Nahost, Hamas

Eine politische Entscheidung über eine Bodenoffensive im Gazastreifen steht noch aus.

12.10.2023 - 10:02:06

Israels Armee bereitet sich auf mögliche Bodenoffensive vor. Und Guterres fordert schnelle Hilfe für die Zivilisten in dem abgeriegelten Gebiet. Die News im Überblick.

  • Israelische Soldaten im Kibbuz Beeri. - Foto: Ilia Yefimovich/dpa

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  • Rauch, Asche und Staub steigen nach israelischen Luftangriffen im südlichen Gazastreifen auf. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

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Israelische Soldaten im Kibbuz Beeri. - Foto: Ilia Yefimovich/dpaRauch, Asche und Staub steigen nach israelischen Luftangriffen im südlichen Gazastreifen auf. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

Israels Armee bereitet sich nach Angaben eines Militärsprechers auf eine mögliche Bodenoffensive im Gazastreifen vor. «Wir bereiten uns auf ein Bodenmanöver vor, falls dieses von der politischen Führung entschieden wird», sagte Armeesprecher Richard Hecht. Eine solche Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Israels Militär will nach Angaben eines Sprechers mit Angriffen im Gazastreifen die gesamte Führungsspitze der dort herrschenden islamistischen Hamas ausschalten. Dies schließe nicht nur die militärische, sondern auch die politische Führung der Hamas ein, sagte Hecht.

Lage für Zivilbevölkerung im Gazastreifen immer prekärer

Während Israel als Reaktion auf den Terror unablässig Ziele im Gazastreifen bombardiert, wird die Lage für die eingeschlossene palästinensische Zivilbevölkerung immer prekärer.

Die Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga forderten einen sofortigen Stopp der israelischen Angriffe und warnten vor «katastrophalen» humanitären Folgen und Sicherheitsrisiken durch eine Verschärfung des Konflikts. US-Präsident Joe Biden rief Israel dazu auf, nach den «Regeln des Krieges» zu handeln und das Völkerrecht zu achten. Es gibt Anzeichen, dass Israels Armee in dem dicht besiedelten Gebiet eine Bodenoffensive starten wird. 300.000 Soldaten sind mobilisiert.

Israels Ministerpräsident Netanjahu und Oppositionspolitiker Benny Gantz verabredeten unterdessen eine Notstandsregierung. Die gemeinsame Führung sei nötig, um einen «Feind schlimmer als den IS» zu bekämpfen, sagte Netanjahu am Mittwochabend unter Verweis auf die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). «Wir kämpfen mit voller Kraft, an allen Fronten, wir sind zum Angriff übergegangen. Jedes Mitglied der Hamas ist ein toter Mann», fügte Netanjahu hinzu, wie die israelische Internet-Zeitung «The Times of Israel» berichtete.

Eine Notstandsregierung gilt als politische Voraussetzung, um weitreichende militärische und politische Entscheidungen, wie eine militärisch riskante Bodenoffensive, zu treffen.

Verteidigungsminister Boris Pistorius geht im Fall einer israelischen Bodenoffensive als Reaktion von einer weiteren Eskalation der Lage aus. Zugleich versicherte er Israel am Rande von Nato-Treffen in Brüssel, dass Deutschland an der Seite des Landes stehe. «Es ist ein klassischer Abwehrkampf», sagte der SPD-Politiker. «Und natürlich sind die Israelis jetzt in einer Situation, wenn sie die Bodenoffensive starten, dass wir alle damit rechnen müssen, dass die Situation eskaliert. Wir stehen an der Seite Israels und hoffen sehr, dass es nicht zu weiteren Eskalationen kommt.»

Armeesprecher: Hamas-Terroristen töteten überwiegend Zivilisten

Terroristen hatten am vergangenen Samstag im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Islamistenorganisation Hamas Massaker in israelischen Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet. Unter den mehr als 1200 Todesopfern seien 189 Soldaten, teilte Israels Armee am Mittwochabend mit. Die weitaus meisten der getöteten Menschen sind demnach Zivilisten. Mindestens 3000 Menschen wurden verletzt und rund 150 in den Gazastreifen entführt.

US-Präsident Biden nannte den Hamas-Angriff «den tödlichsten Tag für Juden seit dem Holocaust». Gleichwohl appelliere er an Netanjahus Regierung, bei der Gegenreaktion Augenmaß zu bewahren, wie er bei einem Treffen mit führenden Vertreterinnen und Vertretern jüdischer Gemeinden in Washington betonte.

Israel setzt Bombardement des Gazastreifens fort

Israel reagiert seit den Massakern mit schweren Luftangriffen auf den Gazastreifen. Dabei wurden dort mehr als 1400 Menschen getötet und mehr als 6000 weitere verletzt. Auch in der Nacht setzte Israels Armee den Beschuss fort. Es laufe ein großangelegter Angriff gegen zur Hamas gehörende Ziele im Gazastreifen, teilte das Militär am frühen Morgen auf Telegram mit. Die Hamas habe unter dem abgeriegelten Küstengebiet ein Netzwerk von Tunneln angelegt, erklärte Armeesprecher Jonathan Conricus. Das seien keine Bunker für die Zivilbevölkerung, die Tunnel dienten ausschließlich der Hamas und ihren terroristischen Zielen. «Das ist das, was wir angreifen», sagte der Armeesprecher

Syrische Flughäfen nach israelischen Angriffen außer Betrieb

Bei israelischen Luftangriffen in Syrien sind nach Angaben syrischer Staatsmedien die Flughäfen in Aleppo und Damaskus getroffen worden. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete, sollen bei den Angriffen vom Donnerstag Landebahnen der beiden Flughäfen beschädigt worden sein. Der Betrieb sei eingestellt worden. Das israelische Militär äußerte sich nicht zu den Berichten.

Um zu verhindern, dass Israels Erzfeind Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss in Syrien ausweiten, bombardiert Israels Luftwaffe häufiger Ziele im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien.

Blinken sichert in Tel Aviv Unterstützung zu

US-Außenminister Antony Blinken sagt Israel die volle Unterstützung im Kampf gegen die islamistische Palästinenserorganisation zu. «Wir werden immer an Ihrer Seite stehen», sagte er bei einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Tel Aviv.

Er warnte zudem jegliche Feinde Israels davor, die Krisensituation auszunutzen. «Tut es nicht. Die Vereinigten Staaten stehen hinter Israel.» Blinken verwies auf bereits gelieferte Militärausrüstung und kündigte weitere Lieferungen an.

Minister übernimmt nach Angriff Mitverantwortung

Ein Minister der Regierung Netanjahus hat erstmals Mitverantwortung übernommen. «Wir sind die Regierung zu dem Zeitpunkt, als es passiert ist. Wir sind verantwortlich», sagte Bildungsminister Joav Kisch im israelischen Fernsehen. Auch die Armee sei verantwortlich.

Israel wurde von dem Angriff am Samstag völlig überrumpelt, obwohl die Armee und der Geheimdienst international als führend gelten. «Wir haben uns mit Blödsinn beschäftigt», sagte Kisch, der der Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angehört. «Wir haben vergessen, wo wir leben.» Doch jetzt sei nicht die Zeit, um sich damit zu beschäftigen. «Jetzt müssen wir uns auf den Sieg konzentrieren.»

@ dpa.de