Die Bären bleiben am Ball
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
typisch Börse! Da hatte man sich wegen des US-Feiertags „Thanksgiving" auf einen sehr ruhigen bis langweiligen Handelstag in Europa eingestellt, da kam wieder alles anders als man denkt! Eigentlich muss diese Diskrepanz bereits als amüsant bezeichnet werden, denn immerhin hatte sich die Mainstream-Presse schon am Vortag mehrheitlich auf den besagten „lustlosen" Handel eingestellt. Der plötzliche Einbruch der europäischen Indizes um etwa 3,5% war ein klassisches Beispiel dafür, dass die Masse an der Börse niemals Recht bekommt!
Leider habe auch ich keine Glaskugel und muss deshalb konsequent auf bewährte Mittel des Risiko-Controlling zurückgreifen! Diese teile ich aber gerne mit Ihnen hier und in meinem kostenlosen Newsletter!
Immerhin hat der von mir streng beobachtete „NYSE Bullish Percent Indikator" bereits seit einigen Wochen, in denen die Indizes übrigens nur seitwärts verliefen, den erhöhten Risiko-Zustand signalisiert. Dieses Konzept hat nichts mit charttechnischer Linienmalerei gemein, da hier die Überkauftheit eines Marktes objektiv gemessen wird. Führt man diesen Gedanken weiter, ist es nicht schwer zu ahnen, dass sehr stark investierte Marktteilnehmer bereits bei geringen Anlässen eher Material abladen als unterinvestierte Anleger.
Bildhaft ausgedrückt könnte man auch sagen, dass es nicht schwieriger ist über einen Baumstamm zu balancieren der über eine Schlucht führt, als über einen, der auf dem Boden liegt. Nur die Folgen im Ernstfall, also wenn man abrutscht, sind sehr unterschiedlich!
Einige Sektoren geraten in Schieflage
Vielleicht erinnern Sie sich noch an meine letzte Kolumne hier, in der ich auf die Gefahren hingewiesen habe, die aktuell vom inneren Markt und speziell vom Bankensektor ausgehen! Am gestrigen Donnerstag hat sich diese Zurückhaltung bestätigt, als die finanziellen Engpässe Dubais publik wurden und der breite Markt von den Banktiteln nach unten gezogen wurde. Plötzlich wurde die im Bullenlager schon verdrängte Angst des vergangenen Herbstes wieder lebendig. Sogar Spekulationen über einen Staatsbankrott von Dubai machten die Runde!
Trotz aller Vorsicht und der geschätzten Verschuldung des Emirats von etwa 80 Mrd. $ halte ich diese Befürchtungen für übertrieben, denn immerhin stehen der Auslandsverschuldung auch Sicherheiten in Form von „sprudelnden" Öl-Einnahmen gegenüber!
Heute kann noch nicht beurteilt werden, ob der „Dubaischock" dem starken Hausse-Impuls nur eine gesunde Verschnaufpause verschafft, oder ihn sogar beendet. Aber es besteht natürlich die Gefahr, dass arabische Investoren weltweit Aktiva verkaufen müssen, um daheim die Schlagseite auszugleichen.
Wie von „Zauberhand" gelenkt trifft dieses Ereignis genau zu dem Zeitpunkt auf die Märkte, an dem viele wichtige Indizes und Aktien mit wichtigen Widerständen kämpfen, was in den kommenden Tagen die Bären wahrscheinlich stark beflügeln wird.
Ich halte den gegenwärtigen Marktzustand aber vor allem deshalb für riskant, da immer mehr Industriesektoren relative Schwäche aufbauen und von innen „aufweichen".
Die Chancen auf neue Hochs in den internationalen Indizes und die von vielen bereits fest eingeplante Jahresend-Rallye rückt dadurch in weite Ferne. Nun gilt es genau zu beobachten, ob die zuletzt wieder stark gesunkene Volatilität, („die Panikglocke") anspringt oder nicht.
Ebenfalls sollten die zuletzt starken und wichtigen Sektoren wie die Versorger, Edelmetalle und Ölaktien, nicht unter die Räder kommen. Selbiges gilt natürlich für den Transport Index, der neue Hochs der Aktienindizes bestätigen sollte, um die Fortsetzung der Hausse nicht zu gefährden.
Der noch gefeierte Ölsektor wird zum Problem
In den vergangenen Tagen habe ich einige Analysen gelesen, dass nun starke Sektoren wie der Öl-Sektor die Führung übernehmen und die Indizes weiter nach oben schieben werden.
Leider kann ich diese optimistische Meinung bereits nach einem kurzen Blick auf den inneren Zustand des Ölsektors nicht teilen und will Sie davor warnen, nun voreilig in diesen traditionell stabilen Sektor auszuweichen.
Ganz entgegen der landläufigen Meinung litt nämlich der Ölsektor trotz steigender Notierungen von Öl unter Kapitalabflüssen. Was die Sache noch verschlimmert: trotz des schwachen Dollars gegen praktisch alle Währungen in den vergangenen Tagen, der Investitionen in Rohstoffe und Basismaterialien beflügelte, kam der Ölsektor nicht vom Fleck! Dies ist kein gutes Zeichen und nur mit aller größter Vorsicht zu bewerten, denn immerhin wurde in der „Mainstream-Presse" ordentlich für den Einstieg in den Ölsektor getrommelt.
An diesem Sektor-Chart der an der „AMEX" gehandelten Ölaktien, erkennen Sie gut den dominierenden Aufwärtstrend an den langen X- Spalten (Nachfrageüberschuss) und den kürzeren O-Spalten (Angebotsüberschuss). Ebenfalls zeigt die blaue „bullische Unterstützungslinie" gegen die Sie niemals investieren sollten, den Haupt-Trend an.
Gut zu erkennen ist im rechten oberen Teil des Charts die Konsolidierung auf hohem Niveau, die bereits im September einsetzte (Buchstabe A). Trotz des positiven Umfelds für Aktien und steigender Ölpreise kam der Sektor nicht vom Fleck.
Nach wie vor ist hier nichts dramatisches passiert, das aktuelle Kaufsignal bleibt solange intakt, bis sich Kurse unterhalb von 1.070 Punkten durchsetzen. In diesem Fall rechne ich mit einer weiteren Korrektur von etwa zehn Prozent, die natürlich auch die großen Indizes stark unter Druck setzten würde. Vor allem der interne Chart, den ich hier aus Gründen des Copyright nicht abbilden darf, warnt vor Engagements im Ölsektor. Der Bullish Percent Indikator der Öltitel an der NYSE steht auf 62 Prozent und befindet sich in einer O-Spalte. Dies ist ein Zustand hohen Risikos und die Bären halten ganz klar den Ball in ihren Tatzen. Dies erstaunt natürlich umso mehr, da die meisten Analysten nach wie vor bullish auf Öltitel sind. Genau hier liegen aber die Vorteile der Analyse des „inneren" Markts. Viel besser als durch die Interpretation von Kerzen- oder Liniencharts erkennen Sie die wahren Risiken eines Marktzustandes. Denn schließlich ist es völlig normal, dass Indizes zwischen überkauften und überverkauften Zuständen pendeln.
Obwohl viele Öltitel fundamental sogar preiswert sind, bin ich mittelfristig skeptisch für den Sektor und werde mich hier vorerst nicht engagieren. Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang, dass etwa 80 Prozent des Risikos im breiten Markt und im Sektor liegen. Nach günstigen „Perlen" innerhalb eines schwachen Sektors zu suchen, führt daher nur selten zum erwünschten Erfolg.
Verkaufssignal bei Crude-Oil
Im P & F Chart zeigt der Ölpreis trotz des bis gestern intakten Umfelds ein Verkaufssignal. Die aktuelle O-Spalte, die den Angebotsüberschuss visualisiert, hat die vorhergehende unterschritten und eine dreifache Unterstützung pulverisiert. Obwohl der Dollar schwächelte, hielten sich die Händler zurück - kein gutes Zeichen.
Aus der charttechnischen Formation heraus ergibt sich ein Preisziel von 71 $, welches unterhalb der bullischen Unterstützungslinie läge und die Hausse schmerzhaft in Frage stellen würde. Dies alles sind Anzeichen, dass mit dem Ölpreis „etwas nicht in Ordnung ist" !
Dies muss zwei wichtige Überlegungen auslösen:
• entweder wird der US-Dollar zu einer von der Masse unerwarteten Rallye ansetzen, oder
• es könnte eine schmerzhafte Unterbrechung der wirtschaftlichen Erholung vor uns liegen
Beide Szenarien sind für die globalen Aktienmärkte natürlich ungemütlich, kämen aber zu einem idealtypischen Zeitpunkt. Während die Mehrheit der Anleger von einer nachhaltigen Erholung der Wirtschaft ausgeht, werden seit Wochen bereits in den Indizes Aktien von den starken in die schwachen Hände umverteilt. Dieses Bild deutet zumindest der Bullish Percent Indikator der NYSE an.
Ich wünsche Ihnen trotzdem ein tolles Wochenende und die Muße, schon einmal einen Glühwein oder eine eisgekühlte Limonade auf dem Weihnachtsmarkt zu probieren!
Der Autor kombiniert für seine Kunden u.a. vermögensverwaltende Fonds und echte marktneutrale Absolut Return Strategien zu Depots, die eine konstante Rendite generieren.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Klaus Buhl
@ ad-hoc-news.de
| 27.11.09 12:03 Uhr