Schwindende, Konjunkturängste

Die Börsen rund um den Globus befinden sich nach den Kursverlusten wieder auf Erholungskurs.

Schwindende Konjunkturängste. Die Investoren bleiben vorsichtig und setzen auf defensive Zertifikate.

Ein Ausverkauf an den Börsen im Frühjahr scheint in den letzten Jahren zu einem Ritual geworden zu sein. Seit 2004 gab es jeweils in den ersten Monaten des Jahres einen Kursrutsch, der sich allerdings regelmäßig als Korrektur in einem übergeordneten Aufwärtstrend entpuppte. Im Jahr 2004 waren der Beginn des Zinserhöhungszyklus in den USA und Befürchtungen über Kreditausfälle in China für den Kursrückgang verantwortlich. 2005 trennten sich die Investoren vor allem von wachstumssensiblen Anlagen aus Furcht vor einem Einbruch der Weltkonjunktur. Der Grund der Börsenkorrektur im Frühjahr 2006 war schließlich der weltweite Anstieg der Inflation, der nicht zuletzt durch kräftige Preiserhöhungen bei den Rohstoffen verursacht wurde. Die Renditen an den Anleihemärkten stiegen kräftig, was vor allem zu Verkäufen bei Assets aus den Emerging Markets führte. In diesem Jahr war es allerdings weniger eine Veränderung der fundamentalen Rahmendaten, die zu dem Rückschlag führte. Vielmehr wurde die Konsolidierung durch eine Veränderung der Risikoeinschätzung der Anleger ausgelöst. Gründe dafür sind der sich verschärfende Konflikt mit dem Iran, schwache US-Konjunkturdaten und eine zunehmende Besorgnis über Ausfälle von Hypothekenkrediten in den USA. Einige so genannte „Sub-Prime-Lenders“, also schlechter abgesicherte Kreditgeber, wurden bereits zahlungsunfähig. Der Kursrutsch an Chinas Börsen war dann letztlich der Auslöser dafür, dass die Anleger weltweit Gewinne mitnahmen. Dabei wurden vor allem die Anlagen verkauft, die zuvor hohe Erträge gebracht hatten oder die mit einem hohen Risiko behaftet sind. Der Kursrückschlag in China, der wiederum Schockwellen rund um den Globus schickte, wurde von Chinas Regierung initiiert, um die aus ihrer Sicht übertriebene Hausse zu bremsen. Peking will gegen den illegalen Handel mit Aktien sowie den ebenfalls verbotenen Aktienkauf auf Kredit vorgehen. Unabhängig von der Frage, ob die Aktien in China überbewertet sind oder nicht, sprechen die fundamentalen Rahmenbedingungen für anhaltend hohes Wirtschaftswachstum bei niedriger Inflation. Eine Abkühlung der Konjunkturdynamik ist im Sinne einer kontinuierlichen Entwicklung sogar förderlich und kein Vorbote eines Wachstumseinbruchs. Für eine dauerhafte Wende am chinesischen Aktienmarkt gibt es keinen fundamentalen rund. Die Korrektur in China war daher für viele Anleger lediglich der Anlass, um auch in anderen Märkten, die von den meisten Experten nicht als überbewertet angesehen werden, Gewinne mitzunehmen. Allerdings sind weitere Kursrückgänge dennoch nicht ausgeschlossen, wenn sich einer der genannten Risikofaktoren zuspitzt. Eine solche Zuspitzung wäre ein Einbruch der US-Konjunktur. In dieser Frage wird derzeit zwischen dem Vorsitzenden der US-Notenbank Ben Bernanke und seinem Vorgänger Alan Greenspan heißt diskutiert. Greenspan bezifferte die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in den USA im vierten Quartal 2007 auf immerhin ein Drittel. Als Grund nannte er die Wende bei den Gewinnmargen der Unternehmen, was früher häufig ein Vorbote von Rezessionen gewesen sei. Den Prognosen der Analysten zufolge dürfte sich das Wachstum der Gewinne der Unternehmen im S&P 500 von 16,6 Prozent 2006 auf 6,7 Prozent 2007 verringern. Allerdings ist dies zum großen Teil auf den Energiesektor zurückzuführen. Die Analysten rechnen hier 2007 mit einem Rückgang von 4,6 Prozent, nachdem die Gewinne 2006 in dieser Branche um 21,1 Prozent stiegen. Die geringe Bedeutung von Energieunternehmen am deutschen Aktienmarkt ist im Übrigen auch einer der Gründe dafür, warum das durchschnittliche Gewinnwachstum hierzulande stabiler bleiben dürfte. Ein Sinken der Gewinnmargen kann zu einer Einschränkung der Investitionstätigkeit der US-Unternehmen führen. Skeptiker sehen in den zuletzt gemeldeten Rückgängen bei den Auftragseingängen bereits einen Vorboten dafür. Bernanke hält diese Einschätzung jedoch für übertrieben. Er sieht die aktuelle Konjunkturschwäche vor allem als vorübergehende Anpassungsreaktion auf die Anhebung der Zinsen auf ein neutrales Niveau an. Der Schrumpfung der Gewinnmargen können einige Ökonomen etwas Positives abgewinnen. Die Entwicklung lässt sich auf eine Umverteilung der Einkommen zugunsten der Löhne zurückführen. Das ist typisch für einen fortgeschrittenen Konjunkturzyklus. Die Löhne steigen, was wiederum die Konsumkonjunktur auf einem hohen Niveau halten sollte. Für die Sichtweise von Bernanke, dass ein Konjunktureinbruch unwahrscheinlich ist, spricht das hohe Niveau der Gewinnmargen. Sie lagen bei den Nicht-Finanzunternehmen im dritten Quartal 2006 bei 13,7 Prozent – so hoch wie seit 1969 nicht mehr. Die Unternehmen gelten finanziell als gesund, was vor früheren Rezessionen meistens nicht der Fall war. Das lässt erwarten, dass die Unternehmen ihre Investitionsausgaben nicht drastisch kürzen. Auch von Zinsfront könnte nun Unterstützung für die Konjunktur kommen. Aufgrund der zunehmenden Globalisierung können die Unternehmen kaum Preiserhöhungen durchsetzen. In einem solchen Umfeld dürfte es der US-Notenbank leicht fallen, eine Zinspause einzulegen. Zinserhöhungen waren in der Vergangenheit häufig Auslöser für eine Rezession. Die Mehrheit der Experten ist daher auf der Seite von Ben Bernanke zu finden. Die Gefahr einer Rezession in den USA schätzen sie geringer ein als Alan Greenspan. Doch der Kursrückgang hat viele Anleger verunsichert. Entsprechend stieg in den Vorwochen das Interesse an Kapitalschutz Anleihen sowie Bonus und Discount Zertifikaten, mit denen Investoren ihr Risiko minimieren und ihre Ertragschancen optimieren können.
@ ad-hoc-news.de | 15.03.07 13:31 Uhr