Muss die Ukraine um die Unterstützung der EU bangen? Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sorgt bei einem Sondergipfel in Spanien mit deutlichen Worten für Unruhe.
06.10.2023 - 17:10:30Ungarn und Polen blockieren Erklärung zur Migration
Polen und Ungarn haben beim EU-Gipfel im spanischen Granada eine geplante Erklärung zur Migrationspolitik blockiert. Das sagten mehrere EU-Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur.
Auch über neue Ukraine-Hilfen droht der EU eine Zerreißprobe. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban kündigte am Rande des informellen EU-Gipfels in Granada Widerstand gegen Unterstützungspläne an.
Zu Vorschlägen, für die Unterstützung der Ukraine bis Ende 2027 bis zu 70 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, sagte Orban, man werde in keinem Fall einer unüberlegten Budgeterweiterung zustimmen. Ungarn wolle einen Waffenstillstand und Frieden. Zusätzliche Waffenlieferungen würden das Töten verlängern, argumentierte er.
Ungarn könnte mit einem Veto die Finanzierung der Hilfen über die EU verhindern. Als wahrscheinlich gilt aber, dass Orban den Hilfen doch zustimmen wird - insbesondere dann, wenn im Gegenzug EU-Gelder für Ungarn freigegeben würden, die derzeit wegen rechtsstaatlichen Defiziten in dem Land eingefroren sind.
Erst Reformen, dann Erweiterung
Nicht nur die Hilfen für die Ukraine, auch eine mögliche Aufnahme des kriegsgeplagten Landes in die EU beschäftigt die Staats- und Regierungschefs. Bundeskanzler Olaf Scholz drang in Granada erneut auf eine Reform der EU, um sie für die Aufnahme weiterer Länder fit zu machen. «Wir müssen dann auch mit qualifizierten Mehrheiten Entscheidungen treffen können, damit die Souveränität und Handlungsfähigkeit der Europäischen Union gewährleistet ist», sagte er. Derzeit können viele Entscheidungen nur bei Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten getroffen werden, unter anderem in der Außen- und Sicherheitspolitik.
Man müsse sich auch über die Zahl der Mitglieder der EU-Kommission Gedanken machen, sagte Scholz. «Man kann ja nicht einfach immer quasi die Regierung erweitern und neue Ministerien erfinden.» Außerdem gehe es um die Zahl der Sitze im Europäischen Parlament und die Finanzierung der Staatengemeinschaft.
Im Dezember soll entschieden werden, ob mit der Ukraine und Moldau Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden und ob Georgien den Status des Beitrittskandidaten bekommt. EU-Ratspräsident Charles Michel sprach sich zuletzt dafür aus, dass die EU bis 2030 bereit für die Aufnahme von Ländern wie der Ukraine sein muss. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen befürwortet eine rasche Erweiterung, nennt jedoch kein Datum. Ein Beitritt der Ukraine gilt als kniffelig, etwa weil das kriegsgeplagte Land vergleichsweise groß ist und vermutlich auf nicht absehbare Zeit Zuschüsse erhalten müsste. Zudem würde die riesige Landwirtschaft eine umfangreiche Reform der EU-Agrarförderungen notwendig machen.
Beitrittsverhandlungen führt die EU auch mit den Balkanstaaten Montenegro, Albanien, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Nordmazedonien. Zudem sind neben der Ukraine auch noch das Kosovo sowie Moldau, Georgien und die Türkei Bewerberländer. Mit der Türkei gab es bereits lange Beitrittsverhandlungen, sie liegen allerdings seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Defizite auf Eis.