Think big oder small is beautiful?
Think big oder small is beautiful?. +++Russland und Ukraine präsentieren sich beim Eigenkapital-Forum in Frankfurt/M+++Moskauer Börse schon +50% und Börse Kiew +24%+++IP0s und Privatisierungen machen beide Börsen weiterhin attraktiv+++
Am 28. und 29. November stellen sich Unternehmen, Broker und Analysten aus den Ländern Russland und Ukraine beim Eigenkapital-Forum in Frankfurt/M vor. Sowohl die Moskauer Börse als auch die Kiewer Börse erfreuten die Anleger in den letzten Jahren mit einer Top-Performance. Auch in diesem Jahr überzeugen beide Börsen mit einer überdurchschnittlichen Entwicklung. Während der PFTS-Index der Börse Kiew bei 427 Indexpunkten ein Kursplus von 24% seit Jahresbeginn erreichte, konnte der RTS-Index bei 1700 Indexpunkten mit einer doppelt so guten Performance glänzen, denn der RTS-Index stieg um 50% seit Jahresbeginn. Dabei erwiesen sich beide Börsenindices als äußerst volatil in diesem Jahr. Vor allem in den Monaten Mai bis Juli kam es aufgrund externer Faktoren zu erheblichen Kapitalabflüssen und Kurseinbußen, die in den letzten beiden Monaten aber wieder zum Teil wett gemacht wurden. Damit scheint sich die herausragende Performance des letztes Jahres zu wiederholen, als der RTS-Index auf US-Dollar-Basis ein Kursplus von 80% und der PFTS-Index ein Kursplus von 32% ereichte.
Die Börsen Moskau und Kiew sind aber schon aufgrund der Größe und Liquidität wenig vergleichbar. Während die Moskauer Börse mit einer Marktkapitalisierung von fast 1 Billion US-Dollar schon der Frankfurter Wertpapierbörse Konkurrenz machen kann, beträgt die Marktkapitalisierung der Börse Kiew nur 36 Mrd. US-Dollar. Wenn man allerdings nur den Free Float berücksichtigt, hat die Moskauer Börse nur eine Market Cap von 178 Mrd. USD und die Kiewer Börse von 2,5 Mrd. USD. In Russland sind noch viele Blue Chips wie Gazprom und Rosneft mehrheitlich in Staatsbesitz und in der Ukraine beträgt der Free Float im Durchschnitt nur 7%. Alleine die Öl- und Gasgiganten Gazprom und Rosneft sind mit zusammen über 300 Mrd. US-Dollar Market Cap fast 10 mal größer als die Gesamtheit aller an der Börse Kiew gelisteten Unternehmen. Folglich gibt es auch große Unterschiede in der Liquidität der Blue Chips. Während an der Moskauer Börse täglich in etwa 1 Milliarde US-Dollar umgesetzt wird, ist der Börsenumsatz an die Börse Kiew mit 5-10 Mio. USD täglich noch äußerst dürftig. Hier fällt es bei Nebenwerten schon schwer, eine Position von 50.000 € schnell zu liquidieren, was zum Teil mehrere Tage oder sogar Wochen in Anspruch nimmt. Die Börse Kiew ist daher mehr mit dem russischen Nebenwertemarkt, der im RTS2 („Russian Trading System 2) zusammengefasst wird, vergleichbar. Hier sind die Umsätze auch noch recht dünn – oft kommen tagelang überhaupt keine Umsätze zustande - und die Spreads zwischen Ask und Bid sind folglich recht hoch (zum Teil sogar über 30%, also das, was man im Jahr gerne verdienen würde). Investments in der Ukraine haben also noch mehr den Charakter von Private Equity und sind nur für geduldige Langfristinvestoren geeignet, da die Tradingmöglichkeiten sehr begrenzt sind. Dagegen bieten sich bei den russischen Blue Chips wie Gazprom, Lukoil, Surgutneftegas, Norlisk Nickel, Vimpel Com und UES schon gute Trading-Möglichkeiten und ein Exit ist auch bei relativ großen Positionen jederzeit möglich. Die ukrainischen Blue Chips Ukrnafta, NPR, Ukrtelekom, Ukrsocbank und Zakhidenergo sind demgegenüber in der Liquidität noch sehr eingeschränkt. So ist es nicht verwunderlich, das der Hauptumsatz in der Ukraine immer noch außerbörslich in so genannten Block-Trades von größeren Aktienpakten zustande kommt.
Auch gibt es außer den an deutschen Börsen gehandelten ukrainischen Titeln keine Investmentvehikel für deutsche Privatanleger, während der geneigte Russland-Investor schon eine ganze Reihe von Russlandfonds und Indexzertifikate auf den RDX-, RTX und neu den DAX global Russia Index mit den 17 liquidesten Aktien zur Auswahl hat. Dennoch setzt Rainer Bergmann, der Vorstandsvorsitzende der deutschen Wertpapierhandelsbank RG-Securities AG, vor allem auf die Ukraine als lukrative Marktnische mit Zukunft. RG-Securities, der diesjährige Hauptsponsor des EK-Forums, hat auch schon eine Reihe von IPOs und Listings wie von Galnaftogas und Bank Forum an der Frankfurter Wertpapierbörse begleitet. An deutschen Börsen notieren in Frankfurt/M und Berlin mit 71 Titel aus Russland fast doppelt so viele Aktien wie aus der Ukraine, die aber wiederum mit einer Zahl von 40 handelbaren einen Spitzenplatz im Osteuropa-Universum ausmachen. Die Ukraine hat gegenüber Russland in vielen Belangen noch sehr viel Nachhol- und mithin Entwicklungspotential. Gerade das macht aber die Börse Kiew für Langfristinvestoren sehr interessant. Von der Bewertung her sind ukrainische Titel mit einem KGV von 8-9 im Durchschnitt etwas niedriger bewertet als russische Aktien mit einem KGV von 10-12, wobei es hier sehr auf die Zusammensetzung des Aktienkorbes ankommt. Während die Moskauer Börse sehr von Energiewerten abhängig ist, spielen für die Börse Kiew vor allem Banken, Versorger und Stahlunternehmen eine schwergewichtige Rolle. Die Banken haben in der Ukraine ein hohes Wachstumspotential, sind im Durchschnitt mit einem KGV von über 20 aber auch schon relativ hoch bewertet. In Russland dominiert die Sberbank den immer noch stark fragmentierten russischen Bankenmarkt und die Sberbank ist auch der einzige liquide Blue Chip. In den nächsten beiden Jahren werden aber eine Reihe von schwergewichtigen IPOs im Bankensektor erwartet wie bei der Vneshtorgbank, Gazprombank, MDM Bank und Rosbank. Angeblich will der Investment-Guru George Soros, gebürtig in Ungarn, jetzt aber 1 Mrd. USD in den russischen Banken und Versicherungsmarkt investieren, obwohl er sich über das Land nicht immer- so zuletzt auch in Berlin- positiv geäußert hat und auch noch so manche Wunde aus der Zeit der 98-Krise lecken muss.
Während an der Börse Moskau im nächsten Jahr eine ganze Reihe von IP0s zu erwarten sind, wartet man in der Ukraine auf die Privatisierung von marktschweren Titel wie bei der T-Aktien Ukrtelecom und vor allem bei Versorgern. Aber auch IPOs sollen die Börse Kiew bereichern, wobei die IPO-Volumina wiederum wesentlich geringer sind als in Russland In diesem Jahr wurden von russischen Aktien schon IPOs im Volumen von 16 Mrd. USD durchgeführt; bis Jahresende sollen es 18 Mrd. USD werden und im nächsten Jahr über 20 Mrd. an die Börse gebracht werde, wobei das IPO von Rosneft mit einem Volumen von 10 Mrd. USD in diesem Jahr das größte russische und fünftgrößte IPO der Welt überhaupt war. Im nächsten Jahr werden 60 weitere IP0s an der Börse Moskau erwartet, wo jetzt neuerdings auch Milliardenplatzierungen möglich sind, was vor 2 Jahren noch unmöglich war. Bei der Rosneft-Platzierung wurden auch einige Oligarchen wie der reichste „Engländer“ Roman Abromovich „zur Kasse gebeten“. Als Haupt-IPO-Platz und Haupthandelsplatz für westliche Institutionelle hat sich mittlerweile die Londoner Börse herausgebildet, wo es auch zu hohen Umsätze bei den Global Depository Receipts (GDR: Hinterlegungszertifikaten) kommt, weil die Börse Moskau noch nicht überall als regulierter Markt von westlichen Institutionen anerkannt wird. Beide Länder werden von so genannten Oligarchen beherrscht, die Beteiligungen vor allem im Rohstoff- aber auch im Banken- und Telekomsektor haben und damit reich geworden sind. Auch sind in beiden Ländern Korruption und Bürokratie immer noch Übel, die beseitigt bzw. zumindest vermindert werden müssen. Während in Russland die Politik vom "Zar" Putin vorgegeben wird und der Kreml auch eine starke Position in vielen Wirtschaftsbereichen hat, kämpfen in der Ukraine verschiedene konträre Machtblöcke – grob eingeteilt die prowestliche "orangene Revolution" unter dem Präsidenten Juschtschenko und die prorusssiche sozialistische Partei unter dem Vorsitz von Janukowitsch um die Vormachtstellung. Im Moment gibt es hier - vergleichbar mit Deutschland - eine Pattsituation und beide feindlichen Lager sitzen nun als Präsident und Primier an der Spitze in einem Boot und müssen das Land durch Reformen voranbringen. Dies birgt Chancen der Integration und Kompromissbildung, aber auch Risiken des Scheiterns in sich. In Russland finden im Dezember nächsten Jahres Duma- und im April 2006 Präsidentschaftswahlen statt. Die Kurse könnten dann auch zeitweise politisch beeinflusst werden so wie die politische Unsicherheit in der Ukraine auch lange Zielt die Börse Kiew in diesem Jahr lähmte. Auch gibt es beiden Ländern immer noch Corporate Governance und Transparenzprobleme vor allem bei von Oligarchen oder dem Staat beherrschten Unternehmen. Langfristig sind aber beide Länder, die noch den WTO-Beitritt anstreben, chancenreich, obwohl sich in den nächsten Jahren sicherlich nicht so leicht Geld verdienen lässt wie in den vergangenen Jahren (seit 2002). Hohe Volatilität ist insbesondere bei stark schwankenden Rohstoffpreisen in Zukunft einzukalkulieren Der Anleger muss sich zudem selbst dafür entscheiden, ob er dem Leitgedanken "Think big" (=Börse Moskau) oder "small is beautiful" (=Börse Kiew) folgen will. Beide Wege können mittelfristig zum Anlagererfolg führen. Mein Tipp: Besuchen Sie das EK-Forum am 28. und 29 November in Frankfurt/M (siehe www.eigenkapitaforum.de). Dann können Sie sich selbst ein Bild machen, welches Investment für Sie vorteilhafter ist.
Hinweis: am 15. Dezember wird der Autor beim ganztägigen, kostenlosen Börsenseminar von Trading-house.net AG einen Kurz-Vortrag über die "Handelsmöglichkeiten in Osteuropa" halten. Anmeldung unter www.trading-house.net
@ ad-hoc-news.de
| 24.11.06 07:00 Uhr