300-400% in Osteuropa !
+++Ostbörsen im Bann von Wahlen+++Neue Allzeicht-Hochs auch in Osteuropa+++Boom in Sofia und Kiew+++Konflikt Ukraine-Russland möglich+++die reichsten Politiker sitzen in Osteuropa-Parlamenten+++
Die guten Arbeitsmarktdaten in den USA brachten zum Wochenschluss fast alle Welt- und so auch die meisten Ostbörsen in Schwung. Die Bankenkrise scheint es nicht mehr zugeben und auch das Wort Rezession wird im Gedankengut der Börsianer gestrichen. Sogar der S&P erreichte jetzt ein neues Allzeit-Hoch. Auch die Ostbörsen befinden sich wieder in Hausselaune und nähern sich ihren Allzeit-Hochs oder übertreffen sie sogar.
Dabei war die Börse Sofia schon im angeblich statistisch schlechtesten Börsenmonat um 20% gestiegen. Der SOFIX-Index erreichte mit dem neuen Allzeit-Hoch ein Plus von 51% und der marktbreitere BG40-Index sogar ein Plus von 170%. Vor allem Holdings und Chemiewerte waren stark nachgefragt und erreichten eine Performance von 300-400% im Durchschnitt. Dagegen kam es an der Nachbarbörse Bukarest im September zu erheblichen Kurseinbussen durch Gewinnmitnahmen. Auch die Aktien aus Kasachstan gaben erheblich nach, da sich die Banken aus Kasachstan, die den KTX-Index dominieren, sehr stark im Ausland verschuldet haben und es nun Befürchtungen gibt, dass sich die Zinskosten erheblich erhöhen. Ganz im Gegensatz dazu ist das Wachstum der ukrainischen Banken überwiegend durch Einlagenzuwächse finanziert, so wie es nach der goldenen Bankregel auch sein soll.
Die Börse Kiew war in den letzten Wochen durch die Parlamentswahlen am 30. September beeinflusst, wobei sich nun ein Machtwechsel andeutet. Die Börse nahm die ersten Wahlergebnisse zunächst positiv auf: die Börse Kiew wachte aus der Lethargie wieder auf und erreichte neue Höchstkurse. Dabei hatten sich Kurse schon zuvor in diesem Jahr in Kiew verdoppelt. Da es im Osten zu Verzögerungen bei der Auszählung der Stimmen kam, wurde das Wahlergebnis immer wieder korrigiert. Zuletzt hat nun die sogenannte „orangene Koalition“ einen hauchdünnen Vorsprung vor der sozialistischen „Partei der Regionen“ unter dem Vorsitz des Ex-Präsidenten Janukovic. Damit deutet sich an, dass die ehemalige Ministerpräsidentin Julia Tymochenko, die mehr einen pro-westlichen Kurs fährt und sogar mit der EU-Mitgliedschaft liebäugelt, wieder die Macht als neuer Primier übernehmen könnte. Die schöne Julia mit den wunderbar geflochtenen Zöpfen hat sicherlich auch Ambitionen, als Kandidaten für das Amt des Präsidenten im Jahr 2009 später zu kandidieren, dessen Macht jetzt aber eingeschränkt ist. Die Tage von dem ehemaligen Hoffnungsträger Juschtschenko, der ohnehin nicht mehr Herr aller Dinge zu sein scheint, sind also gezählt. Ob die neue Koalition unter Tymochenko jedoch positiv für das Gedeihen der Wirtschaft in der Ukraine ist, darf bezweifelt werden. Gazprom hat schon jetzt vorsorglich die rückständigen Schulden für Gaslieferungen eingefordert und droht wieder damit, andernfalls der Ukraine den Gashahn abzudrehen. Zudem kann es zu drastischen Gaspreiserhöhungen unter der neuen Regierung pro-westlichen kommen, auch wenn Tymochenko auch stabile Beziehungen zu Russland pflegen will. Ein Konflikt Ukraine-Russland scheint damit früher oder später vorprogrammiert. Dabei sind die wirtschaftlichen Beziehungen der Ukraine zu Russland im Moment immer noch wichtiger als die Beziehungen zu Europa. Es ist bedauerlich, wenn Politiker immer wieder ihre eigenen Machtinteressen bzw. die Interessen der hinter ihr stehenden Lobby vor denen des Volkes stellen. Fraglich ist auch, ob Tymochenko wieder an der Privatisierung rütteln oder sie gar rückgängig machen will, was zum Chaos führen könnte. In dem Parlament in der Ukraine, das Janukovic voll hinter sich hatte, saßen zuletzt von 450 Abgeordneten 350 Millionäre (!), also die Bosse der Wirtschaft mit Ausnahme der Oligarchen, die aber ihre Vertreter ins Parlament schickten.
In der russischen Duma sitzen sogar 30 der 66 Milliardäre, die es in Russland schon gibt, wovon wiederum auch 30 in Moskau, einige aber auch in London leben. Die Zahl der Milliardäre verzehnfachte sich in Russland seit seiner Amtsübernahme von Putin im Jahr 2000, wobei der zunehmende Wohlstand auch in Russland nicht gleich verteilt ist. Die Rentner müssen nach wie vor im Durchschnitt mit unter 100 € im Monat auskommen. Nachdem Putin nach der Verfassung ein Drittes Mal bei der Präsidentschaftswahl nicht mehr antreten darf, will er nun als Spitzenkandidat der kremlnahen Partei „Geeintes Russland“ für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren. Schon zuvor entließ er die Regierung und setzte als neuen Primier den ehemaligen Chef der Finanzaufsicht Subkow ein. Subkow gilt nun zusammen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Medwedew und dem Ex-Verteidigungsminister Iwanow, auch „der Falke“ genannt, als „geeigneter“ Präsidentschaftskandidat, der das Amt im Sinne von Putin weiterführen könnte, wobei das Parlament unter Putin als Primier wahrscheinlich mehr Macht als zuvor haben wird. Auch die Moskauer Börse reagierte auf die brisanten News bisher positiv. Der RTS-Index überschritt am Freitag erstmals die 2100-er Marke und erreichte damit zwar auch ein neues Allzeit-Hoch; performte gegenüber den restlichen Ostbörsen mit einem Plus von 10% bisher unterdurchschnittlich. Allerdings schnitten Telekom-, Konsum- und Stahlaktien mit einer Performance von über 40% im Durchschnitt weit besser ab als die in den Indices hochgewichteten Öl/Gaswerte. Ich werde am bei der letzten großen Investmentkonferenz vor den Parlamentswahlen am 17./18.Oktober in Moskau sein. Russland, insbesondere die Boomtown Moskau, ist so „großartig“, dynamisch spannend und widersprüchlich zugleich, dass ich Ihnen nur raten kann, auch einmal eine Reise nach Moskau zu machen, um sich ein Bild „vor Ort“ zu machen. Ein Billigurlaub wird es aber nicht werden, da Moskau mittlerweile die teuerste Stadt in Europa ist.
Fazit: Die Ostbörsen machen den Anleger weiterhin viel Freude, werden aber wohl auch in Zukunft durch „politische Entwicklungen“ in den Bann gezogen, was nicht von Nachteil sein muss. Auch in Polen finden demnächst Neuwahlen statt. Auch dies ist ein Finanzplatz, der international mehr Aufmerksamkeit verdient, weil die wirtschaftlichen Fortschritte weit besser sind als die politischen. Immerhin sitzen in den osteuropäischen Parlamenten weit mehr Leute mit wirtschaftlichem Background und Erfahrung als in Deutschland, wo Beamte, Rechtsanwälte, Bürokraten das Sagen haben und die Wirtschaftskapitäne bestenfalls nur hoch dotierte Beratungsmandate haben. Vielleicht ist das osteuropäische „Demokratiemodell“ insofern sogar doch das bessere…!
Hinweis: Der Autor wird am 10.Oktober um 18.15 Uhr auf N24 (siehe www.n24.de/boerse, dort Live-Stream um 18.30 Uhr oder später unter Investmentvideos) über die Chancen in Russland interviewt werden und am 26. Oktober in Bloomberg TV. Das nächste ESI-Ostbörsen-Seminar „Go East – Die Karawane zieht weiter““ findet am 25. Oktober in Frankfurt/M statt. Anmeldung unter ESI GmbH, Jüthornstr. 88, 22043 Hamburg, Tel: 040/6570883; Fax: 040/6570884, E-Mail: info@eaststock.de, web: www.eaststock.de.
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| 06.10.07 20:42 Uhr