Nahost, Terror

Nach dem Hamas-Terrorangriff steht eine Bodenoffensive der israelischen Armee wohl bevor.

13.10.2023 - 10:20:27

Israels Armee ruft zur Massenevakuierung im Gazastreifen auf. Mehr als eine Million Palästinenser wurden aufgefordert, den nördlichen Gazastreifen zu verlassen.

  • Rauch steigt nach israelischen Luftangriffen über Gebäuden in Rafah auf. - Foto: Hatem Ali/AP/dpa

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  • Palästinensische Kinder warten nach einem israelischen Luftangriff auf medizinische Hilfe. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

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  • Israelis gehen in Aschkelon vor Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen in Deckung. - Foto: Leo Correa/AP/dpa

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  • Israelische Soldaten in Sderot nahe der Grenze zwischen Israel und Gaza. - Foto: Ilia Yefimovich/dpa

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Rauch steigt nach israelischen Luftangriffen über Gebäuden in Rafah auf. - Foto: Hatem Ali/AP/dpaPalästinensische Kinder warten nach einem israelischen Luftangriff auf medizinische Hilfe. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpaIsraelis gehen in Aschkelon vor Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen in Deckung. - Foto: Leo Correa/AP/dpaIsraelische Soldaten in Sderot nahe der Grenze zwischen Israel und Gaza. - Foto: Ilia Yefimovich/dpa

Israels Militär hat mehr als eine Million Palästinenser im nördlichen Gazastreifen zu einer Massenevakuierung aufgefordert. «Das Militär ruft alle Zivilisten von Gaza auf, ihre Häuser zu ihrer eigenen Sicherheit und zu ihrem Schutz nach Süden zu verlassen», teilte die Armee am Freitag mit. Demnach sollen sich die Menschen in ein Gebiet südlich vom Fluss Gaza und Wadi Gaza begeben.

Rund 1,1 Millionen Palästinenser sind laut Vereinten Nationen angewiesen worden, binnen 24 Stunden den nördlichen Gazastreifen zu verlassen. In den Erklärungen der israelischen Armee fehlte diese Zeitvorgabe. Armeesprecher Jonathan Conricus sagte: «Uns ist klar, dass das Zeit in Anspruch nimmt, das ist keine einfache Aktion.» Der Aufruf wird als Hinweis auf eine bevorstehende Bodenoffensive in den Gazastreifen gewertet.

UN übt Kritik an den Plänen

Die Vereinten Nationen üben scharfe Kritik an dem Aufruf zur Massenevakuierung. «Die Vereinten Nationen halten es für unmöglich, dass ein solcher Schritt ohne verheerende humanitäre Folgen stattfinden kann», sagte UN-Sprecher Rolando Gomez in Genf. «Die Vereinten Nationen rufen nachdrücklich dazu auf, einen solchen Befehl aufzuheben, um zu vermeiden, dass sich eine ohnehin schon tragische Situation in eine Katastrophe verwandeln könnte», sagte er.

Israels Armee beteuert dagegen, dass die geforderte Evakuierung so sicher wie möglich erfolgen solle. «Wir werden die Attacken kontrollieren, damit sie sich sicher bewegen können», sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari. «Es ist eine Kriegszone», betonte er gleichzeitig.

Es sei Israel klar, dass eine Evakuierung mehr als 24 Stunden dauern würde. Er nannte aber keinen klaren Zeitrahmen. Man habe die Einwohner den Aufruf auf verschiedenen Kanälen übermittelt. Man werde auch alles unternehmen, um sensible Orte wie Krankenhäuser bei Luftangriffen nicht zu treffen, sagte Hagari.

Terroristen hatten am vergangenen Samstag im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Islamistenorganisation Hamas Massaker mit mehr als 1350 Toten in israelischen Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet. Rund 150 Menschen wurden in den Küstenstreifen verschleppt und werden dort als Geiseln festgehalten.

Hamas: 13 Geiseln bei israelischen Luftangriffen getötet

Nach Angaben des militärischen Arms der Hamas im Gazastreifen sollen 13 Geiseln bei israelischen Luftangriffen getötet worden sein. Darunter sollen auch ausländische Staatsangehörige sein, behaupteten die Al-Kassam-Brigaden in einer Stellungnahme am Freitag. Unabhängig können diese Angaben nicht überprüft werden. Die isarelische Armee wollte den Bericht prüfen.

Durch die Gegenschläge der israelischen Luftwaffe auf den Gazastreifen starben laut dem dortigen Gesundheitsministerium mindestens 1537 Menschen, 6612 Menschen wurden verletzt.

Evakuierung in solch kurzer Zeit nicht realistisch

Eine Massenevakuierung binnen 24 Stunden wäre auch nicht realistisch, weil sich 50.000 Menschen pro Stunde über enge Straßen auf den Weg Richtung Wadi Gaza machen müssten. Augenzeugen im Gazastreifen berichteten, mehrere Bewohner seien bereits von der Hamas gestoppt und zur Rückkehr in den Norden aufgefordert worden. Generell herrsche große Panik in dem Gebiet, es gebe keine klaren Anweisungen. Unklar war etwa, was mit Patienten in Krankenhäusern und ihren Betreuern passieren sollte.

Die israelischen Armee begründet Massenevakuierung

«Die Terrororganisation Hamas führt einen Krieg gegen den Staat Israel, und Gaza ist ein Gebiet, in dem militärische Operationen stattfinden», begründete das Militär den Aufruf. Hamas-Terroristen versteckten sich in Gaza in Tunneln unter Häusern und in Gebäuden, in denen sich unschuldige Zivilisten aus dem Gazastreifen aufhalten. In den kommenden Tage werde die Armee erhebliche Operationen in Gaza ausführen und dabei umfangreiche Anstrengungen unternehmen, Schaden von Zivilisten abzuwenden, hieß es.

«Sie werden erst dann nach Gaza zurückkehren können, wenn eine weitere Ankündigung erfolgt, die dies erlaubt», hieß es weiter. Niemand solle sich dem Bereich des Sicherheitszauns zum Staat Israel nähern.

Hamas bezeichnet den Aufruf als Propaganda

Die Hamas im Gazastreifen bezeichnete den Aufruf zur Evakuierung als Propaganda. Zivilisten sollten nicht auf die «Propagandanachrichten reinfallen». Aus Sicherheitskreisen aus dem Gazastreifen hieß es, dass Bewohner am Verlassen des Nordens gehindert werden sollten. Israel, die USA und die EU haben die Hamas als Terrororganisation eingestuft.

Erklärung der Vereinten Nationen

«Heute, kurz vor Mitternacht Ortszeit, wurden die Teamleiter des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten und des Ministeriums für Sicherheit und Gefahrenabwehr in Gaza von ihren Verbindungsoffizieren beim israelischen Militär darüber informiert, dass die gesamte Bevölkerung von Gaza nördlich des Wadi Gaza innerhalb der nächsten 24 Stunden in den südlichen Gazastreifen umziehen sollten», sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric der Nachrichtenseite Axios.

Flüchtlingshilfswerk verlegt Einsatzzentrale

Das UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) im Gazastreifen verlegte nach dem Aufruf ihre Zentrale in den Süden, «um seine humanitären Maßnahmen und die Unterstützung seiner Mitarbeiter und der palästinensischen Flüchtlinge in Gaza fortzusetzen». Die Organisation forderte auf X, ehemals Twitter, «die israelischen Behörden dringend auf, alle Zivilisten in Unterkünften, einschließlich Schulen, zu schützen». UN-Einrichtungen müssten «jederzeit geschützt werden und dürfen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht niemals angegriffen werden».

Israelische Armee setzt Luftangriffe fort

Die israelische Luftwaffe setzte auch in der Nacht ihre Luftangriffe fort. Dutzende Kampfflugzeuge hätten 750 militärische Ziele angegriffen, teilte Israels Militär am frühen Morgen mit. Zu den angegriffenen Zielen gehörten unterirdische Tunnel, militärische Einrichtungen, Wohnsitze hochrangiger Terroristen, die als militärische Kommandozentralen genutzt würden sowie Waffenlager.

@ dpa.de