Aktien: Transformation der europäischen Unternehmen wird vom Markt ignoriert
Die Entwicklung an den Aktienmärkten wurde in diesem Jahr vor allem durch politische Faktoren bestimmt. Der Brexit, die Wahlen in den USA, die Verhandlungen zwischen den erdölfördernden Ländern sowie das Referendum in Italien haben die Fundamentaldaten der Unternehmen sowie deren Bewertungen in den Hintergrund gedrängt. Dennoch haben die europäischen Unternehmen (vor allem Zykliker) umfassende Umstrukturierungen durchgeführt, um sich an ein instabiles Umfeld anzupassen und die Auswirkungen der Schocks zu dämpfen, die die europäische Wirtschaft seit 2008 erschüttert haben.
Umfassende Umstrukturierungen
Der Öldienstleister Technip beispielsweise hat seine Fixkosten in nur einem Jahr um mehr als 20 Prozent gesenkt, um auf den dramatischen Auftragsrückgang in der "Subsea"-Division zu reagieren, die 48 Prozent des Umsatzes ausmacht. Dank dieser strukturellen Kostensenkungen dürfte die Division eine stabile operative Marge von 13 Prozent erreichen, obwohl der Umsatz von 2015 bis 2017 voraussichtlich um knapp 40 Prozent zurückgehen wird. Unseren Berechnungen zufolge berücksichtigt die aktuelle Bewertung des Titels weder den gesamten Umfang der Umstrukturierungen noch die Aussichten auf eine Erholung der Aktivität oder die Synergien aus der Fusion mit dem US-Konkurrenten FMC.
Gleiches gilt auch für den schwedischen Industriekonzern Alfa Laval, den wir vor kurzem in das Portfolio unseres Flaggschiff-Fonds METROPOLE Sélection aufgenommen haben. Trotz eines Auftragsrückgangs um 28 Prozent gegenüber dem Höchststand von 2014 werden die bisher erzielten Kosteneinsparungen dem Konzern ermöglichen, ein hohes Margenniveau von etwa 16 Prozent beizubehalten, was einem Rückgang um lediglich 100 Basispunkte gegenüber 2014 entspricht. Der Titel erscheint uns, gemessen am Unternehmenswert-EBITA-Verhältnis, das bei Fusionen und Übernahmen in dieser Branche in der Zyklusmitte normalerweise im Bereich von 12 liegt, sehr niedrig bewertet. Darüber hinaus verfügt das Unternehmen über eine Free-Cashflow-Rendite von mehr als 7 Prozent - und das in einem Zyklustief.
Indessen sind die Anleger gegenüber dem italienischen Bankensektor extrem pessimistisch. Trotz der negativen Stimmung am Markt ist es dem InstitutIntesa Sanpaolo, das zu unseren Favoriten zählt und u.a. in unserem METROPOLE Selection enthalten ist, gelungen, seine Bilanz erheblich zu stärken, sodass kein Risiko einer Kapitalerhöhung mehr besteht. Intesa Sanpaolo hat sein Eigenkapital seit 2008 um über 50 Prozent erhöht und weist inzwischen eine Kernkapitalquote auf, die mit 13 Prozent deutlich über dem von der Europäischen Zentralbank festgelegten Mindestniveau von 9,5 Prozent liegt. Darüber hinaus ist es der Bank im laufenden Jahr gelungen, ihren Bestand an zweifelhaften Forderungen um nahezu 5 Milliarden Euro zu reduzieren, während sie zugleich, dank ihrer hohen Gewinne, eine Bardividende von 3 Milliarden Euro in 2017 angekündigt hat, was einer Dividendenrendite von 8,8 Prozent entspricht.
Zykliker weisen die höchsten Bewertungsabschläge auf
Nicht nur die großen Industriekonzerne haben umfassende Umstrukturierungen auf den Weg gebracht. Auch Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung haben entsprechende Pläne umgesetzt, wie beispielsweise der Motorenhersteller Deutz, der im Portfolio des METROPOLE Avenir Europe enthalten ist. Der Konzern, dessen Aktivität gegenüber 2011 um 40 Prozent zurückgegangen ist, hat seine Kostenbasis erheblich reduziert, und damit seine Gewinnschwelle um 50 Prozent gesenkt. Deutz verzeichnet derzeit eine Nullmarge, was auf den Zusammenbruch bestimmter Endmärkte wie z.B. für Agrarmaschinen und Schwerlastkraftwagen zurückzuführen ist. Dank der Senkung der Fixkosten könnte das Unternehmen jedoch bereits bei einem Aktivitätsniveau 25 Prozent unterhalb des vorhergehenden Zyklushochs einen neuen Margenhöhepunkt erreichen. Diese Transformation wird allerdings bisher vom Markt nicht berücksichtigt: Das Unternehmen weist ein Unternehmenswert-Umsatz-Verhältnis von lediglich 0,45 für eine normale operative Marge von 6 Prozent in der Zyklusmitte auf. Es sind daher die Zykliker, die notgedrungen die umfassendsten Umstrukturierungen durchgeführt haben und somit paradoxerweise die höchsten Bewertungsabschläge aufweisen. Diese Anomalien dürften unweigerlich in einem stabileren wirtschaftlichen und politischen Umfeld zurückgehen.