Kriege in der Ukraine und in Nahost, Unstimmigkeiten beim Handel: die Gespräche zwischen Xi, Macron und von der Leyen haben es in sich.
06.05.2024 - 05:39:31Xi in Frankreich: Ukraine, Nahost und Klima auf der Agenda
Die Kriege in der Ukraine und in Nahost, Wirtschaftsbeziehungen und Klimaschutz: Es steht viel auf der Agenda, wenn Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping treffen.
Macron zufolge muss alles getan werden, um China bei den großen globalen Fragen einzubinden. Es sei im Interesse der Europäer, «zu erreichen, dass China sich für die Stabilität der internationalen Ordnung einsetzt». Konkret hofft der Élyséepalast, dass man China als einen der wichtigsten Partner Russlands bei dem Besuch dazu ermuntern kann, seine Hebel gegenüber Moskau zu nutzen, um zu einer Lösung des Konflikts beizutragen.
Macron wolle auch die Sorge ansprechen, die man bezüglich einiger chinesischer Firmen habe, die sich an den russischen Kriegsanstrengungen beteiligen könnten, hieß es. Immer wieder werden Vorwürfe gegen chinesische Firmen laut, sogenannte Dual-Use-Güter - also Güter, die zu zivilen und auch militärischen Zwecken verwendet werden können - nach Russland zu liefern. Die USA etwa sanktionierten deshalb bereits chinesische Unternehmen.
Von der Leyen: Aktuelle Ungleichgewichte sind inakzeptabel
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vor dem Treffen deutlich gemacht, dass die Europäische Union die aktuellen chinesischen Subventions- und Handelspraktiken nicht länger tolerieren wird. «Aufgrund seiner schwachen Inlandsnachfrage produziert China derzeit mit massiven Subventionen mehr als es verkauft», ließ die Spitzenpolitikerin mitteilen. Dies führe zu einem Überangebot an subventionierten chinesischen Gütern wie Elektrofahrzeugen und Stahl und dies wiederum zu unfairem Handel.
«Europa kann solche marktverzerrenden Praktiken, die zu einer Deindustrialisierung in Europa führen könnten, nicht akzeptieren», erklärte von der Leyen. Sie werde die chinesische Regierung ermutigen, die Überkapazitäten kurzfristig anzugehen. Gleichzeitig werde man sich eng mit den Staaten aus der G7-Gruppe der großen demokratischen Industrienationen sowie ebenfalls betroffenen Schwellenländern abstimmen.
Als ebenfalls «nicht tragbar» bezeichnete von der Leyen die derzeitigen Ungleichgewichte beim Marktzugang. «Wir müssen handeln, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb fair und nicht verzerrt ist», warnte sie. Bereits im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommission angekündigt, mögliche Strafzölle auf den Elektroautos aus China zu prüfen. Die EU wirft chinesischen Elektroautoherstellern wie BYD, Geely und SAIC massive staatliche Subventionen vor, die ihnen einen unfairen Vorteil auf dem Weltmarkt verschaffen.
Von der Leyen betonte vor dem Treffen mit Xi zugleich, dass die EU keine Abkopplung von China anstrebe. Die Beziehung zu dem Land sei eine der komplexesten, aber auch eine der wichtigsten ist, sagte sie.
China habe kein Interesse, sich für Ukraine einzusetzen
In einem Gastbeitrag in der französischen Zeitung «Le Figaro» schrieb Xi, China sei weder Partei noch Beteiligter im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Man hoffe, dass Frieden und Stabilität bald wieder Einkehr in Europa fänden und wolle gemeinsam mit Frankreich und der internationalen Gemeinschaft daran arbeiten, gute Wege zu finden, um die Krise zu lösen.
China-Experte Marc Julienne geht jedoch davon aus, dass Peking kein Interesse hat, sich in Bezug auf die Ukraine einzusetzen, wie er dem ARD-Studio Paris sagte. «Es hat kein Interesse, es hat keinen Willen und es versucht daher, so distanziert wie möglich zu bleiben.»
Es sei dennoch notwendig auf die widersprüchliche Haltung Chinas hinzuweisen, das sich als Akteur des Friedens sehe, aber Kremlchef Wladimir Putin nicht verurteilte, sagte der Leiter des Asienzentrums des französischen Instituts für internationale Beziehungen Ifri. Dass die Gespräche in Paris viel ändern werden, glaubt er nicht. «Ich glaube leider, dass wir nicht viele Hebel haben, um China zu bewegen.»
Julienne: «China braucht den europäischen Markt»
Anders sehe es hingegen bei den Wirtschaftsfragen aus, die in Paris ebenfalls zur Sprache kommen sollen. «China braucht den europäischen Markt», sagt Julienne. Macron hatte noch vor dem Besuch Xis ein respektvolles Wirtschaftsverhalten China gegenüber gefordert, das aber die eigenen europäischen Interessen schütze. Dem französischen Staatschef geht es unter anderem um fairere Wettbewerbsbedingungen.
Deutschland sitzt nicht mit am Pariser Beratungstisch, anders als bei Xis letztem Frankreich-Besuch 2019. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war kürzlich selbst in China und besprach sich zudem am Donnerstag vorab mit Macron bei einem privaten Abendessen in Paris.
«Der Kanzler (Olaf) Scholz kann nicht da sein, aber wir haben uns bei unserem Treffen am vergangenen Donnerstag abgestimmt», sagte Macron in einem gestern veröffentlichten Interview der Zeitungen «La Provence» und «La Tribune Dimanche». Von der Leyen werde er noch vor dem gemeinsamen Gespräch mit Xi empfangen. Macron betonte: «Das ermöglicht es, die Europäer zu vereinen, uns als Kraft aufzustellen.»