noch einmal über die Sache nachzudenken – quasi noch einmal „drüber zu schlafen“. Und das ganze 14 Tage lang. Erst dann war der Vertrag für den Kunden wirklich bindend.
Um einem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, sein Widerrufsrecht auszuüben, musste dieser jedoch klar erkennen können, wann in seinem konkreten Fall die Widerrufsfrist beginnt, um darauf basierend das Ende der Widerrufsfrist zu bestimmen. Und da fangen die Probleme an. Denn bei vielen privaten Kreditverträgen ist das eben nicht gegeben. Die Konsequenz, die mittlerweile auch in etlichen BGH-Urteilen bestätigt wurde, lautet: Ist für den Verbraucher nicht klar ersichtlich, wann seine Widerrufsfrist beginnt (und damit auch, wann sie endet), dann beginnt diese überhaupt nicht zu laufen. Kreditverträge bleiben also nicht nur 14 Tage lang, sondern gewissermaßen „ewig“ widerrufbar. Sie können also auch Jahre nach dem Abschluss noch angefochten werden.
Das ist eine Tatsache, die insbesondere aufgrund der in den vergangenen Jahren massiv gesunkenen Zinsen brisant ist – und für den Kreditnehmer äußerst lukrativ werden kann. Denn während bis 2010 noch bis zu fünf Prozent Zinsen für eine Baufinanzierung gezahlt werden mussten, bekommt man den gleichen Kredit heute für rund 1,5 Prozent. Bei einer Finanzierungssumme von 200.000 Euro bedeutet das eine Zinsersparnis von fast 600 Euro pro Monat – Geld, das Sie in die zusätzliche Tilgung ihrer Immobilie investieren können. Aber der wirtschaftliche Vorteil eines erfolgreichen Widerrufs kann – zumindest in der Theorie - sogar noch größer sein.
Denn ein nachträglicher Widerruf eines Kreditvertrags bedeutet eigentlich, dass dieser Kredit vollständig rückabgewickelt werden muss. Alle geleisteten Zahlungen werden also gegenseitig erstattet. Die Bank erhält die Kreditsumme zurück. Der Kreditnehmer bekommt seine Zins- und Tilgungszahlungen zurück, die er seit Vertragsbeginn geleistet hat. Dazu kommen bestimmte Verzinsungskomponenten, die aufgrund des gesunkenen Marktzinses dazu führen, dass Kreditnehmer in der Regel nur noch 85-90 Prozent der Restschuldsumme ihres Kredits zurückzahlen müssen. Die restlichen 10-15 Prozent der Kreditsumme entsprechen einer Art Schadenersatz, die die Bank für zuviel gezahlte Zinsen zu leisten hat.
Wie ich in dieser Kolumne schon früher geschrieben habe, ist eine solche vollständige Rückabwicklung eines Kredits in der Praxis eher die Ausnahme als die Regel – und wenn, dann fast nur vor Gericht zu erzielen. Deshalb sollten Kreditnehmer, die keine Rechtsschutzversicherung im Rücken haben, eine gesunde Portion an Kompromissbereitschaft mitbringen. Das kann in der Praxis so aussehen, dass die Bank Sie aus dem laufenden Darlehen entlässt oder aber den Zinssatz deutlich nach unten anpasst – im Gegenzug verzichtet der Verbraucher auf rückwirkende Forderungen bzw. Schadenersatz.
Solche Vergleiche haben die Partneranwälte der IG Widerruf schon in größerer Zahl für ihre Mandanten erzielt. Es lohnt sich daher, den eigenen Kreditvertrag unter www.widerruf.info kostenlos prüfen zu lassen. Unter dem Strich bleiben bei einem solchen Vergleich in der Regel etliche Hundert Euro Zinsersparnis pro Monat. Und auch wenn das Maximum dabei nicht ausgereizt wird, ist es ein Kompromiss mit Augenmaß, bei dem beiden Seiten ihr Gesicht wahren können.