Schwache Daten belasten Aktien auch am US-Feiertag nicht
Schwache Daten belasten Aktien auch am US-Feiertag nicht
von Sven Weisenhaus
An den Börsen herrschte wegen des gestrigen Feiertags in den USA (Independence Day) ein sehr ruhiger Handel. Bereits am vorgestrigen Brückentag bewegten sich die Kurse nur sehr langsam von der Stelle, wenn überhaupt. An der Wall Street liefen die Aktienindizes in sehr engen Bahnen nur seitwärts. Derweil erlitt der DAX leichte Kursverluste, die man als Gewinnmitnahmen einordnen kann.
ISM: US-Wirtschaft schrumpft im Juni um 1 %
Diese fanden vor dem Hintergrund erneut überwiegend schwacher Konjunkturdaten statt. Gemeint ist vor allem der US-amerikanische ISM-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe, der im Juni auf 46,1 Punkte fiel. Denn er lag damit unter den Markterwartungen von 47,2 sowie um 0,9 Punkte unter dem vorherigen Wert von 46,9. Und es war schon der 8. Monat in Folge mit einem Rückgang im verarbeitenden Gewerbe der USA, also einem Indexstand unterhalb der Schwelle von 50 Punkten, ab der Wachstum signalisiert wird. Zudem fiel der Index nun auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020.
Damit dürfte die US-Wirtschaft sehr wahrscheinlich auch schwach in das zweite Halbjahr 2023 starten. Denn die aktuelle Ausgangslage ist denkbar schlecht. Zumal laut den Umfrageergebnissen des Institute for Supply Management (ISM) Auftragseingänge, Produktion, Beschäftigung, Lagerbestände und Auftragsbestände im Juni zurückgingen und sich das Barometer dadurch weiter von der Wachstumsschwelle von 50 Punkten entfernt hat. Nach Angaben des ISM deutet der Indikator eine gesamtwirtschaftliche Schrumpfung um annualisiert 1,0 % zum Vormonat an.
Viel Schatten, wenig Licht
Positiv an den Daten kann man nur werten, dass bei der Orderkomponente auf einen Rückgang im Mai um gut 3 Indexpunkte auf 42,6 ein ebenso hoher Anstieg im Juni auf 45,6 folgte. Die Neuaufträge sind damit zwar immer noch deutlich rückläufig, aber nicht mehr so stark wie im Vormonat.
Zudem hat sich die Beschäftigungskomponente gegenüber dem Vormonat massiv verschlechtert und ist mit 48,1 Punkten nun ebenfalls unter die Wachstumsschwelle gerutscht (Mai: 51,4). Das wird der US-Notenbank im Kampf gegen die Inflation helfen, zumal die Preiskomponente von 44,2 Punkten im Mai auf nun 41,8 ebenfalls sehr deutlich nachgab.
Auch aus China kommen erneut schwächere Daten
Auch China musste vorgestern schwächere Einkaufsmanagerdaten verdauen. Der Caixin-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe sank im Juni auf 50,5 Punkte, von 50,9 im Mai. Das deutet auf eine nur noch sehr geringfügige Ausweitung der Produktion hin.
Und wenn in den beiden größten Volkswirtschaften der Welt das Wachstum der Wirtschaftsleistung verringert, dann hat das natürlich auch Auswirkungen auf andere Länder.
Deutsche Exporte gesunken
Und so erklärt es sich auch, dass das Statistische Bundesamt gestern mitteilte, die deutschen Importe seien zwar im Mai um 1,7 % zum Vormonat auf 116,1 Milliarden Euro gestiegen, die Exporte zeitgleich aber um 0,1 % auf 130,5 Milliarden Euro gesunken. Ökonomen hatten hingegen mit einem Wachstum von 0,3 % gerechnet. Im Vergleich zum Vorjahr fiel das Export-Minus mit 0,7 % sogar noch größer aus, bei den Importen sind es gar -8,6 %.
Passend zu den obigen Einkaufsmanagerdaten legten die Exporte nach China im Mai noch um 1,6 % auf 8,6 Milliarden Euro zu, in die USA wurden aber „nur noch“ Waren im Wert von 12,7 Milliarden Euro verkauft, was einem Rückgang von 3,6 % zum Vormonat entspricht. Die Ausfuhren in die EU-Staaten sanken um 1,5 % auf 70,3 Milliarden Euro.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die ifo-Exporterwartungen. Das Barometer fiel im Juni auf -5,6 Punkte, nach +1,0 Zählern im Mai, und erreichte den niedrigsten Wert seit November 2022 (siehe „Eine tiefere Rezession wird immer wahrscheinlicher“). Daher sollte ein Rückgang bei den Exporten eigentlich nicht überraschen. Vielmehr ist anzunehmen, dass den deutschen Exporteuren auch ein schwieriges zweites Halbjahr bevorsteht.
Saudi-Arabien und Russland fördern weniger Öl
Auf eine anhaltend schwache Weltwirtschaft deutet auch hin, dass Saudi-Arabien zum Wochenauftakt ankündigte, seine freiwillige Ölförderkürzung von 1 Million Barrel pro Tag um einen weiteren Monat auf den August ausweiten zu wollen. Und sogar Russland erklärte sich bereit, seine Ölexporte im August zu reduzieren, um 500.000 Barrel pro Tag.
Offenbar haben die ölfördernden Länder der OPEC+ Sorge, dass die Schwäche der Ölpreise anhalten könnte. Denn nach wie vor befindet sich zum Beispiel die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) in einem Abwärtstrend.
Allerdings wurden seit März keine tieferen Tiefs mehr gebildet. Stattdessen hat sich der Preis bei rund 70 US-Dollar eingependelt. Unterstützt wird der Kurs bei rund 67 US-Dollar, während er von der oberen Linie des derzeit herrschenden Abwärtstrends tendenziell noch nach unten gedrückt wird.
Die Maßnahmen der OPEC+ werden aber wahrscheinlich dazu führen, dass der Ölpreis weiterhin unterstützt bleibt und der Abwärtstrendkanal daher bald Geschichte ist. Möglich ist, dass die Preise weiterhin seitwärts tendieren und damit einfach aus dem Trendkanal herauslaufen. Das ist insbesondere zu erwarten, wenn die Öl-Nachfrage weiterhin schwach bleibt. Denkbar ist aber auch, dass die anhaltende Angebotsverknappung zu einem Preisanstieg führt und die Range von ca. 75 bis 80 US-Dollar wieder erreicht wird. Dieses Niveau gilt als das von Saudi-Arabien angestrebte, um die Staatsausgaben decken zu können.
Sollten die Ölpreise hingegen bald weiter nachgeben, sollte man dies als ein weiteres Warnzeichen im Hinblick auf die schwächelnde Konjunktur werten.
Ich wünsche jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)