Die USA wollen «alles in ihrer Macht Stehende tun», um die Waffenruhe im Gaza-Krieg zu verlängern.
29.11.2023 - 18:31:07Intensive Gespräche über Verlängerung von Feuerpause. Auch die Hamas scheint an einer Fortsetzung interessiert. Der Überblick.
Kurz vor Ablauf der Feuerpause im Gaza-Krieg hat es am Mittwoch intensive Verhandlungen über eine Verlängerung gegeben. US-Außenminister Antony Blinken sagte zu, «alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die Pause zu verlängern». Die islamistische Hamas arbeitet laut eigenen Angaben hart an einer möglichen Verlängerung, wie ein Sprecher dem Nachrichtensender Al-Dschasira sagte. Am Mittwochabend sollen erneut 10 israelische Geiseln von der Hamas freigelassen werden, für die im Gegenzug 30 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen sollen.
Ob die Gespräche über eine Verlängerung Waffenruhe von Erfolg gekrönt sein würden, steht aber noch nicht fest. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte in einer Mitteilung an, die Kämpfe wieder aufzunehmen, wenn «diese Phase der Rückkehr unserer Geiseln vollendet ist». Er bekräftigte zudem zum wiederholten Mal, an dem Kriegsziel der Zerstörung der Hamas festhalten zu wollen.
Seit vergangenem Freitag gilt eine Feuerpause, während der in den Gazastreifen verschleppte Geiseln und palästinensische Gefangene aus Israel ausgetauscht wurden. Die Kampfpause wurde zuletzt um zwei Tage verlängert. Damit würde sie ohne erneute Verlängerung wohl am Donnerstagmorgen ablaufen. Im Westjordanland kamen indessen im Rahmen eines israelischen Anti-Terror-Einsatzes mehrere Palästinenser ums Leben.
Blinken: Fortsetzung der Feuerpause auch im Interesse der Israelis
«Wir werden uns in den nächsten Tagen darauf konzentrieren, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die Pause zu verlängern, damit wir weiter mehr Geiseln befreien und mehr humanitäre Hilfe leisten können», sagte US-Außenminister Blinken nach einem Nato-Außenministertreffen in Brüssel. Zugleich werde man mit Israel besprechen, wie das Land das Ziel erreichen könne, dass sich Terrorangriffe wie die vom 7. Oktober niemals wiederholten.
Blinken äußerte sich zudem überzeugt, dass die Fortsetzung der Feuerpause auch im Interesse der Israelis sei. «Sie konzentrieren sich ebenfalls intensiv darauf, ihre Leute nach Hause zu bringen», sagte der Amerikaner mit Blick auf die israelischen Geiseln, die noch im Gazastreifen festgehalten werden.
Blinken wird nach eigenen Angaben an diesem Donnerstag erneut in Israel sein und dort Gespräche mit der Regierung führen. Es ist sein dritter Besuch seit Konfliktbeginn.
Hamas: Sind zur Freilassung weiterer Geiseln bereit
Man arbeite «sehr hart» mit den Vermittlern Katar und Ägypten, um einen «Kompromiss» zu schließen und die Feuerpause zu verlängern, sagte Hamas-Sprecher Ghasi Hamad dem Nachrichtensender Al-Dschasira. Die Lage sei kompliziert und ändere sich laufend, er sei mit Blick auf eine mögliche Verlängerung aber optimistisch. «Wir sind bereit, mehr Geiseln zu befreien für eine Verlängerung der Feuerpause» für weitere Tage.
Nach der ursprünglichen Übereinkunft der Kriegsgegner soll die Feuerpause auf maximal bis zu zehn Tage verlängert werden können, um die weitere Freilassung von Geiseln und palästinensischen Häftlingen zu ermöglichen. Während der Waffenruhe kamen bisher 81 Geiseln frei. Israel ließ im Gegenzug bislang 180 Palästinenser aus seinen Gefängnissen frei.
Steinmeier bittet Katar um weitere Vermittlung für Geisel-Freilassung
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bat die Führung Katars um weitere Bemühungen zur Freilassung der deutschen Geiseln aus der Hand der Hamas. «Ich bin sicher nach diesem Gespräch, dass Katar alles unternehmen wird, um auch zur Freilassung der deutschen Geiseln beizutragen», sagte Steinmeier am Mittwoch in Katar nach einem Treffen mit Emir Tamim bin Hamad Al Thani. Das Emirat ist in dem Konflikt einer der wichtigsten Vermittler zwischen Israel und der Hamas.
Auslöser des jüngsten Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze begangen haben. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen getötet. Etwa 240 Geiseln wurden nach Gaza verschleppt, auch mehrere Deutsche. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Blockade des Gazastreifens. Ende Oktober begannen seine Streitkräfte eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben der Hamas fast 15.000 Menschen getötet und mehr als 36.000 verletzt. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Hamas: Zwei russische Geiseln an das Rote Kreuz übergeben
Die Hamas übergab nach eigenen Angaben zwei russische Geiseln an das Rote Kreuz. Die beiden Verschleppten seien aufgrund von Bemühungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin freigekommen, teilte die Hamas am Mittwoch mit. Sie sollten vom Roten Kreuz an Vertreter des russischen Außenministeriums übergeben werden. Die Freilassung der beiden Frauen ist nicht Teil des Abkommens zum Austausch israelischer Geiseln und palästinensischer Häftlinge.
Russland hat nach dem Angriff der Hamas auf Israel vor allem die USA kritisiert und deren Lösungsversuch im Nahostkonflikt für gescheitert erklärt. Sich selbst bot der Kreml als Vermittler an, der einerseits über traditionell gute Beziehungen zur arabischen Welt verfüge, aufgrund der Vielzahl von Israelis mit russischer Vergangenheit aber auch eine Nähe zu Tel Aviv aufweise.
Israel: Ranghoher Islamischer-Dschihad-Kommandeur getötet
Während in Gaza die Waffen schwiegen, führte Israel im Westjordanland nach eigenen Angaben einen Anti-Terror-Einsatz durch, bei dem ein Kommandeur des Islamischen Dschihad getötet wurde. Soldaten hätten am Mittwoch in der Stadt Dschenin im nördlichen Westjordanland ein Gebäude beschossen, in dem sich Mohammed Subeidi und weitere Extremisten aufhielten, teilte das Militär mit.
Insgesamt habe die Armee 17 gesuchte Palästinenser festgenommen. Dabei seien zahlreiche Waffen, Sprengsätze, Munition sowie militärische Ausrüstung gefunden worden. Bei den Festnahmen sei es zu Konfrontationen und Schusswechseln gekommen. Es seien Sprengsätze auf die Truppen geworfen worden, diese hätten mit scharfer Munition reagiert.
Ebenfalls in Dschenin wurden nach palästinensischen Angaben am Mittwoch zwei Jungen im Alter von acht und 15 Jahren durch das israelische Militär getötet. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe die Berichte. Ob es sich um denselben Einsatz handelte, blieb zunächst unklar.