Yoon, Südkoreas

Nachdem Yoon Suk Yeol vorübergehend das Kriegsrecht ausgerufen hat, gilt seine Zukunft als ungewiss.

04.12.2024 - 15:04:54

Yoon vor dem Aus? Südkoreas Präsident droht Amtsentzug. Ein Antrag auf Amtsenthebung dürfte bald zur Abstimmung kommen.

  • Südkoreas Präsident Yoon rief das Kriegsrecht aus - und nahm den Beschluss kurz darauf wieder zurück. - Foto: Ahn Young-joon/AP/dpa

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  • Polizisten vor dem Parlament schützten Militärfahrzeuge. - Foto: Lee Jin-man/AP/dpa

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Südkoreas Präsident Yoon rief das Kriegsrecht aus - und nahm den Beschluss kurz darauf wieder zurück. - Foto: Ahn Young-joon/AP/dpaPolizisten vor dem Parlament schützten Militärfahrzeuge. - Foto: Lee Jin-man/AP/dpa

Mit der nächtlichen Ausrufung des Kriegsrechts hat Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol die Menschen des Landes überrascht. Die Opposition schaffte es dank ihrer Mehrheit im Parlament, Yoon nur wenige Stunden später zur Umkehr von seiner Entscheidung zu zwingen. Doch die politische Krise ist dadurch nicht überwunden. Seine Gegner wollen den Präsidenten aus dem Amt drängen, es droht ein Machtvakuum. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Geschehnissen:

Warum hat Präsident Yoon das Kriegsrecht verhängt?

Einerseits hat Südkoreas Staatsoberhaupt seine radikale Maßnahme damit begründet, dass er die freiheitliche Ordnung schützen wolle. Er warf der Opposition vor, den Staat durch Blockaden - etwa über das kommende Haushaltsgesetz - zu lähmen. Aus Sicht Yoons seien die grundlegenden Fähigkeiten des Staats beeinträchtigt worden, sagt Mason Richey, Professor für internationale Politik an der Hankuk University of Foreign Studies in Seoul. 

Andererseits hielt Yoon der oppositionellen Linken vor, dass sie mit Nordkorea sympathisieren würde. Dafür hat der Präsident jedoch keinerlei Beweise vorgelegt. 

Beobachter argumentieren, dass die Ausrufung des Kriegsrechts auch innenpolitisch motiviert sein könnte. Yoon stand massiv unter Druck, seine Zustimmungswerte lagen zu Beginn der Woche bei lediglich 25 Prozent. An den vergangenen Samstagen waren bereits mehrere Tausend Demonstranten in der Hauptstadt Seoul auf die Straße gegangen, um Yoons Rücktritt zu fordern. Möglicherweise war die Verhängung des Kriegsrechts also auch der verzweifelte Ablenkungsversuch eines politisch isolierten Präsidenten. 

Wie reagierte die Opposition? 

Die Opposition kam nach der Verhängung des Ausnahmezustands am späten Dienstagabend (Ortszeit) in aller Eile in der Nationalversammlung zusammen, um über die Lage zu beraten. In einer ersten Abstimmung kurz nach Mitternacht am Mittwoch (Ortszeit) forderten sie den Präsidenten einstimmig dazu auf, das verhängte Kriegsrecht wieder zurückzunehmen. Wenige Stunden später unterschrieben sie schließlich einen Antrag auf Amtsenthebung gegen den Präsidenten. Dieser soll am Freitag oder Samstag zur Abstimmung kommen. Die Opposition wirft Yoon unter anderem Verfassungsbruch vor. 

Hat sich die Lage nun schon nachhaltig beruhigt?

Trotz Aufhebung des Kriegsrechts fanden am Mittwochabend (Ortszeit) in Seoul mehrere Kundgebungen statt, bei denen ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten gefordert wurde. Bislang scheinen die Proteste ausnahmslos friedlich abzulaufen. Ob die friedliche Stimmung anhält, hängt nach Einschätzung von Beobachtern auch vom weiteren Vorgehen des Präsidenten ab. Sollte er sich an die Macht klammern, könnte der öffentliche Druck möglicherweise auch zunehmend in Frust umschlagen. 

Gibt es außenpolitische Auswirkungen, insbesondere im Verhältnis zu Nordkorea?

Einige Beobachter haben die Befürchtung geäußert, das Nachbarland Nordkorea könnte die politische Instabilität in Seoul ausnutzen. Diese Möglichkeit gilt allerdings als höchst unwahrscheinlich. «Sollte das südkoreanische Kabinett zurücktreten und es ein bedeutendes Machtvakuum geben, dann bestünde die Möglichkeit, dass Nordkorea etwas unternehmen könnte – vielleicht entlang der innerkoreanischen Grenze», sagt Experte Richey. Er glaube aber, «die hier stationierten US-Streitkräfte und die südkoreanische Armee sind sehr wachsam». Die USA haben im Süden der geteilten koreanischen Halbinsel 28.500 Soldaten als Abschreckung gegen Bedrohungen durch Nordkorea stationiert.

Welche Chancen hat der Antrag auf Amtsenthebung überhaupt? 

Für die Annahme des Antrags der Opposition ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit der 300 Abgeordneten nötig. Zwar verfügen die sechs Oppositionsparteien mit 190 Sitzen über eine deutliche Mehrheit - sie wären dennoch auch auf Stimmen aus Yoons regierender Volksmacht-Partei (PPP) angewiesen, um auf mehr als 200 Stimmen zu kommen und den Präsidenten vorläufig zu entmachten. 

Es bleibt nach Einschätzung südkoreanischer Medien unklar, wie viele Abgeordnete der PPP den Antrag unterstützen würden. Da es auch offene Machtkämpfe innerhalb des Regierungslagers gibt, werden die Chancen allerdings als realistisch gesehen, dass Abgeordnete der PPP dem Antrag zustimmen könnten. 

Auch PPP-Chef Han Dong Hoon hatte das Verhalten Yoons kritisch gesehen. Am frühen Mittwochmorgen hatten sich nach Berichten der Zeitung «The Korea Times» 18 PPP-Abgeordnete der Resolution für die Aufhebung des Ausnahmezustands angeschlossen. Volksvertreter, die dem Yoon-Flügel zugerechnet würden, hätten dagegen eine eher vorsichtige Haltung eingenommen. 

Was passiert nach der Abstimmung im Parlament? 

Wird der Amtsenthebungs-Antrag der Opposition angenommen, muss das Verfassungsgericht darüber entscheiden, ob Yoon endgültig abgesetzt wird. Bis dahin wären die Funktionen des Präsidenten, der noch regulär bis Mai 2027 im Amt ist, ausgesetzt. Ministerpräsident Han Duck Soo würde die Amtsgeschäfte des Präsidenten kommissarisch übernehmen. 

Sieben Richter müssen gemäß Verfassung an den Beratungen teilnehmen und eine Amtsenthebung kann nur erfolgen, wenn mindestens sechs von ihnen zustimmen. Gegenwärtig sind allerdings nur sechs von neun Verfassungsrichter-Posten besetzt. Das Parlament müsste also nach Berichten südkoreanischer Zeitungen erst noch Nachfolger für Richter empfehlen, die zuletzt ausgeschieden sind. Die Diskussionen darüber seien jedoch ins Stocken geraten und die offenen Stellen könnten mit Blick auf die Beratungen für Probleme sorgen.

@ dpa.de

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