Das neue Interesse an Value-Strategien
Seit mehreren Monaten fragen sich viele Anleger, ob es nicht langsam wieder angebracht wäre, das Engagement in Value-Strategien zu erhöhen. Es gibt jedoch bei den verschiedenen Value-Strategien durchaus große Unterschiede. Denn es geht nicht allein um Investments in unterbewertete Aktien. So versuchen wir bei METROPOLE Gestion als einer der Pioniere des Value Investings in Europa, jene Unternehmen ausfindig zu machen, die im Vergleich zu ihrem inneren Wert mit einem Abschlag gehandelt werden. Dabei analysieren wir Unternehmen über alle Sektoren hinweg, das heißt, wir schließen keinen Sektor von vornherein aus. Denn Bewertungsanomalien können bei jedem Unternehmen auftreten, unabhängig davon, in welcher Branche es agiert.
Genaue Branchenkenntnis – Filterung der Bewertungskennzahlen
Diese Bewertungsanomalien können die verschiedensten Gründe haben: interne Probleme (Organisationsstruktur, Produkte, Unternehmensführung), externe Schwierigkeiten (Wettbewerbssituation, Regulierungsumfeld), Marktübertreibungen in bestimmten Phasen des ökonomischen Zyklus (2006 bis 2007) oder übertriebener Ängste (2011, 2014). Der Investmentprozess zielt dabei darauf ab, solche Anomalien zu nutzen, um langfristig Wertzuwächse zu generieren. Die Bewertungsmethode stützt sich dabei auf branchenspezifische Faktoren und Analysen, die vergleichbar sind mit den Analysen bei Fusionen und Übernahmen. Dieses Verfahren zielt vor allem darauf ab, das normative Rentabilitätsniveau der jeweiligen Branche zu ermitteln. Dazu muss man zunächst die wesentlichen Eigenschaften der Branche genau kennen – beispielsweise in Bezug auf die herrschende Kapital- und Wettbewerbsintensität. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Analysen gilt es sodann zu entscheiden, welche Bewertungskennzahlen am besten geeignet sind. So besitzt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) in zyklischen Branchen unter Umständen relativ wenig Aussagekraft. Bei Unternehmen mit geringem Bedarf an Eigenkapital wiederum (wie etwa im Dienstleistungsgewerbe) macht es keinen Sinn, das Kurs-Buchwert-Verhältnisse (KBV) in Betracht zu ziehen. Und in Branchen, die hohe und mitunter sehr heterogene Investitionen erfordern (wie Telekommunikation und Infrastruktur), sind EBITDA-Kennzahlen am aussagekräftigsten.
Intensive Analyse der Fusions- und Übernahmetransaktionen
Teilweise konzentriert sich die Analyse dabei auch auf unkonventionelle Bewertungskennzahlen. Bei Spirituosenherstellern mit Produkten, die einen langen Reifeprozess benötigen, legen wir den Fokus auf Kennzahlen in Bezug auf die im Reifeprozess befindlichen Bestände. All diese Beispiele verdeutlichen, wie entscheidend es für die Bestimmung des inneren Werts eines Unternehmens ist, die Art der Geschäftstätigkeit genau zu verstehen. Bei der Analyse von Fusions- und Übernahmetransaktionen über mehr als 25 Jahre hinweg zeigt sich, dass sich die Bewertungskennzahlen von Unternehmen einer bestimmten Branche immer auf dem gleichen Niveau bewegen - es sei denn, die Rentabilität einer Branche hat sich strukturell bedingt grundlegend geändert. So kann man beispielsweise beobachten, dass Fusionen und Übernahmen im Industriegassektor grundsätzlich immer oberhalb des zehnfachen EBITDA erfolgen, bei einer normativen Rentabilität von 23 – 24 Prozent, während sie in der Luxusgüterbranche zum 3 bis 4-fachen des Umsatzes üblich sind. Bei Spirituosenherstellern hingegen wird in der Regel mehr als der vierfache Wert der Lagerbestände gezahlt, um etwa ein Scotch- und Cognac-Portfolio zu übernehmen. All die aufgeführten Beispiele boten in den letzten Monaten attraktive Anlagechancen. So investierten wir Ende 2015 in den Gas-Konzern Linde, dessen Bewertung auf knapp 8 gesunken war, nachdem es aufgrund der Konjunkturverlangsamung in den Schwellenländern eine Gewinnwarnung veröffentlicht hatte.
2014 wendeten sich Anleger abrupt von Luxusgüteranbietern sowie Spirituosenunternehmen des gehobenen Segments ab, was auf die Umsetzung von Antikorruptionsmaßnahmen durch die chinesische Regierung zurückzuführen war. Dieses politische Ereignis ließ die Aktienkurse der Unternehmen einbrechen - obwohl ihr innerer Wert dadurch keineswegs geschmälert wurde. Daher profitierten wir von den übertriebenen Reaktionen am Markt, indem wir einige Titel wieLVMH, Kering und Rémy Cointreau stark gewichteten.
Unterschiede zum klassischen Value-Ansatz
In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Methode von METROPOLE Gestion von dem klassischen Value-Ansatz, auf dem große Indizes wie der MSCI Value beruhen. Konkret besteht der Unterschied im Wesentlichen darin, dass wir auch in Branchen investieren, die in den Value-Portfolios normalerweise fehlen. Ein Beispiel dafür sind besagte Luxusgüteraktien. Anders liegt der Fall bei Energietiteln: Diese sind im Allgemeinen bei Value-Managern sehr beliebt, weil sie hohe Dividendenrenditen bieten. Auch in unseren Portfolios wie dem METROOLE Selection ist diese Branche zurzeit stark vertreten. Bis 2015 hatten wir allerdings völlig auf Energietitel verzichtet, da deren hohe Renditen kein ausreichendes Anlageargument darstellten. Der dramatische Ölpreisverfall und die damit einhergehenden Kursrückgänge bei den großen Ölkonzernen seit 2014 haben inzwischen jedoch zahlreiche Anlagechancen eröffnet.
Die Marktübertreibungen in den letzten beiden Jahren haben zu zahlreichen Bewertungsabschlägen und einer ausgeprägten Bewertungsdichotomie am Aktienmarkt geführt. Viele Aktien, die zugunsten von defensiveren oder von als anleiheähnlich wahrgenommenen Titeln verkauft wurden, weisen Bewertungsabschläge gegenüber ihrem inneren Wert auf. Derzeit sprechen viele Faktoren dafür, dass diese Bewertungsanomalien korrigiert werden und dass der Value-Ansatz in den kommenden Monaten überdurchschnittliche Renditen liefern wird.