Aktien, Anleger

Eine typische Short-Squeeze im Öl

Da der DAX noch nicht so recht weiß, was er will, können wir zwischendurch einen Blick auf den Ölpreis werfen.

Am 26.08.2015 hatte ich zuletzt etwas über den Ölpreis geschrieben. Das war zwei Tage nach dem bisherigen Jahrestief. Am folgenden Tag folgte eine massive Rally, wie man sie selten sieht:

 

Innerhalb von sechs Handelstagen stieg der Ölpreis um knapp 30 Prozent an. Schon liest man erstaunliche Nachrichten dazu und Begründungen. Nehmen Sie diese nicht allzu ernst. Es ist wie immer, die Nachrichten folgen den Kursen – überarbeitete Redakteure suchen Nachrichten, die zu dem Anstieg passen könnten.

Die Short-Squeeze

Dabei ist die Erklärung für diesen Anstieg denkbar einfach. Es handelte sich um eine starke Short-Squeeze. Squeeze heißt im Englischen drücken oder auspressen. Kurz: Die Shorties wurden aus dem Markt gepresst.

Der Ölpreis ist mit dem Crash an den Aktienmärkten eingebrochen und war extrem überverkauft. Soweit, so gut. Dann konnte man erkennen, dass er sich zwei Tage stabilisierte. Auch gut.

Jetzt stellen Sie sich vor, Sie sind schon seit längerem oder kurz vor dem Einbruch short in Öl gewesen (was bedeutet, dass Sie auf fallende Kurse gewettet haben). Sie haben dicke Gewinne in Ihren Büchern und dann erleben Sie, dass Öl in wenigen Tagen von knapp 50 Dollar auf im Tief knapp 42 Dollar fällt und freuen sich  einen Bär über die großen Gewinne. Aber, Sie werden sicherlich auch sehr nervös sein, denn Sie wollen die Gewinne natürlich nicht wieder abgeben.

Es folgen zwei stabilere Tage – einerseits, weil Trader einsteigen (auch ich hatte am 26.08.15 ja geschrieben, dass die Kurse so langsam sehr interessant sind) und andererseits weil erste Shorties die angelaufenen Gewinne einfach mal mitnehmen.

Aber gehen wir davon aus, dass Sie eigentlich noch damit rechnen, dass der Ölpreis nach der kleinen Erholung weiter fällt. Am 27.08. sehen Sie dann stark steigende Kurse. Nun können Sie überlegen: Teilpositionen verkaufen? Alles raus und Gewinne sichern? Und viele werden solche Entscheidungen getroffen haben.

Jeder, der short ist und seine Position schließt, ist im Markt ein realer Käufer! Kurz: Es kommen immer mehr und mehr Kaufaufträge in den Markt. Es entsteht ein Kreislauf: Immer mehr Shorties reißen die Nerven, das führt zu steigenden Kursen und die steigenden Kurse bringen immer mehr Shorties zum Aussteigen. Der Kurs stieg immer weiter und notiert zeitweise über 9 Prozent im Plus!

Das war eben nichts anderes als eine klassische Short-Squeeze.

Andere Shorties, die vielleicht schon viel länger Short waren, warten vielleicht noch den nächsten Tag ab, aber auch da steigen die Kurse weiter. Mittlerweile werden bereits erste Short-Positionen in die Stopps laufen und auch das treibt die Kurse weiter an. Nach sechs Tagen steht ein Anstieg von 30 Prozent in den Büchern.

Die Gegenbewegung

Und was dann folgt ist auch logisch – quasi die umgekehrte Short-Squeeze. In der ganzen Zeit sind natürlich auch Trader eingestiegen. Nach einem Anstieg um 30 Prozent dürften viele im dick Gewinn gewesen sein. Als dann die Kurse vorgestern gefallen sind, wurden viele von ihnen nach und nach dazu gezwungen, wieder auszusteigen. Und so rasselten die Kurse wieder um knapp 9 Prozent nach unten.

Die hohe Volatilität belegt diese These. Natürlich werden auch noch weitere Faktoren die jeweiligen Kursbewegungen beeinflusst haben, so zum Beispiel die Entwicklung des Dollar. Aber diese extrem dynamischen Kursbewegungen als typisches Zeichen einer Short-Squeeze sieht man immer wieder. Und wenn man die Funktionsweise einmal verstanden hat, wird man solche Entwicklungen immer häufiger erkennen. Die Nachrichten, die als Begründung oft herhalten müssen, sind in solchen Fällen meist nicht wirklich relevant oder höchstens ein kleiner Stein, der die Short-Squeeze ins Rollen bringt…

Viele Grüße

Ihr

Jochen Steffens

(Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 03.09.15 10:18 Uhr