Raub, Putin

Wenn Kritik des Gegners ein Beweis für die Wirksamkeit von Maßnahmen ist, können die G7-Staaten stolz sein auf ihren Ukraine-Beschluss.

14.06.2024 - 13:16:10

«Raub bleibt Raub»: Putin verurteilt neue Ukraine-Hilfe. Kremlchef Putin schickt scharfe Worte nach Süditalien.

Kremlchef Wladimir Putin hat nach dem weitreichenden Beschluss des G7-Gipfels zu russischem Geld für die Ukraine eine Drohung an die Gruppe der sieben großen demokratischen Industrienationen gesendet. Putin nannte die Nutzung von Zinserträgen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen für Ukraine-Hilfen in Milliardenhöhe «Raub». Beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7 war ein Durchbruch erzielt worden in dieser Frage: Die G7 wollen mit Zinsen ein Kreditpaket im Umfang von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) auf die Beine stellen. Die Ukraine soll das Geld bis Ende des Jahres bekommen.

Die Entscheidung wurde von den G7-Staaten Deutschland, Italien, USA, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Japan sowie der EU als Zeichen der Geschlossenheit der westlichen Ukraine-Unterstützer gepriesen. US-Präsident Joe Biden sagte: «Eine weitere Erinnerung an Putin, dass wir nicht nachgeben werden. Vielmehr sind wir geschlossen gegen diese illegale Aggression.» Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach von einem unerwarteten Ergebnis, das sie stolz mache. «Jetzt muss es technisch definiert werden.»

Putins Drohung

Die westlichen Staaten bemühten sich gerade um eine rechtliche Grundlage für ihre Entscheidung, sagte Putin während einer Rede im Außenministerium in Moskau, die russische Staatsmedien übertrugen. «Aber ungeachtet aller Kniffe: Raub bleibt definitiv Raub», fügte er hinzu. Die Entscheidung der G7 werde «nicht ungestraft bleiben».

Italien verhindert Erwähnung von Recht auf Abtreibung

Derweil verhinderte Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als Gastgeberin des Gipfels, dass die Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen ein klares Bekenntnis zum Recht auf Abtreibung erneuert. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen.

Demnach wird in der geplanten Abschlusserklärung lediglich betont, dass Frauen das Recht auf angemessene Gesundheitsdienste habe. Ganz allgemein wird dann gesagt, dass es dabei auch um «sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte» (SRGR) gehe. Unter reproduktiven Rechten wird dabei beispielsweise verstanden, dass Frauen selbst darüber entscheiden können, wann sie Kinder haben wollen.

Beim G7-Gipfel in Japan hatte sich die Runde der Staats- und Regierungschefs im vergangenen Jahr noch ganz deutlich zum Thema positioniert. Damals hieß es in dem Text: «Wir bekräftigen unser uneingeschränktes Engagement für die Verwirklichung umfassender sexueller und reproduktiver Gesundheit und damit verbundener Rechte für alle Menschen, einschließlich der Frage des Zugangs zu sicherer und legaler Abtreibung und der Versorgung nach der Abtreibung.»

Man sei entschlossen, für die Geschlechtergerechtigkeit und die Rechte von Frauen und Mädchen in all ihrer Vielfalt in unseren Ländern und im Ausland einzutreten, diese voranzubringen und zu verteidigen. Man werde mit dem Ziel zusammenarbeiten, Versuche, die mühsam errungenen Fortschritte in diesem Bereich zu untergraben, zum Scheitern zu bringen.

Option auf einen Segen

In dem Luxusresort «Borgo Egnazia» an der süditalienischen Adria-Küste landete am Mittag ein historischer Besucher: Papst Franziskus kam mit einem Hubschrauber aus Rom zum Gipfelort und wurde dort von Gastgeberin Meloni empfangen. Er ist der erste Papst in fast 50 Jahren G7-Geschichte, der an einem Treffen der Runde teilnimmt.

Das Kirchenoberhaupt von mehr als 1,3 Milliarden Katholiken ist bei einer Sitzung zum Thema Künstliche Intelligenz dabei. Der Argentinier könnte die Gelegenheit aber auch für andere Mahnungen an die internationalen Staats- und Regierungschefs nutzen - und auf den umstrittenen Präsidenten seiner Heimat, Javier Miliei, treffen. Milei wurde neben rund einem Dutzend anderer Staats- und Regierungschefs als Gast bei den G7 erwartet.

G7 wollen sich gegen Angriffe auf Wahlen wappnen

Die großen westlichen Industrienationen wollen sich entschlossener gegen Angriffe auf ihre Demokratien aus anderen Ländern verteidigen. In der Abschlusserklärung des G7-Gipfels in Italien äußerten sich die Siebenergruppe «mehr denn je besorgt» über Manipulationen und Einmischung in demokratische Institutionen und Wahlen. Zugleich bekräftigte die G7, auch angesichts der rasanten Entwicklung neuer Technologien für den Schutz von Grundwerten und Menschenrechten einzutreten.

In ihrer Erklärung verwiesen die Staats- und Regierungschefs darauf, dass in diesem Jahr rund um den Globus besonders viele Wahlen stattfinden. Von verschiedener Seite werde versucht, mit «Einmischungskampagnen, böswilligen Cyber-Aktivitäten und grenzüberschreitender Unterdrückung» die Souveränität von Staaten und deren demokratische Werte zu untergraben. An welche Adresse sich die Vorwürfe richten, wird in dem Dokument offengelassen. Insbesondere Russland steht jedoch in der Kritik, Wahlen beeinflussen zu wollen. 

Innerhalb der G7 umfasst der Wahlkalender in diesem Jahr die EU-Mitglieder Deutschland, Frankreich und Italien sowie Großbritannien und die USA. Gewählt wurde beispielsweise aber auch in Indien, der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt.

«Happy Birthday» Kanzler

Für Bundeskanzler Olaf Scholz nahm die schwierige Woche nach dem Europawahl-Ergebnis für seine SPD eine versöhnliche Wendung. Seine G7-Kollegen feierten ihn zu seinem 66. Geburtstag. Vor der ersten Arbeitssitzung stimmten einige von ihnen vor dem Sitzungssaal «Happy Birthday» an. Mit dabei waren neben Biden und Meloni auch der französische Präsident Emmanuel Macron, der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau, der britische Premierminister Rishi Sunak sowie die EU-Spitzen Ursula von der Leyen und Charles Michel.

@ dpa.de