In der diplomatischen Vertretung dürften sie sich sicher gefühlt haben.
02.04.2024 - 12:10:42Zwei Generäle getötet: Chamenei droht Israel mit Vergeltung. Dennoch werden zwei iranische Generäle dort bei einem Angriff getötet. Nun äußert sich Irans Staatsoberhaupt.
Nach dem mutmaßlich israelischen Luftschlag auf ein Gebäude der iranischen Botschaft in Syrien droht eine militärische Antwort des Irans. Bei dem Angriff auf die Konsularabteilung in der syrischen Hauptstadt Damaskus wurden zwei Brigadegeneräle und fünf Mitglieder der mächtigen Revolutionsgarden (IRGC) getötet.
Irans Staatsoberhaupt droht Israel mit Vergeltung. «Das boshafte Regime wird durch unsere tapferen Männer bestraft werden. Wir werden dafür sorgen, dass sie dieses und ähnliche Verbrechen bereuen, so Gott will», sagte Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei laut einer Mitteilung. Religionsführer Chamenei ist der mächtigste Mann in der Islamischen Republik und hat in allen strategischen Belangen das letzte Wort. Er ist zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
Irans Präsident Ebrahim Raisi verurteilte bereits zuvor den mutmaßlich israelischen Luftangriff scharf. Er spricht in einer Mitteilung von einem «terroristischen Verbrechen» unter «grober Verletzung internationaler Vorschriften», wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete. «Dieses heimtückische Verbrechen wird nicht unbeantwortet bleiben», hieß es in der Mitteilung weiter.
Irans Außenministerium verurteilte die Attacke scharf. «Die Islamische Republik Iran behält sich das Recht vor, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, und entscheidet über die Art der Reaktion», sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani laut einer Mitteilung seines Ministeriums. Experten äußerten bereits die Sorge, dass einige im Iran den Angriff als Kriegserklärung werten könnten.
Hisbollah: Angriff wird nicht ohne Folgen bleiben
Die Hisbollah hat betont, dass der Angriff nicht ohne Folgen bleiben werde. Die proiranische Miliz im Libanon erklärte in der Nacht zu Dienstag: «Sicherlich wird dieses Verbrechen nicht vergehen, ohne dass der Feind Strafe und Rache erfährt.» Der israelische Feind glaube noch immer, dass die Eliminierung von Anführern den entschlossenen Widerstand des Volkes stoppen könne, hieß es weiter.
Der Iran ist der größte Unterstützer der Hisbollah im Libanon. Die Schiitenmiliz kämpft politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel. Sie zählt zu Irans «Achse des Widerstands». Mit ihrer eigenen Miliz kontrolliert sie vor allem den Süden des Libanons an der Grenze zu Israel, von Schiiten bewohnte Viertel der Hauptstadt Beirut sowie die Bekaa-Ebene im Norden des Landes.
«Eklatanter Verstoß gegen UN-Charta»
Die ständige Vertretung des Irans bei den Vereinten Nationen sprach nach dem Vorfall von einem «eklatanten Verstoß gegen die UN-Charta, das Völkerrecht und das Grundprinzip der Unverletzlichkeit diplomatischer und konsularischer Einrichtungen.» In einer bei X (ehemals Twitter) veröffentlichten Stellungnahme rief die Vertretung den UN-Sicherheitsrat dazu auf, den israelischen «Terroranschlag» aufs Schärfste zu verurteilen und alle notwendigen Maßnahmen einzuleiten, um weitere Angriffe zu verhindern. Unter anderem fordere der Iran eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates zu dem Vorfall.
Bereits Ende Dezember wurde bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff der iranische General Sejed-Rasi Mussawi, ein ranghohes IRGC-Mitglied, in einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus getötet. Irans Revolutionswächter reagierten damals Mitte Januar mit massiven Raketenangriffen als Vergeltung auf Ziele in Syrien und im Irak. Die Raketen flogen rund 1200 Kilometern weit. Dies wurde von Beobachtern auch als klares Signal an Israel gedeutet. Es wäre in etwa die gleiche Entfernung, die Raketen vom Westen des Landes aus benötigen, um Tel Aviv oder Jerusalem zu erreichen.
Gebäude völlig zerstört
Laut der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana wurde bei dem Angriff das Gebäude der Konsularabteilung unmittelbar neben dem Gebäude der iranischen Botschaft völlig zerstört. Irans Botschafter Hussein Akbari und seine Familie blieben Berichten zufolge unverletzt. Bei den Generälen handelte es sich um Mohammed-Resa Sahedi und seinen Stellvertreter Mohammed Hadi Hadschi Rahimi, wie die Revolutionswächter erklärten. Sahedi war laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim als Kommandeur der IRGC-Auslandseinheit für Operationen in Syrien und im Libanon verantwortlich.
Die islamistische Hamas, die sich nach ihrem Terrorangriff vom 7. Oktober in Israel mit dem Staat im Krieg befindet, nannte den mutmaßlich israelischen Luftschlag in Damaskus ihrerseits einen «terroristisch-zionistischen Angriff» und bekundete ihre «uneingeschränkte Solidarität mit dem Iran und Syrien angesichts dieser brutalen Nazi-Aggression.» Die Hamas fordere den UN-Sicherheitsrat auf, «aktiv gegen die Besatzung und ihre verbrecherischen Anführer vorzugehen, um ihre Aggression gegen den Gazastreifen und die Region zu stoppen, die Öl ins Feuer gießt und die internationale Stabilität und Sicherheit untergräbt», hieß es in einer Stellungnahme der Gruppe in der Nacht.
«Tod für Israel» und «Tod für Amerika»
In der iranischen Hauptstadt Teheran versammelten sich im Stadtzentrum am späten Abend einige Hunderte Regierungsanhänger zu spontanen Protesten, wie Augenzeugen berichteten. Die Menschenmenge forderte Rache für die Tötung der Generäle. Sie riefen unter anderem «Tod für Israel» und «Tod für Amerika».
Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien und will damit verhindern, dass der Iran und mit ihm verbündete Milizen wie die libanesische Hisbollah ihren militärischen Einfluss in dem Land ausweiten. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor knapp sechs Monaten haben die Angriffe zugenommen. Iranische Militärangehörige sind offiziell nur beratend in Syrien aktiv. Teheran gilt jedoch neben Russland als wichtigster Verbündeter der syrischen Regierung. Seit 2011 tobt ein Bürgerkrieg im Land.
Die Revolutionsgarden sind Irans Elitestreitmacht und gelten als deutlich schlagkräftiger als die reguläre Armee. Gegründet nach der Islamischen Revolution 1979 soll die Einheit einen Putsch verhindern und die Staatsideologie schützen. Die IRGC sind mit den sogenannten Al-Kuds-Brigaden auch im Ausland tätig. Israel gilt als Erzfeind der iranischen Staatsführung.
China verurteilt Angriff
Mehrere arabischen Staaten verurteilen den Angriff scharf. In einer Mitteilung des saudischen Außenministeriums hieß es, das Königreich lehne Angriffe auf diplomatische Einrichtungen kategorisch ab. Sie stellten einen Verstoß gegen das internationale Recht und gegen diplomatische Immunität dar. Ägypten äußerte sich ähnlich. In einem Post des Sprechers des Außenministeriums, Ahmed Abu Seid, hieß es, Ägypten lehne solche Angriffe - egal aus welchem Grund - ab. Man stehe in Solidarität mit Syrien und respektiere dessen Souveränität.
Das Golfemirat Katar betrachtet den Angriff nach eigenen Angaben als einen «eklatanten Verstoß» gegen internationale Abkommen und Konventionen. Das Außenministerium teilte auf X (ehemals Twitter) mit, dass Botschaftsmitarbeiter gemäß den Regeln des internationalen Völkerrechts geschützt werden müssten. Die Außenministerien in Jordanien und dem Libanon veröffentlichten Erklärungen mit ähnlichen Aussagen.
Auch China übt scharfe Kritik. «China verurteilt die Attacke auf die iranische Botschaft in Syrien», sagte der Sprecher des chinesischen Außenamtes, Wang Wenbin, in Peking. Die Sicherheit diplomatischer Einrichtungen dürfe nicht verletzt und die Souveränität und Unabhängigkeit Syriens müsse respektiert werden. China lehne jede Handlung ab, die die Spannungen erhöhe, sagte Wang.