Antisemitismus-Anhörung, Uni-Präsidentin

Die Präsidentinnen dreier Elite-Unis in den USA geraten durch ihre Äußerungen zum Thema Antisemitismus an Hochschulen enorm unter Druck.

10.12.2023 - 02:06:53

Nach Antisemitismus-Anhörung: Uni-Präsidentin tritt zurück. Nun gibt eine von ihnen ihr Amt ab.

  • Die Präsidentin der University of Pennsylvania, Liz Magill, hört während einer Anhörung des Bildungsausschusses des Repräsentantenhauses auf dem Capitol Hill zu. - Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpa

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  • Liz Magill ist als Präsidentin der University of Pennsylvania zurückgetreten. - Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpa

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Die Präsidentin der University of Pennsylvania, Liz Magill, hört während einer Anhörung des Bildungsausschusses des Repräsentantenhauses auf dem Capitol Hill zu. - Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpaLiz Magill ist als Präsidentin der University of Pennsylvania zurückgetreten. - Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpa

Nach heftiger Kritik an ihrem Auftritt bei einer Kongress-Anhörung zu Antisemitismus an Elite-Universitäten in den USA zieht die Präsidentin der University of Pennsylvania, Liz Magill, Konsequenzen. Wie die Universität mitteilte, tritt die 57 Jahre alte Juristin als Präsidentin zurück. Sie lege das Amt freiwillig nieder, bleibe aber festes Mitglied der juristischen Fakultät, hieß es. Eine Begründung wurde nicht genannt.

Magill war am Dienstag gemeinsam mit den Präsidentinnen von Harvard und des Massachusetts Institute of Technology (MIT) zu einer Anhörung im US-Kongress vorgeladen worden. Hintergrund sind antisemitische und islamophobe Vorfälle an den Einrichtungen seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober. Alle drei bestätigten, dass es diese Vorfälle gab. Sie verteidigten sich aber gegen den Vorwurf, nicht genug gegen Antisemitismus auf dem Campus zu tun.

Frage nach Völkermord löst Eklat aus

Für große Empörung sorgte vor allem ein Moment in dem von den Republikanern geführten Bildungsausschuss. Die Abgeordnete Elise Stefanik fragte die Präsidentinnen, ob der «Aufruf zum Völkermord an den Juden» an ihren Universitäten gegen Richtlinien zu Mobbing und Belästigung verstoße. «Das kann sein, abhängig vom Kontext», antwortete Harvard-Präsidentin Claudine Gay. Auf die Aufforderung, mit «Ja» oder «Nein» zu antworteten, sagte Gay erneut, das hänge vom Kontext ab.

Die anderen Präsidentinnen äußerten sich ähnlich. Die Argumentation: Die Universitäten seien der freien Meinungsäußerung verpflichtet. Das gelte auch bei Ansichten, die anstößig, beleidigend und hasserfüllt seien. «Wenn das Reden in ein Verhalten übergeht, kann es sich um Belästigung handeln», sagte Magill. Sie fügte ebenfalls hinzu: «Es ist eine kontextabhängige Entscheidung». Dass keine der Frauen Stefaniks Frage mit einem klaren «Ja» beantwortete, sorgte für Aufsehen, auch in Deutschland.

Später veröffentlichte Magill ein Video, in dem sie sich noch einmal erklärte. Sie sagte, sie habe sich in der Anhörung zu sehr auf den Grundsatz konzentriert, der besage, dass die freie Rede allein nicht strafbar sei, so wie es auch in der Verfassung stehe. Sie hätte sich aber stärker auf die unwiderlegbare Tatsache konzentrieren sollen, dass der Aufruf zum Völkermord am jüdischen Volk ein Aufruf zu einer der schrecklichsten Gewalttaten sei, die ein Mensch überhaupt begehen könne.

Das Recht zur freien Meinungsäußerung ist in den USA im ersten Zusatzartikel der Verfassung geregelt und hat eine Sonderstellung. Im Vergleich zu Deutschland wird dieses Recht weiter ausgelegt. So ist es zum Beispiel erlaubt, eine Hakenkreuzflagge zu zeigen. Auch der Umgang mit Hassrede ist ein anderer.

Großspender zieht sich zurück

Der Druck auf die Magill wuchs in den vergangene Tagen enorm. Neben Rücktrittsforderungen auf dem Campus gab es auch aus der Politik heftige Reaktionen. Der Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro, bezeichnete ihre Äußerungen als inakzeptabel und beschämend. Ein wichtiger Geldgeber der University of Pennsylvania zog ein Spende in Höhe von rund 100 Millionen US-Dollar (rund 93 Millionen Euro) zurück und forderte ebenfalls den Rücktritt.

Auch ein Sprecher des Weißen Hauses fand deutliche Worte. «Es ist unglaublich, dass dies gesagt werden muss: Aufrufe zum Völkermord sind ungeheuerlich und stehen im Widerspruch zu allem, was wir als Land repräsentieren», zitierten US-Medien den Sprecher Andrew Bates. Jegliche Äußerungen, die die systematische Ermordung von Juden befürworteten, seien gefährlich und man müsse sich ihnen entschieden entgegenstellen.

Der Streit über den Konflikt in Nahost hat sich in den vergangenen Wochen auch an Universitäten und Schulen in den USA entladen. US-Medien berichteten über Vorfälle körperlicher Gewalt oder deren Androhung. Auf Schulgeländen tauchten antisemitische und rassistische Graffitis auf. Auf online kursierenden Videos war zu sehen, wie junge Menschen Poster mit Fotos der Hamas-Geiseln herunterreißen.

Das US-Bildungsministerium hatte wegen antisemitischer und islamophober Vorfälle an US-Bildungseinrichtungen Ermittlungen eingeleitet - darunter gegen Harvard, und die Elite-Universitäten Columbia und Cornell.

@ dpa.de