Ende der Finanzkrise?
+++Widersprüchliche Zahlen in den USA+++Wichtige Chartmarken erreicht+++ Entscheidende Woche steht bevor+++Moskauer Börse im Mai im Rampenlicht+++Neue Exotenbörsen im Vormarsch+++
Die Wall Street tanzte mit Freudensprüngen in den Mai: Nach der allseits erwarteten Zinssenkung vom US-Notenbankchef Ben Bernanke um 0,25 Basispunkte auf 2% (schon die 7 in Folge!) waren die Weltbörsen zum Wochenschluss kurzfristig in Hausselaune. Der Dow Jones Index überschritt wieder die 13000-Marke und ist damit schon fast wieder auf dem Niveau zu Jahresbeginn, was in Anbetracht des dramatischen Ausmaßes der Finanzmarktkrise kaum einer so schnell erwartet hatte. Die Weltbörsen stehen damit vor marktechnisch äußerst wichtigen Marken, deren Überschreiten entweder eine „Frühjahrsrallye“ oder, falls die Marken nicht nachhaltig überwunden werden können, die Bestätigung der „Bärmarktrallye“ zur Folge haben. Die Entscheidung dafür erfolgt in den nächsten Tagen. Die charttechnisch wichtigen Marken sind beim Dow Jones 13.100, bei S&P 1420, beim DAX 7100 und beim Nikkei 14050. Seit den Märztiefs konnten sich die Weltbörsen damit bereits in beeindruckender Weise erholen. Wenn die Marken nur kurzfristig aber nicht nachhaltig und mit nur geringen Umsätzen überwunden werden, könnten sich die neuen Hochs als Bullenfalle herausstellen.
Ganz offensichtlich gehen die Anleger an den Weltbörsen im Moment davon aus, dass die USA nicht in eine Rezession schlittern wird und dass wir das Schlimmste an den Finanzmärkten hinter uns haben. Besonders die zuvor arg gebeutelten Finanztitel konnten sich wieder kräftig erholen. In der Tat gibt es bisher immer noch keinen Beleg dafür, dass sich die USA in einer Rezession befinden, denn das BSP stieg wie im Vorquartal um 0,6%, was höher war als erwartet. Auch die Arbeitsmarktdaten waren am Freitag mit einem Verlust von durchschnittlich 65.000 im Monat besser als erwartet. In wirklichen Rezessionsjahren betragen die Arbeitslosenzahlen über 100.000 im Monat, was auf eine milde Rezession hindeutet. Sun Microsystems will aber 2500 Mitarbeiter entlassen. Die Aktie brach um 22% am Freitag ein. Dabei sollte der Anleger aber beachten, dass viele amerikanische Unternehmen ihre Lagerbestände erhöht haben, also auf Halde produziert und somit nichts verkauft haben, vor allem im Automobilsektor in den USA. Dennoch waren Autotitel zuletzt stark gefragt, denn jetzt werden in den USA erstmals die Steuerschecks verteilt, was den Konsum beleben soll. Auch sorgten gute Unternehmensergebnisse von Google und Intel für eine positive Stimmung an der Wall Street. Auch der Dollar konnte sich wieder merklich auf 1,54 EUR/USD erholen, was der Goldpreis auf 857 USD/Unze einbrechen ließ.
Ich bezweifele allerdings, dass die Finanzkrise in den USA schon abgehakt ist. Gerade die letzte Erhöhung der Kapitalbeschaffung der Citibank von 3 auf 4,5 Mrd. USD deutet darauf hin, dass es immer noch Liquiditätsengpässe bei einigen Großbanken gibt. Möglicherweise muss sogar Citibank (Deutschland) verkauft werden, um einer Pleite zu entgehen. Die Royal Bank of Scotland wird sogar zu einer Kapitalerhöhung von 12 Mrd. Pfund gezwungen. Auch das Ergebnis der Deutsche Bank AG war mit einem Quartalsverlust von 113 Mio. USD recht ernüchternd. Noch wesentlich höher werden die Quartalsverluste bei Credit Suisse und UBS im Milliardenbereich werden. Ich rechne mit weiteren Zwangs-Kapitalerhöhungen und Abschreibungen im Finanzsektor im 2. Quartal. Auf der anderen Seite gibt es auch Gewinner wie JPMorgan und auch SAL Oppenheim, die sogar ABS schon wieder aufkaufen.
Auch das weltweit grassierende Inflationsproblem ist noch nicht so recht in den Köpfen der Anleger angekommen, was aber durchaus bedeutsam ist. Denn die meisten Emerging Makets- Notenbanken fahren im Gegensatz zur FED einen restriktiven Kurs und reagieren mit steigenden Zinsen, um der Inflationsgefahr Herr zu werden. Dies wird uns wohl das ganze Jahr beschäftigen. Zudem ist mit weiteren Gewinnwarnungen zu rechnen, wie Siemens schon durch die Blume andeutete. Das heißt die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft werden wir erst mit einer gewissen Zeitverzögerung im 2. und 3. Quartal zu spüren bekommen.
Die Moskauer Börse hat aber durch die hohen Öleinnahmen weiteres Erholungspotential. So meldet LUKoil für 2007 einen Rekordgewinn von 9,5 Mrd. USD, der in diesem Jahr sogar noch gesteigert werden kann. Der Ölpreis zog am Freitag sogar wieder auf 116 USD/Barrel an, was kein russisches Unternehmen eingeplant hat. Es fallen also hohe windfall profits an. Ebenso dürften Rosneft und Gazprom den Gewinn und Umsatz in diesem Jahr erheblich erhöhen. Auch Stahlaktien werden in diesem Jahr Rekordgewinne einfahren. Einige russische Aktien konnten schon im April neue historische Höchstkurse erreichen wie der Düngemittelhersteller Uralkali, die Stahlwerte Evraz Group, NLMK und Mechel sowie das Gasunternehmen Novatek. Der Kurs von Uralkali konnte sich seit dem IPO im Dezember 2007 in einigen Monaten schon mehr als verdoppeln. Das nächste IPO von Bedeutung an der Londoner Börse wird RussHydro bzw. HydroOGK, der zweitgrößte Wasserkraftkonzern der Welt, im Juli sein. Am 7. Mai wird offiziell der neue Präsident Dimtrij Medwedew ins Präsidentenamt eingeführt und Putin wird ihm dann als neuer Primier zur Seite stehen. Welche Aktien von dem neuen „Dreamteam“ profitieren könnten, wird auf der täglich aktualisierten Ostbörsen-Hotline 09001-861400-1 (1,86 € Min) und auch im nächsten EAST STOCK TRENDS besprochen.
Noch höher ist jedoch das Erholungspotential in Südosteuropa, wo die Kurse um über 30% eingebrochen sind. Im Mai finden in Serbien Parlamentswahlen statt, was im Hinblick auf die noch zu lösenden Kosovo-Problematik von Bedeutung ist. Mein Favorit an den Ostbösen ist jedoch für dieses Jahr die Slowakei, da sie nach Slowenien das nächste Land ist, das in 2009 den Euro einführen wird. Zudem wuchs die Slowakei mit 14% beim BSP schon im letzten Jahr sehr dynamisch. Unter den Emerging Markets gefallen mir außer den Ostbörsen besonders gut Brasilien (nach dem „Investmentgrade“ bei den Anleihen sogar neue Allzeit-Hochs!) und viele Länder in Afrika (Südafrika, Nigeria), besonders Nordafrika (wie Marokko und Tunesien) sowie einige arabische Länder (wie Katar, Oman, Kuwait etc) aufgrund der Öleinnahmen. Wer es ganz exotisch mag, nimmt auch Pakistan auf die Watch-list, denn diese jetzt stark kommenden Exotenmärkte können auch bei einer fallenden Wall Street steigen.
Fazit: Die Entwicklung an den Ostbörsen wird maßgeblich von der Entwicklung der Wall Street abhängen: werden die charttechnisch wichtigen Widerstandslinien jetzt überschritten, ist der Weg für eine Frühjahrsrallye frei. Prallen die Indices aber davon ab und korrigieren wieder nach unten, könnten die letzten Kursanstiege der letzten Tage in der Tat unter dem Begriff „Bärmarktrallye“ zusammengefasst werden, denn die 200-Tageslinien sind immer noch fallend und die Umsätze waren zuletzt relativ gering. Verhalten Sie sich dabei wie ein Chamäleon und gehen jeweils mit dem Markt, der bekanntlich immer Recht hat.
Hinweise: Der Autor wird am 7. Mai in N24 (www.n24.de) um 18.15 Uhr über die Chancen des russischen Aktienmarktes befragt werden. Der Autor wird am 7. Juni anlässlich des Emerging Market Kongresses in München einen Vortrag über die „Neuen Investmentchancen in Osteuropa“ halten. Dort wird auch die Investment-Legende Dr. Mark Faber seine Einschätzung zu den Weltbörsen geben. Verpassen Sie diesen Termin nicht (Anmeldung www.investoren-akademie.de)!
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| 03.05.08 11:29 Uhr