Showdown, Trump

Es ist das erste Aufeinandertreffen von Kamala Harris und Donald Trump - und ein folgenreicher Moment im US-Wahlkampf.

11.09.2024 - 04:43:14

Showdown: Trump und Harris bei TV-Duell im Angriffsmodus. Auf der Fernsehbühne schenken sich die beiden nichts.

  • Wegen der ausgeschalteten Mikrofone war es kaum möglich, dem anderen ins Wort zu fallen. - Foto: Alex Brandon/AP/dpa

    Alex Brandon/AP/dpa

  • Trump wurde mehrfach wütend. - Foto: Robert F. Bukaty/AP/dpa

    Robert F. Bukaty/AP/dpa

Wegen der ausgeschalteten Mikrofone war es kaum möglich, dem anderen ins Wort zu fallen. - Foto: Alex Brandon/AP/dpaTrump wurde mehrfach wütend. - Foto: Robert F. Bukaty/AP/dpa

Die beiden US-Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump haben sich bei ihrem ersten TV-Duell gegenseitig mit scharfen Angriffen überzogen. Sie warfen einander vor, das Land heruntergewirtschaftet zu haben, keinen Plan für die drängenden Probleme zu haben und Lügen zu verbreiten. Trump bezeichnete Harris wiederkehrend als «radikale Linke» und «Marxistin». Die Demokratin wiederum sagte mehrfach, ihrem Kontrahenten seien die Bedürfnisse der Bürger egal, ihm gehe es nur darum, andere herunterzumachen.

Erstes Aufeinandertreffen der beiden

Es war überhaupt das erste Mal, dass sich Harris und Trump von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden - und das gleich zum vermutlich wichtigsten Showdown der beiden vor der Wahl am 5. November. Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen auf der Bühne schüttelten die beiden einander die Hand. Die Demokratin ging auf den Republikaner zu und stellte sich in der Veranstaltungshalle in Philadelphia als «Kamala Harris» vor. Danach gingen beide sofort in den Angriffsmodus über. 

Klagen über Zerstörung und Chaos

Harris beklagte, Trump habe das Land 2021 in einem desaströsen Zustand hinterlassen - mit der größten Arbeitslosigkeit seit der Großen Depression, der schlimmste Epidemie im Gesundheitswesen seit einem Jahrhundert und mit dem schlimmsten Angriff auf die amerikanische Demokratie seit dem Bürgerkrieg. «Und was wir getan haben, ist Donald Trumps Chaos aufzuräumen.» 

Trump wiederum beklagte, Harris und US-Präsident Joe Biden hätten das Land in ihrer Amtszeit in den Abgrund gestürzt. «Wir haben eine Nation, die im Sterben liegt», sagte er. Bei diversen Fragen brachte der Republikaner das Thema Migration auf und beschuldigte die Regierung von Biden und Harris, sie hätten Abermillionen Migranten und Kriminelle unkontrolliert ins Land gelassen. «Sie haben die Struktur unseres Landes zerstört.» Trump unterstellte Migranten sogar, sie würden Haustiere essen. «In Springfield essen sie die Hunde - die Leute, die hierhergekommen sind - sie essen die Katzen. Sie essen die Haustiere der Menschen, die dort leben», behauptete er ohne jeden Beleg. 

Ein ungewöhnlicher Vorschlag

Harris beschuldigte Trump, er wolle Steuersenkungen für Reiche, die einfachen Amerikaner interessierten ihn nicht. Sie appellierte an Bürger, sich bei einem seiner Wahlkampfauftritte selbst ein Bild davon zu machen. «Ich werde etwas wirklich Ungewöhnliches tun und Sie aufrufen, eine von Donald Trumps Kundgebungen zu besuchen», sagte die Demokratin an die Zuschauer gewandt. Trump verbreite dort absurde Behauptungen wie jene, dass Windmühlen Krebs verursachten. «Das Einzige, worüber Sie ihn nicht reden hören werden, sind Sie.» Trump habe keinen Plan für die Menschen im Land. Trump entgegnete pikiert, Menschen gingen erst gar nicht zu Harris' Wahlkampfveranstaltungen. 

Trump warf seiner Kontrahentin vor, keinen Plan für die Wirtschaftspolitik zu haben und eine Marxistin zu sein. «Sie hat unser Land mit einer Politik zerstört, die wahnsinnig ist», sagte der frühere US-Präsident. Die beiden warfen einander auch mehrfach vor zu lügen. Harris beklagte, Trump hantiere mit dem gleichen alten abgedroschene Drehbuch und verbreite einen «Haufen Lügen, Beschwerden und Beschimpfungen». Die Amerikaner seien das leid. Mehrfach rief sie das Land dazu auf, ein neues Kapitel aufzuschlagen, nach vorne zu schauen und sich den Bedürfnissen des amerikanischen Volkes zuzuwenden. 

Harris sagte auch, sie sei als Vizepräsidentin um die Welt gereist, und die führenden Politiker der Welt lachten über Trump. Sie habe auch mit führenden Militärs gesprochen, von denen einige mit dem Republikaner gearbeitet hätten. «Und sie sagen: Sie sind eine Schande.» 

Bewährungsprobe für Harris

Das Duell, das der Sender ABC ausrichtete, war vor allem für Harris eine Bewährungsprobe. Die 59-Jährige hatte erst vor wenigen Wochen Präsident Biden als Kandidatin der Demokraten abgelöst und zeigte sich bislang überwiegend bei streng choreografierten Wahlkampfauftritten, bei denen ihr Team alles unter Kontrolle hatte. Bei der Debatte gegen Trump musste sie sich nun ohne Skript beweisen. 

Trump dagegen hat schon diverse Fernsehdebatten bestritten, auch in seinen früheren Wahlkämpfen 2016 und 2020. Aus seinem jüngsten TV-Duell Ende Juni war der 78-Jährige als klarer Sieger hervorgegangen. Damals trat er noch gegen Biden an, der sich nach seiner desaströsen Performance aus dem Rennen um die Präsidentschaft zurückzog und Harris das Feld überließ. 

Die Szenerie

Übertragen wurde aus einem Studio ohne Publikum in Philadelphia, der größten Stadt im politisch besonders umkämpften Bundesstaates Pennsylvania. Die beiden Politiker waren auf der Bühne auf sich gestellt: Spickzettel waren nicht erlaubt, Kontakt zum jeweiligen Team auch nicht. Während der Debatte war jeweils das Mikrofon jenes Kandidaten stumm geschaltet, der gerade nicht spricht. 

Kopf-an-Kopf-Rennen

Harris und Trump liegen in Umfragen in etwa gleichauf. Beide sind darum bemüht, vor allem unentschlossene Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen. In einer aktuellen Umfrage gaben 28 Prozent der Befragten an, sie wüssten nicht genug über Harris - bei Trump lag dieser Wert bei 9 Prozent. Während den meisten Menschen in den USA klar ist, was sie von dem Republikaner erwarten können, sind Harris und ihre Positionen weit mehr Menschen unbekannt. Sie bemühte sich bei der Debatte, ihre inhaltlichen Ziele auszubreiten - unter anderem bei ihrem Paradethema Abtreibung. «Die Regierung und ganz sicher Donald Trump sollten einer Frau sicherlich nicht vorschreiben, was sie mit ihrem Körper zu tun hat», sagte Harris und versprach, im Fall eines Wahlsieges wolle sie das Recht auf Abtreibung per Gesetz festschreiben wollen. Dafür bräuchte Harris aber eine entsprechende Mehrheit im Kongress. 

Auch diverse außenpolitische Themen - Nahost, Ukraine, China, Afghanistan - kamen zur Sprache. Hier wiederholten die beiden vor allem bekannte Positionen. 

Das einzige TV-Duell der beiden?

Vorab hatte es langes Gezerre um den Termin für die Fernsehdebatte gegeben. Bislang ist kein Termin für eine weitere Fernsehdebatte der beiden vereinbart. Es soll aber auch ein TV-Duell der beiden Vizekandidaten von Demokraten und Republikanern, Tim Walz und J.D. Vance, geben - am 1. Oktober (Ortszeit).

@ dpa.de