Widerrufsjoker: Droht beim Widerruf von Krediten die Verjährung zum Jahresende?
Zum Jahresende erreichen uns immer wieder Anfragen, ob beim Widerruf eines Kredits oder der Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung die Verjährung droht.
Zum Jahreswechsel erreichen uns zahlreiche Anfragen von Nutzern der IG Widerruf (www.widerruf.info), die wissen wollen, ob ihre Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung oder der Widerruf eines Darlehens von der Verjährung bedroht sei. Die klare Antwort dazu lautet: Nein.
Anders als bei der Rückforderung von Bearbeitungsgebühren bei Krediten, wo ein Großteil der Forderungen zum Jahresende 2014 verjährt, gibt es beim sogenannten Widerrufsjoker keine Verjährung. Das heißt aber nicht, dass man die Sache auf die lange Bank schieben sollte. Und zwar aus zweierlei Gründen: Zum einen gelingt es bei laufenden Krediten nicht immer, eine rückwirkende Kompensation durch die Bank zu erreichen. Insbesondere bei Vergleichslösungen betrifft der wirtschaftliche Vorteil in der Regel die Zukunft. Das bedeutet, dass die Bank den Kunden entweder ohne Zahlung einer Entschädigung für die Vorfälligkeit aus dem laufenden Vertrag entlässt oder dass sie den laufenden Vertrag auf die aktuell gültigen Zinskonditionen umstellt. In beiden Fällen gilt: Was in der Vergangenheit war, fällt unter den Tisch. Damit ist dieser Vorteil umso geringer, je länger sie in einem teuren Immobilienkredit verharren. Je schneller Sie widerrufen, desto größer ist Ihr wirtschaftlicher Gewinn.
Aber es gibt noch einen zweiten Aspekt, bei dem der Zeitfaktor eine wichtige Rolle spielt. Dieser greift insbesondere, wenn es um die Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung oder um den Widerruf eines bereits beendeten Kredits geht. Juristen sprechen dabei von der sogenannten Verwirkung. Dem liegt folgende Überlegung zugrunde: Im Regelfall geht man davon aus, dass zwei Vertragsparteien von einem vertraglichen Recht unverzüglich Gebrauch machen. Als verwirkt gilt ein Recht – in diesem Fall das Recht auf einen Widerruf – wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete (in diesem Fall die Bank) sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten konnte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen wird.
Was heißt das nun für den Widerrufsjoker? Je kürzer die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung oder die Beendigung eines Kreditvertrages zurück liegt, desto besser sind Ihre Chancen. Dabei haben wir es mit einem graduellen Prozess zu tun, der nicht im Detail berechenbar ist. Anders als bei einer Verjährung, wo Sie an einem bestimmten Stichtag schlagartig ihre Forderungen verlieren, sinkt hier ihre Chance mit jedem Tag ein kleines bisschen.
Allerdings beginnt dieser Prozess nicht mit dem ersten Tag nach Beendigung des Vertrags oder der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Anhand der bisherigen Rechtsprechung können wir davon ausgehen, dass beispielsweise Vorfälligkeitsentschädigungen, deren Zahlung weniger als drei Jahre zurückliegt, nicht von der Verwirkung betroffen sind. Hier sind sie also vergleichsweise sicher – immer vorausgesetzt, die Widerrufsbelehrung des Kreditvertrags weist entsprechende Fehler auf.
Bei mehr als drei Jahren jedoch setzt der von mir beschriebene langsame Prozess der Verwirkung ein. Das bedeutet, dass man vor Gericht damit rechnen muss, dass der Richter selbst bei klarer Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung die Klage mit der Begründung zurückweist, der Anspruch sei verwirkt. Dabei ist allerdings nicht nur der reine Zeitfaktor entscheidend. Vielmehr gibt es weitere Voraussetzungen, um die Verwirkung eines Rechts anzunehmen. So spielt beispielsweise eine Rolle, wann Sie von der Möglichkeit eines Widerrufs erfahren haben. Können Sie glaubhaft machen, dass das erst vor kurzem geschehen ist, dann steigen Ihre Chancen. Auch die sogenannte Untätigkeit spielt eine Rolle. Haben Sie beispielsweise einen laufenden Kredit widerrufen und fordern in einem anderen Fall erst Jahre später ihre Vorfälligkeitsentschädigung zurück, dann wird sich die Bank sehr wahrscheinlich auf die Verwirkung berufen, da sie wesentlich früher hätten tätig werden können.
Unter dem Strich gilt: Es gibt beim Widerrufsjoker keinen Grund zur Hektik oder gar Panik. Genauso wenig sollte man die Sache aber auf die lange Bank schieben. Ob eine Verwirkung – gerade bei der Rückforderung von Vorfälligkeitsentschädigungen – vorliegt, kann nicht pauschal gesagt werden, sondern muss am Einzelfall geprüft werden. Diese Prüfung nehmen die Partneranwälte der IG Widerruf kostenlos für Sie vor. Dies sollte immer der erste Schritt sein. Dann sehen Sie klarer.