Die israelischen Streitkräfte haben Netanjahu zufolge eine Hamas-Zentrale unter dem Schifa-Krankenhaus gefunden.
18.11.2023 - 12:48:45Israels Armee: Evakuierung der Klinik wird ausgeweitet. Und das Militär berichtet von mehreren getöteten «Terroristen» im Westjordanland. Der Überblick.
Das israelische Militär will einen Einsatz zur Evakuierung der größten Klinik im Gazastreifen nach eigenen Angaben ausweiten. Dies geschehe auf Wunsch des Direktors des Schifa-Krankenhauses in Gaza, teilte das Militär mit. Die Armee betonte gleichzeitig, zu keinem Zeitpunkt die Evakuierung von Patienten oder medizinischem Personal angeordnet zu haben.
Es gehe darum, weiteren Menschen, die in der Klinik Schutz gesucht hätten, zu ermöglichen, «dies über den sicheren Weg zu tun». Augenzeugen im Gazastreifen bestätigten der Deutschen Presse-Agentur, dass Menschen das Gelände der Klinik verließen.
Das Militär bot nach eigenen Angaben an, auch die Evakuierung von Patienten zu ermöglichen. Medizinisches Personal werde im Krankenhaus bleiben, um sich um Patienten zu kümmern, die die Klinik nicht verlassen könnten, hieß es weiter. Arabische Medien hatten zuvor berichtet, Israels Armee habe auch Ärzten und Patienten befohlen, die Klinik innerhalb einer Stunde zu verlassen.
Telefon-Mitschnitt mit Krankenhausdirektor veröffentlicht
Die Armee veröffentlichte auch einen Mitschnitt, der den Angaben zufolge aus einem Telefonat zwischen einem Vertreter Israels und dem nicht namentlich genannten Direktor der Schifa-Klinik stammte. Darin sagt dieser, medizinische Teams hätten das Krankenhaus verlassen und er habe keine Kontrolle über deren Entscheidung. Letztlich wolle er, dass auch alle Patienten die Klinik verließen. Die Echtheit des Mitschnitts ließ sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Die palästinensische Gesundheitsministerin Mai al-Kaila forderte unterdessen von Israel, im Krankenhaus «zurückgelassene» Patienten in andere Kliniken zu verlegen. In der größten Klinik des Gazastreifens seien noch 32 Frühchen und 126 Verletzte, sagte sie in einer Pressekonferenz in Ramallah im Westjordanland. Die Betroffenen könnten nicht laufen und sich in Sicherheit bringen. Sie verlangte, die Patienten nach Ägypten oder ins Westjordanland verlegen zu lassen. Es seien nur noch fünf Ärzte in dem Krankenhaus.
Israelische Soldaten sind seit Tagen in und um die Klinik im Einsatz - ungeachtet internationaler Kritik an dem militärischen Vorgehen in einem Krankenhaus. Israel wirft der islamistischen Hamas vor, das Krankenhaus für terroristische Zwecke zu missbrauchen und unter den Gebäuden eine Kommandozentrale zu betreiben. Hamas bestreitet dies.
Israels Armee brachte eigenen Angaben zufolge gut 6000 Liter Wasser und gut 2300 Kilogramm Lebensmittel in das Schifa-Krankenhaus. In den Gebäuden und auf dem Gelände des Schifa-Krankenhauses hatten nach Beginn des Kriegs Tausende Schutz vor israelischen Bombardements gesucht. Wie viele Menschen aktuell noch dort sind, ist unklar. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte die Zahl vor mehreren Tagen mit rund 2000 angegeben, darunter vermutlich mehr als 600 Patienten.
Armee fordert erneut zum Verlassen mehrerer Stadtviertel auf
Israels Armee forderte zudem die Bewohner mehrerer Viertel der umkämpften Stadt Gaza erneut zur Evakuierung auf. Bis 16.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MEZ) sollten Anwohner zu ihrer eigenen Sicherheit aus den Stadtteilen im nördlichen Gazastreifen in den Süden fliehen, schrieb ein Sprecher der Armee auf Arabisch auf der Plattform X, vormals Twitter.
Zur Evakuierung aufgerufen waren auch Bewohner des Flüchtlingsviertels Dschabalia. Zivilisten, die von der Terrororganisation Hamas an der Flucht gehindert würden, könnten sich per Telefon oder über die Plattform Telegram an die israelische Armee wenden, hieß es.
Netanjahu: Hamas-Zentrale unter Klinik gefunden
Israelische Soldaten haben nach Angaben von Regierungschef Benjamin Netanjahu unter der Klinik eine unterirdische Hamas-Zentrale entdeckt.
Die Streitkräfte hätten im zweiten Untergeschoss des Schifa-Krankenhauses eine Kommando- und Kontrollzentrale gefunden, sagte er dem US-Radiosender NPR. Terroristen seien vor der Ankunft der Soldaten aus der Klinik geflüchtet. Die Armee habe dort auch Waffen und Bomben entdeckt.
Israels Armee hatte zuvor mitgeteilt, bei ihrem Einsatz in dem Krankenhaus auch Kommando- und Kontrollzentren gefunden zu haben. Unklar war zunächst, ob es sich dabei auch um die unter dem Krankenhaus vermutete Hamas-Kommandozentrale handelte. Die Hamas bestreitet die Existenz eines solchen Stützpunkts unter der Klinik.
Israelischer Armeesprecher: Hamas über Krankenhäuser verteilt
Das israelische Militär begründete sein umstrittenes Vorgehen im Gazastreifen mit vielen palästinensischen Opfern mit der Struktur der Hamas und ihren «kleinen Terrorzentralen» in zivilen Einrichtungen. So würden zum Beispiel in einem Krankenhauskomplex von mehreren Dutzend Gebäuden zwei oder drei als Terrorzentralen genutzt, dabei über mehrere Stockwerke verteilt «und dann natürlich unterirdisch», schilderte Armeesprecher Arye Shalicar die Lage im ZDF-«heute journal». «Und das natürlich nicht in einem Krankenhaus, sondern in vielen Krankenhäusern.»
In den vergangenen Wochen seien aus dem Küstengebiet rund 10.000 Raketen auf Israel abgefeuert worden. «Von wo wurden diese Raketen abgeschossen? Es gibt im Gazastreifen nicht eine einzige Militärkaserne», sagte Shalicar. Die Geschosse würden nach wie vor aus zivilen Infrastrukturen wie Krankenhäusern, Moscheen und Schulen abgefeuert. «Würden sie Raketen aus Militärkasernen schießen, dann wäre die Hamas an einem Tag schon zerstört.» Die Verantwortung für zivile Opfer trage daher allein die Terrororganisation, sagte Shalicar.
Ärzte ohne Grenzen: Mitarbeiter sitzen bei Schifa-Klinik fest
Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen und deren Angehörige sind nach Angaben der Hilfsorganisation in der Nähe des Schifa-Krankenhauses eingeschlossen. Insgesamt gehe es um 137 Menschen, darunter 65 Kinder, denen es wegen der anhaltenden heftigen Kämpfe in der Stadt Gaza nicht möglich sei, das Gebiet sicher zu verlassen, erklärte die Organisation. Bisherige Versuche, die Mitarbeiter und deren Familien zu evakuieren, seien gescheitert.
Israels Militär: Waffen in Kindergarten in Gaza gefunden
Die israelischen Streitkräfte fanden eigenen Angaben zufolge in einem Kindergarten und einer Grundschule im Gazastreifen Waffen und Munition. Bei dem Einsatz im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens seien Panzerbüchsen, Mörsergranaten und andere Waffen sichergestellt worden, teilte das Militär auf der Nachrichtenplattform X, ehemals Twitter, mit.
«In Kindergärten sollten Spielsachen aufbewahrt werden, keine tödlichen Waffen», hieß es in der Mitteilung. In einem Video war ein Stapel Mörsergranaten zu sehen, auf einem Foto mehrere Panzerbüchsen, Sturmgewehre, Munition und Handgranaten.
Tanklaster mit Diesel erreichen Gazastreifen
Einen Tag nach der Zusage Israels, für humanitäre Zwecke täglich die Einfuhr einer begrenzten Menge Treibstoff in den Gazastreifen zu erlauben, sind nach Angaben von Helfern mit Diesel befüllte Tankwagen angekommen. Der Generalsekretär des Ägyptischen Roten Halbmondes (ECR), Raed Abdel Nasser, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass drei mit rund 129 000 Litern Diesel beladene Lastwagen eingetroffen seien. Das UN-Hilfswerk für Palästinenser (UNRWA) erklärte, für humanitäre Einsätze sei viel mehr nötig als die Menge, die angekommen sei.
Netanjahu: «Militärische Gesamtverantwortung» für Gaza behalten
Um ein Wiedererstarken von Terroristen zu verhindern, müsse nach dem Krieg im Gazastreifen auf absehbare Zeit die «militärische Gesamtverantwortung» für das palästinensische Küstengebiet bei Israel liegen, sagte Netanjahu im US-Radiosender NPR.
Er halte es dennoch nicht unbedingt für notwendig, Soldaten dort zu behalten. Es brauche im Gazastreifen zudem eine zivile Regierung. Diese müsse aber Terrorismus bekämpfen und dürfe sich nicht für die Zerstörung Israels aussprechen.
Israels Militär: «Terroristen» bei Einsatz im Westjordanland getötet
Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge «mehrere Terroristen» in einem Flüchtlingslager in der Stadt Nablus im besetzten Westjordanland getötet. Ein Fluggerät habe bei dem Einsatz in Balata deren Versteck angegriffen, teilte das Militär am Samstag mit. Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei dem Drohnenangriff der israelischen Armee in der Nacht zu Samstag fünf Männer getötet. Laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa wurden dabei auch zwei Menschen verletzt.
Die getöteten Palästinenser planten nach Darstellung der Armee Anschläge gegen israelische Zivilisten und militärische Ziele. Einer der Toten sei in der Vergangenheit bereits an Anschlägen beteiligt gewesen.
Wieder Beschuss an der Grenze zwischen Libanon und Israel
An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon ist es erneut zu gegenseitigem Beschuss gekommen. Israelische Artillerie griff «Terrorziele» im Libanon an, wie das Militär mitteilte. Zuvor seien 25 Raketenstarts aus dem Libanon Richtung Israel registriert worden, hieß es. Berichte über Verletzte im Norden Israels gab es zunächst nicht. Die proiranische Hisbollah-Miliz im Libanon teilte mit, sie habe auf israelische Truppen und weitere Stellungen des Militärs gezielt.